8.10., Wien: Bis zu 5.000 beim Iran-Solidaritätsprotest!

Seit über drei Wochen sind Frauen, Männer, LGBTQI+, Jugendliche und Arbeiter*innen im Iran auf der Straße um sich nach der Ermordung der 22-jährigen Jina (Mahsa) Amini durch die “Sittenpolizei” gegen das Regime zu stellen.
Severin Berger

Wie bereits letzte Woche am 27.09. (https://www.slp.at/artikel/solidarit%C3%A4t-mit-den-protesten-im-iran-widerstand-auch-hier-10988) hat auch diese Woche am Samstag den 8.10. in Wien eine Demonstration in Solidarität mit den andauernden Protesten im Iran stattgefunden. Diese Demonstration wurde wieder von ROSA und der ISA mitorganisiert und initiiert. 

Nicht nur wir haben dazu aufgerufen, sondern auch viele andere Organisationen und Einzelpersonen. Immer wieder kamen Menschen bei uns vorbei, um sich Flugblätter oder Plakate abzuholen, um auf eigene Faust in ihrem Umfeld und auf der Straße für die Demo zu mobilisieren. Auch große Influencer*innen teilten unsere Posts und der Aufruf wurde sogar am Freitag beim Auftritt eines iranischen Musikers mit mehreren Tausenden im Publikum auf der Bühne gezeigt!

Seit der letzten Woche sind die Proteste noch weiter eskaliert, es gab Angriffe auf die Sharif-Universität in Teheran von Seiten der Sicherheitskräfte, in den landesweiten Protesten wurden weitere Menschen von Polizei und Revolutionsgarde ermordet - darunter die 17-jährige Nika Shakarami. Gleichzeitig haben Lehrer*innen und Universitätspersonal Streiks ausgerufen, ein notwendiger Schritt auch in anderen Branchen, um den wirtschaftlichen Druck auf das Regime zu erhöhen. All dies führte auch hier in Österreich zu noch mehr “wütender Motivation", sich an der Bewegung zu beteiligen.

Der Auftakt fand um etwa 14 Uhr am Karlsplatz statt, wobei sich schon die Stunde davor viele Menschen dort sammelten. So war schon vor Beginn die Stimmung sehr motivierend und eindrucksvoll - nicht nur wegen des schönen Wetters. 

Skandalöserweise wurde der Ring als Route der Demo nicht genehmigt - stattdessen durften die “Corona-Maßnahmengegner*innen” diesen nutzen!

Stattdessen verlief die Demoroute dann, nach einigen Reden, ab etwa 15 Uhr vom Karlsplatz weg, vorbei an der iranischen Botschaft bis hin zum Schweizer Garten, wo ab etwa 16:30 die Abschlusskundgebung begann.

Mehr als nur Solidarität in Österreich

Wie der kämpferische Geist der Menschen im Iran reißt auch die Solidarität und Wut der Menschen in Österreich und weltweit nicht ab. Dies wird deutlich durch die weit über 4000 Teilnehmer*innen an der Demo welche sich wieder als klar linker, feministischer und internationalistischer Protest verstand mit Reden von iranischen, kurdischen, feministischen und LGBTQI+-Aktivist*innen.

Es kamen viele konkrete Forderungen auf, wie die Beschlagnahmung der Profite von österreichischen Unternehmen, die mit dem Regime Geschäfte machen und Verwendung dieser zur Unterstützung der revolutionären Bewegung.

Auch ein Ende der diplomatischen Privilegien und der Zusammenarbeit mit den Behörden des Regimes sowie Offenlegung der Bücher, um Spionageakte in die Bewegung hinein zu verhindern, wurde gefordert, um nur ein paar wenige zu nennen.

Einen vollständigen Überblick über Forderungen und ein Programm, das wir aufstellen, ist hier zu finden: https://www.slp.at/artikel/frau-leben-freiheit-ein-programm-zum-sieg-10997!

Maßnahmen wie diese, die es auch uns hier in Österreich möglich machen, nicht nur einfach Solidarität kundzutun, sondern wirklich aktive Unterstützung zu leisten, prägten viele Reden und Gespräche auf der Demo. Dieser Protest war damit nicht nur ein einfacher Ausdruck an Solidarität, sondern ein Zeichen an die Menschen im Iran, in Kurdistan, Afghanistan, aber auch die Regierungen in Österreich und Europa, dass die Wut auch hier groß genug ist, um für wirkliche Veränderung zu kämpfen.

Dieser politische Ansatz kam nicht nur gut bei den Demoteilnehmer*innen an sondern ist auch nach wie vor leider fast einzigartig in diesem Kampf in Österreich - seit mehr als 30 Jahren gab es keine Proteste wie diese mehr, die offen links und sicher für iranische wie auch kurdische Aktivist*innen waren. Insbesondere Anhänger*innen des Schahs, also der alten Monarchie Irans, sind stark nationalistisch und chauvinistisch geprägt und statt einer wahrne Befreiung der Menschen im Iran wollen sie eine Wiedereinsetzung des Schahs, nichts weiter als ein neuer anderer Diktator. Ihre Aktionen sind kein Anlaufpunkt für Frauen, die LGBTQI+ Community oder Kurd*innen und zeigen politisch keinen Weg nach vorne. 

Trotz der klaren politischen Linie gegen reaktionäre Kräfte wie die Alt-Monarchie kamen einige Schah-Anhänger*innen auf die Demo am 8.10. und versuchten diese zu stören beziehungsweise sie mit eigenen Sprüchen für sich zu beanspruchen. 

Viele der Aktivist*innen auf der Demo ließen dies jedoch nicht einfach zu und nachdem ihnen klar gemacht wurde, dass für ihre reaktionären Ideen hier kein Platz ist waren die Monarchist*innen dazu gezwungen, sich zurückzunehmen. Glücklicherweise hielt sich ihre Anzahl im Vergleich zur Demo relativ minimal.

Die Stimmung war wie bereits letzte Woche sehr kämpferisch - besonders bei der Zwischenkundgebung nahe der Iranischen Botschaft war die Wut und der Kampfgeist der Massen zu spüren: “Jin, Jiyan, Azadî” - “Frauen, Leben, Freiheit”! “Ni una menos” - “Keine einzige weniger”! Nach wie vor riskieren die Menschen im Iran ihr Leben, um für ihre Freiheit zu kämpfen, wir müssen ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind in diesem Kampf - Gemeinsam gegen jede Form der Unterdrückung, gegen jede reaktionäre Kraft und für eine volle körperliche Selbstbestimmung alle Menschen!

Ein voller Erfolg!

Auch für uns als ROSA und die ISA war es eine sehr wichtige und erfolgreiche Aktion. Über die letzten Wochen hinweg haben wir unermüdlich nicht nur an der Organisation dieser Demos unter Miteinbeziehung vieler neuer Kontakte, sondern auch an politischem Material für die Solidaritätsbewegung gearbeitet.

Wir haben eine eigene Broschüre über die politische Lage und die revolutionäre Geschichte Irans sowie einem politischen Programm für die Bewegungen im Iran und weltweit produziert und direkt fast 50, alle kurzfristig gedruckten, Exemplare verkaufen können. Das ist nicht nur aus finanziellen Gründen wichtig für uns, sondern zeigt auch, dass viele der Menschen auf diesen Demos offen für sozialistische Ideen sind und es wichtig finden, so eine Bewegung auch auf einem klaren politischen Programm aufzubauen.

Viele Menschen, die wir kennengelernt haben, sind auf uns zugekommen, weil sie mit uns aktiv werden und unsere Arbeit unterstützen wollen. Nicht nur ein bloßes Glänzen durch Anwesenheit auf Demos sondern aktives Einbringen in die Proteste in Österreich: Oftmals gingen die Gespräche auch über unsere Arbeit rund um den Iran hinweg zu Themen wie Kampf gegen Gewalt an Frauen in Österreich oder unseren Einsatz im Pflege- und Gesundheitsbereich. Das sollte nicht nur für uns, sondern auch für die Linke und das politische Establishments Österreichs Zeichen sein, dass besonders junge Menschen bereit sind, für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Danke an alle, die dabei waren, danke für die Unterstützung und die vielen positiven Rückmeldungen die wir von euch bekommen, danke, dass ihr uns immer wieder zeigt, wie wichtig unser gemeinsamer Einsatz ist!

Wir kämpfen weiter:

Auch in den nächsten Wochen werden wir wieder Treffen und Proteste organisieren also schaut vorbei:

Mittwoch, 12.10. Rosa Treffen in Wien, 18:00 Pappenheimgasse 2/1

Freitag, 14.10. Protestaktion in Solidarität mit der Bewegung im Iran, 16 Uhr Mariahilfer Straße Ecke Zieglergasse

Samstag, 15.10. Protest gegen radikale Abtreibungsgegner*innen

Samstag, 22.10. Konferenz der Iran-Solidaritätsbewegung in Wien

Freitag, 25.11. Demo am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen

Mehr Infos folgen in den kommenden Tagen auf Social-Media:

@rosa_oesterreich

@isa_oesterreich