1.800.000.000.000 Euro für Rüstung?!

Stefan Brandl

Fast täglich gibt es neue Nachrichten zum Ukraine-Konflikt, alle Seiten rüsten auf. 2020 sind trotz - oder eher wegen - Wirtschaftskrise und Corona die Militärausgaben weltweit auf 2.4% des Welt-BIPs gestiegen. Damit reagieren die “big player” der Weltwirtschaft - USA, Russland, China, Deutschland (+5.4%) - auf steigende Spannungen zwischen Staaten bzw. Machtblöcken. China versucht den Zugriff auf Europa und v.a. den Balkan mit der “Belt and Road Initiative” zu stärken und rüstet im Pazifik auf, Biden verstärkt die Truppen in Deutschland und Osteuropa, Russland erhöht den Druck rund um die Nord-Stream 2 Pipeline.

Wie immer liegen jeder potenziellen militärischen Auseinandersetzung wirtschaftliche “Notwendigkeiten” zu Grunde. Der Kapitalismus ist darauf angewiesen, permanent zu expandieren; in Zeiten des Aufschwungs geht das leichter, in Zeiten der Dauerkrise ist das immer aggressiver auf Kosten anderer Staaten und Einflussbereiche möglich. Im Zuge der - länger anhaltenden - Lieferkettenproblematik der letzten Monate ist es fürs Kapital entscheidend, sichere und stabile Kontrolle über die “eigenen” Märkte zu haben. Der Balkan und Osteuropa rücken wieder stärker in den Fokus der imperialistischen Großmächte. In puncto internationalen Wettbewerbs auch relevant: Schlechtere Lohnniveaus und Arbeitsbedingungen bei hoher Qualifikation in Osteuropa stellen einen Wettbewerbsvorteil dar, nearshoring (= Verlagern der Produktion näher ans “eigene” Land) und stärkere (militärische) Kontrolle stehen am Programm. So “investiert” das “kleine” Österreich munter am Balkan - kauft auf, macht sich im Banken- und Versicherungswesen breit und sichert sich Infrastruktur und Transportwege.

Neben der oben angesprochenen Tendenz zur Blockbildung sehen wir damit im Widerspruch stehende Einzelinteressen: Einzelne EU-Staaten scheren mit zentrifugalen Interessen aus der EU aus, die Achse Russland-China gegen USA-EU bezüglich Ukraine wird unmöglich stabil sein. Noch will keiner der Machtblöcke eine offene militärische Auseinandersetzung - zu groß ist die Angst vor einer Kettenreaktion von weiteren Unruhen und einer tieferen Krise des kapitalistischen Wirtschaftssystems - ausschließen können sie Krieg aber alle nicht.

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