Zur Lage der arbeitenden Zivildiener in Österreich

Von Hilfsschackln und Lohndrückern
Jan Rybak

Bis zur ZDG-Novelle 2001 bekamen Zivis rund EUR 11,30 / Tag,  doch unter Ex-Innenminister Strasser wurde die fixe Vorschreibung der Höhe des Verpflegungsgeldes pro Tag auf “angemessene Verpflegung” geändert. Seither gibt es  Streitereien, ab welchem Betrag Zivis “angemessen” verpflegt sind.

6 Euro pro Tag!

Durchschnittlich bekommen Zivildiener pro Tag EUR 6,– Essensgeld. Mit dieser Bezahlung begehen die Trägerorganisationen offenen Rechtsbruch! Laut den Erkenntnissen des VfGh ist das Verpflegungsentgelt für Zivis an das Heeresgebührengesetz gebunden - uns sollte also pro Tag ebensoviel zustehen wie Grundwehrdienern. Ihnen stehen pro Tag, an dem sie nicht in der Kaserne verpflegt werden, zur Zeit EUR 13,60  zu.

Trägerorganisationen mitverantwortlich

Die Trägerorganisationen leben zum Teil von der Ausbeutung von Zivildienern. Überstunden müssen erst abgegolten werden, wenn die Arbeitswoche 60 (!) Stunden übersteigt. Zu Diensten, die für normal Angestellte als Überstunden bezahlt werden müssten werden nun Zivildiener herangezogen – gratis. Nacht- und Bereitschaftsdienste müssen von Zivis ebenso abgeleistet werden wie von normal Angestellten. Es gibt Fälle von Zivildiener die elf Tage durcharbeiten.  An Tagen, an denen der Zivi krank ist, bekommt er keine Naturalverpflegung und nur den normalen Tagessatz an Verpflegungsgeld. In der Salzburger Lebenshilfe beläuft sich dieser zur Zeit auf EUR 3,66 pro Tag! Dazu gibt es eine Naturalverpflegung (natürlich nur an Arbeitstagen) von normalerweise einer Mahlzeit pro Tag. Über den Zeitraum von zwölf Monaten berechnet werden uns also rund EUR 2.000  vorenthalten.
Nach dem neuesten Spruch des VfGh kam es zum Streit zwischen Trägerorganisationen und Innenministerium, wer denn das Mehr an Essensgeld nun bezahlen soll.

Sklavenarbeit führt zu Lohndrückerei

Zugespitzt formuliert: Zivildienst ist zeitlich begrenzte moderne Sklaverei. Man hat kaum Rechte, man kann sich eine Stelle "wünschen", kommt aber dorthin wo es der Verwaltung passt, die Bezahlung ist skandalös (ich persönlich lebe z.Z. von 300 € im Monat). Nicht ausgeführte Arbeitsaufträge könnten als Verstöße nach dem Militärstrafgesetz geahndet werden. Heute ist das nur theoretisch, aber wie würde das bei einem Zivi-Streik ausschauen?
Zivi-Vetrauensmänner haben kaum Rechte. Wo sind da die  Gewerkschaften? Zivildiener werden als Lohndrücker eingesetzt, da ihnen praktisch nichts bezahlt werden muss (und die Trägerorganisation sogar Steuergelder für die Beschäftigung der Zivis erhält). Daher ist es notwendig, dass sich "normale" Angestellte und Zivildiener zusammentun.

Jan Rybak ist zur Zeit Sprecher der Zivildiener und bei der Lebenshilfe in Salzburg eingesetzt

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