Zur aktuellen Diskussion über Zwangsarbeiter

Sklavenarbeit unterm Hakenkreuz
Albert Kropf

Jahrzehntelang wurde dieses Kapitel der österreichischen und deutschen Geschichte totgeschwiegen. Weder für Politik noch Wirtschaft bestand ein Handlungsbedarf. Schließlich sei ja Österreich nur das erste Opfer Hitlers und damit auch keinenfalls “Täter” gewesen. Das ist die Gründungslüge der 2. Republik, die einem schlampigen Verhältnis und einer de facto Nichtaufarbeitung dieses Teils der Geschichte Tür und Tor öffnete.
Erst seit 1998 österreichische Firmen konkret von hohen “Schadensersatzklagen” bzw. sogannten Sammelklagen bedroht sind, rückte die Zwangsarbeiterthematik ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Über Nacht erkannten Politik und Wirtschaft das Unrecht, welches Menschen angetan wurde und drängten auf eine schnelle Lösung.
Mittlerweile steht die Höhe der “Entschädigung” fest – 6 Milliarden Schilling; zwischengelagert im “Versöhnungsfonds”. Schon alleine dieser Begriff ist irreführend und erinnert an die mittelalterlichen Ablasszahlungen. Diese Menschen wurden zum Nutzen und für möglichst große Gewinne der Wirtschaft verschleppt, mißhandelt und ausgebeutet. Und bis heute hat sich die Wirtschaft der Verantwortung für diese Verbrechen entzogen.
So ist es auch kein Wunder, dass gerade einmal die Hälfte(!) der 6 Milliarden aus der Wirtschaft kommen – den Rest zahlt der Bund. Ende August hat die ÖIAG bekannt gegeben, dass sie 1 Milliarde übernimmt und damit alle sie betreffenden Ansprüche als gedeckt sieht (auch die Frage nach Arisierung!) – womit wir wieder bei den Ablasszahlungen wären. Wieweit sich die “Privatindustrie” beteiligt ist noch offen, genauso wer die bis dato noch offenen 1,4 Milliarden Schilling übernimmt.

Neues Buch erschienen

Das zum Thema “Zwangsarbeiter” bei Deuticke neu erschiene Buch begnügt sich erfreulicherweise nicht mit dem Hantieren von Opferzahlen und dergleichen. Es setzt genau da an, wo jahrzehntelang aufgehört wurde – nämlich mit den Ursachen und Gründen für die Zwangsarbeit. Der Beginn wird dabei mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Deutschlands gemacht. Neben spezifischen Bereichen, gibt das Buch aber auch einen guten Überblick über Themen wie die wirtschaftlichen Gründe für den “Anschluss” Österreichs an Deutschland. Alles in allem ein durchaus empfehlenswertes Buch, dass auch ohne grosse Vorkenntnisse sowohl einen guten Überblick als auch Detailwissen zur Thematik der Zwangsarbeiter bietet.

Sklavenarbeit unterm Hakenkreuz – Die verdrängte Geschichte der österreichischen Industrie

Reinhard Engel, Joana Radzyner

Deuticke Verlag,I SBN 3-216-30456-6

Erscheint in Zeitungsausgabe: