Widerstand gegen den „großen Bruder” !

Überwachung und Spitzelwesen – schlimmer als im Kino
Franz Breier junior

Gerade in Österreich sind in den letzten Jahren weitreichende Einschnitte in persönliche Freiheiten, die Privatsphäre und gegen den Schutz von Daten durchgeführt worden. Die seit 1999 verliehenen „Big Brother Awards” (BBA) bringen diese Maßnahmen, die ansonst oftmals im Verborgenen laufen, an eine breite Öffentlichkeit.

Big Brother Awards 2005

  • „Mobbing und Bespitzelung von Mitabeitern” beim Drogeriemarkt Schlecker. Die Begründung zur Nominierung: „Detektive beobachten Mitarbeiter, auf die Toilette gehen wird zum Kündigungsgrund, kranke Mitarbeiter werden brieflich unter Druck gesetzt, dazu kommen unangekündigte Handtaschen-Perlustrationen usw.” Mit diesen Vorfällen hat sich bereits die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) auseinandergesetzt und auf ihrer Homepage von Betriebsbesuchen berichtet. Schlecker hat insgesamt rund 4.100 Beschäftigte. Der Konzernchef ist durch seine offene Feindschaft gegenüber ArbeiterInnen-Rechten bekannt.
  • Die Kategorie „Business und Finanzen” holte sich die „Assa Objektservice GmbH”. „FM4-connected” berichtet dazu am 26.10: „Sie nehmen Fingerabdrücke von ihren Angestellten, die in hochsensiblen Bereichen putzen. Die Firmenleitung begründete das in einer Presseaussendung im September des Vorjahres damit, dass ihr Personal aus “potentiell zu überwachenden Glaubens- und Religionskreisen” besteht. Die Jury des Big Brother Awards kritisiert, dass dabei nicht nur Fingerabdrücke von allen Mitarbeitern genommen werden, sondern auch DNA-Proben geplant sind.
  • Den Titel im Bereich der Politik bekam Ministerin Rauch-Kallat (ÖVP): Die Jury meint, dass mit dem “Gesundheitstelematikgesetz die Grundlagen für einen umfassenden Austausch sensibler Personendaten” geschaffen und „damit das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient” untergraben werden. Rauch-Kallat gebe „den Kick-off zur schleichenden Verwandlung von Staatsbürgern in gläserne Patienten”.
  • Die Jury zum zentralen Melderegister: „Dem Österreichischen Melderegister, der bösen Mutter aller personenbezogenen Datenbanken wird der Big Brother Award in der Kategorie “Lebenswerk” für die lebenslängliche Begleitung aller Staatsbürger verliehen. Sollte es in diesem Land je wieder zu Putschen, Machtergreifungen etc. kommen – wer kann das ausschließen – wird die Opposition in Rekordzeit erfasst, lokalisiert, verhaftet und interniert werden.”

Der Fehler liegt im System

In einer zunehmend von Gegensätzen, Armut und Gewalt zerrissenen Gesellschaft wollen sich herrschende Politik, Behörden, Firmenchefs und bewaffnete Organisationen wie die Polizei für Auseinandersetzungen rüsten. Dazu zählt der Kampf um Informationen, Daten, das Wissen um Abläufe, Gewohnheiten und Schwächen von Gegnern oder potentiellen „UnruhestifterInnen”. Als Vorwand dienen oft Schlagworte wie „Verbrechensbekämpfung” oder „internationaler Terrorismus”. Die Erfolge im Sinne der Allgemeinheit sind meist mehr als fraglich. Entscheidend ist: Die Einschränkung persönlicher Freiheiten dient der Aufrechterhaltung eines auf Ungerechtigkeiten aufgebauten Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. In ihr ist der Mensch und seine Arbeitskraft eine Ware. Letztlich kann nur eine Gesellschaft, die allen Menschen ein würdiges Leben ermöglicht und nicht auf Profitinteressen aufgebaut ist, Verbrechen wirksam bekämpfen und Sicherheit für alle bieten; und das ohne Spitzeldienste und Überwachungskameras.

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