Was tragen MarxistInnen zum Wiederaufbau der ArbeiterInnenorganisationen bei?

Die Forderung nach dem Aufbau von neuen breiten ArbeiterInnenparteien propagiert das CWI nun seit fast rund Jahren. Während auf dem 8.Weltkongress 2002 allerdings noch viel stärker über die Perspektiven für die Entwicklung von neuen ArbeiterInnenparteien diskutiert wurde, war die Diskussion diesmal viel konkreter. Trotzdem handelt es sich bei den meisten Projekten um erste Schritte - allerdings sind diese oft entscheidend.

Gemeinsamkeiten & unterschiedliche Ausformungen des Prozesses

Eine internationale Entwicklungstendenz besteht darin, dass neue Partei-Projekte sich meist in Folge von Massenbewegungen und Klassenkämpfen (oft gegen Angriffe von Seiten sozialdemokratischer Regierungen) entwickeln. Noch beschränken sich die “Projekte” häufig auf die Wahlebene. Aufgrund der engeren Spielräume des Kapitalismus beweg(t)en sich neue Formationen auch in mehreren Fällen sehr schnell nach “rechts” - zumindest wenn sie die Logik des Kapitalismus akzeptieren. Hier liegt der Hauptgrund für ihre Instabilität und die oft harten, aber notwendigen Richtungskämpfe. Wie das Beispiel Lafontaines zeigt kann Individuen eine wichtige Rolle zukommen.

Immer deutlicher wird auch, welch ambivalente Rolle “traditionelle” linke Organisationen wie das Vereinigte Sekretariat der Vierten Internationale (USFI, in Österreich SOAL) oder die IST (in Österreich Linkswende) spielen können. So treten sie in solchen neuen Formationen offensiv gegen ein sozialistisches Programm ein. Und, wie im Fall der Linkswende in der WASG kooperieren sie teilweise offen mit jenen, die sozialistische Kräfte ausschließen wollen. In anderen Fällen schließen sie sich Regierungen an, die Sozialabbau betreiben, wie das dass USFI in der brasilianischen PT tut.

Deutschland: “Linke Einheit” darf nicht rechte Politik rechtfertigen!

Aus den Erfahrungen in unterschiedlichen Ländern lassen sich wichtige Lehren ziehen:

Im Falle der WASG, wohin das Dogma “linke Einheit” führen kann, wenn diese zu einer Beteiligung an Angriffen auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse führt. Die Vereinigung der WASG mit der Linkspartei-PDS war in dieser Form kein Fortschritt, weil dafür eben PDS-Sozialabbaupolitik geschluckt wurde. Die SAV (CWI in Deutschland) hat nicht nur die WASG - und damit die neue Linke - aktiv mit aufgebaut, sondern auch mit Lucy Redler an der Spitze der Berliner WASG gegen den Sozialabbau des Berliner Senats (SPD/PDS) kandidiert.

Mit der Vereinigung mit der PDS, so Lucy, ist nun zwar das erste Kapitel des Buches “Neue ArbeiterInnenpartei”, das durch die Gründung der WASG aufgeschlagen wurde, beendet. Aufgrund der Rolle Lafontaines, der zwar die Vereinigung mit der PDS vorangetrieben hat, aber immer wieder zu linker Rhetorik durch Druck von unten gezwungen wird, ist es aber möglich das die neue Partei im Westen in der Zukunft wieder Anziehungspol für ArbeiterInnen werden kann. Im Osten und in Berlin sieht die Sache aufgrund der Beteiligung der PDS an Kommunalregierungen allerdings anders aus. Die konkrete Arbeit vor Ort kann sich demnach - angesichts dessen, dass es sich um einen lebendigen Prozess handelt - selbst in einem Land für MarxistInnen unterschiedlich gestalten.

Andere Beispiele in Europa

Einige Projekte wie die Sozialistische Partei (SP) in den Niederlanden, die PRC in Italien, oder die SSP in Schottland bestehen schon seit längerer Zeit. Der ehemals maoistische SP erzielte in den jüngsten Wahlen 20%. Die Vorgeschichte: in den Niederlanden gab es in der Vergangenheit eine wirtschaftliche Krise, ein heftiges Sozialabbauprogramm der Regierung und Massenstreiks als Reaktion darauf. Allerdings wächst jetzt der Druck auf die SP sich an einer Regierung zu beteiligen - “als kleineres Übel”.

Die PRC in Italien ist derzeit trotz ihrer Unterstützung der Prodi-Regierung noch ein Anziehungspunkt für ArbeiterInnen und Jugendliche. Das kann sich aber ändern, wenn sie nicht Kämpfe und Massenproteste gegen den Sparkurs Prodis organisiert. In Schottland gelang es der vor wenigen Jahren gegründeten Schottischen Sozialistischen Partei (SSP), sechs Parlamentssitze zu erobern. Die SSP geriet jedoch schnell in eine tiefe Krise. Maßgeblich dafür war ein politischer Rechtsschwenk der Parteispitze, die Illusionen in ein unabhängiges Schottland auf kapitalistischer Basis verbreitet. Damit einher gehend spitzten sich persönliche Konflikte zu. In diesem Sommer kam es zur Spaltung. Unter Führung der Abgeordneten Tommy Sheridan und Rosemary Byrne, aber auch unter der Beteiligung von CWI-Mitgliedern, wurde die Schottische Sozialistische Bewegung (SSM) aus der Taufe gehoben. Zur Gründungsveranstaltung kamen 600 TeilnehmerInnen.

Brasilien und weitere Kampagnen

Auch in der PSOL in Brasilien spielen CWI Mitglieder eine wichtige Rolle. Socialismo Revolucionario (CWI in Brasilien) trat vor allem gegen eine ausschließliche Ausrichtung auf die Wahlebene ein, auf die die PSOL-Führung und die bekannteste VertreterIn, Helena Heloisia, den Schwerpunkt gelegt hatte. Bei den Präsidentschaftswahlen kam die PSOL auf über fünf Prozent. Dennoch wird es in Zukunft wichtig sein, mehr Gewicht auf die Unterstützung und Organisierung von Bewegungen und Kämpfen der ArbeiterInnenklasse zu legen.

Kampagnen für neue ArbeiterInnenparteien sind momentan in Belgien und Britannien im Entstehen. In Belgien ist dieses Projekt schon konkreter wo drei Ex-Parlamentariern/Gewerkschaftern eine solche Kampagne unterstützen. Es gab bereits eine sehr erfolgreichen Konferenz, sowie eine intensive Teilnahme und Unterstützung der Streiks bei VW. Die Bedingungen in Belgien für ein erfolgreiches Projekt sind gut. In den vergangenen Jahren gab es hier zwei Generalstreiks, welche die Frage nach einer politischen Alternative aufwarfen.

In Britannien gibt es die “Campaign for a new Workers Party”. Es wurde von der Socialist Party (CWI in England und Wales) initiiert und baut hauptsächlich auf GewerkschafterInnen auf, die für dieses Projekt eintreten. Die Herangehensweise des CWI ist dabei jene, dass wir zwar für ein sozialistisches Programm eintreten, das aber nicht als Bedingung stellen, da die AktivistInnen und ArbeiterInnen selbst entscheiden müssen, welches Programm nötig ist. CWI-Mitglieder betonen aber in Diskussionen, dass ein sozialistisches Programm nötig ist, um erfolgreich Sozialabbau verhindern und Verbesserungen erkämpfen zu können.

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