USA und UNO unterstützen rechten Putsch

Haiti: Vertreter der ehemaligen Diktatur drängen zur Macht
Laura Rafetseder

Über Wochen hinweg war Haiti, eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre, von gewaltsamer Rebellion, Angst und Terror zerrissen. Nur kurz nach Aristides – offensichtlich vom CIA befohlener – Flucht, entschied der UN-Sicherheitsrat, „Friedenstruppen“ nach Haiti zu schicken. Mit Gerard Latortue wurde nun ein Kompromisskandidat der USA und Frankreichs – beide sind zurzeit mit solchen Truppen im Land präsent – zum Regierungschef ernannt. Die Bush-Administration erklärte inzwischen, alle Flüchtenden umgehend und mit aller Gewalt abweisen zu wollen. Aristide war 10 Jahre bestimmend für die Politik Haitis gewesen und hatte ursprünglich die Unterstützung der ärmsten Schichten der Bevölkerung.

Vom Armenpriester zum Clinton-Verbündeten

Als katholischer Priester in den Slums von Port au Prince gewann Aristide in den 80er Jahren eine große Anhängerschaft, indem er die korrupte und brutale Diktatur Jean Claude Duvaliers und dessen Folgeregime herausforderte. Damals beendeten die Massen die Herrschaft des Despoten „Baby Doc“ - Aristides Partei wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. An der Macht gelang es dem „Priester der Armen“, aber nicht, die hohen Erwartungen der breiten Bevölkerungsmehrheit zu erfüllen. Er führte lediglich kleinere Reformen durch und machte deutlich, dass er im Rahmen des kapitalistischen Systems bleiben werde.

Putsch, Gegenputsch und soziale Katastrophe

Nur 8 Monate nach seinem Amtsantritt 1991, wurde Aristide von einem militärischen Coup aus dem Amt geputscht. Schon damals zeigte er sich zahnlos und forderte seine Anhänger in den Slums auf, friedlich zu bleiben, während die Militärs die Macht ergriffen und mehr als 3000 Menschen im Laufe ihrer drei Jahre dauernden Herrschaft töteten.1994 wurde Aristide von der Clinton-Regierung durch einen militärischen Eingriff wieder im Amt eingesetzt. Clinton war besorgt über die große Zahl an Flüchtlingen, die dem blutigen Regime der Militärs zu entkommen suchten. Er wollte ein Regime, das von Washington besser zu kontrollieren sein würde. Aristide enttäuschte die US-Administration nicht und setzte die Sparprogramme des IWFs weiter um. Massenarbeitslosigkeit und eine Vertiefung der Armut waren die Folge. Diese Politik war zutiefst unpopulär und verursachte große Wut unter der verarmten Bevölkerung. Durch geschickten Populismus gelang Aristide 2000 trotzdem die Wiederwahl - allerdings mit wesentlich geringerer Wahlbeteiligung und auch wegen der Angst vor der Wiederkehr der Militärs. Aber auch die neue Amtsperiode Aristides brachte eine Verschlechterung der Lebensbedingungen. Die Wirtschaft befindet sich heute in einer desaströsen Situation, die Preise für die Hauptexportgüter Kaffee, Rum und andere Agrarprodukte sind im Keller. Die Lebenserwartung ist aufgrund der tiefen Armut und der hohen Verbreitung von Aids bereits auf 49 Jahre gesunken.

Keine Alternative

In der Vergangenheit haben politische Figuren wie Aristide, die im Grunde Teile der Mittelklassen in der neokolonialen Welt repräsentierten, oft radikale Maßnahmen umgesetzt – etwa mit weit reichenden Verstaatlichungen. Aristide aber kam gerade zu dem Zeitpunkt an die Macht, als die stalinistischen Staaten zusammenbrachen und der Kapitalismus in die Offensive ging. Ihm fehlte ein sozialistisches Programm, das die Schlüsselindustrie in öffentliches Eigentum überführt und unter demokratische Kontrolle durch die ArbeiterInnenschaft gestellt hätte.

 Bushs Regierung nimmt Aristide ins Visier

Das Wachsen der politischen und sozialen Krise in Haiti bewirkte schließlich einen Kurswechsel der Bush Regierung. Teile der Republikaner erklärten Aristide zu einem „linken“ Führer und zweiten Fidel Castro. Die Bush-Regierung entschied sich relativ rasch nach Scheitern der Vermittlungsversuche zwischen Aristide und der Opposition für eine Neuausrichtung ihrer Politik in Haiti. Die US-Regierung unterstützt jetzt gemeinsam mit den UN-„Friedenstruppen“ offen die Führer ehemaliger Todesschwadronen, Offiziere und die politischen Repräsentanten der alten, reichen Elite. Die einzige Kraft, die tatsächlich vernünftige Verbesserungen für die soziale Situation Haitis bringen kann, ist die ArbeiterInnenklasse Haitis, gemeinsam mit den Armen in Stadt und Land und der ArbeiterInnenklasse der gesamten Region. Um das zu erreichen, brauchen die arbeitenden Massen eine unabhängige Organisation in Form einer Partei mit klarem sozialistischen Programm.

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