Terror in Brüssel: Gegen den Terrorismus und den Hass - Solidarität!

Stellungnahme der LSP/PSL

Wir dokumentieren die Stellungnahme der LSP/PSL, der belgischen Sektion des Committee for a Workers' International und Schwesterorganisation der SLP, zu den Attentaten in Brüssel.

Dutzende Tote und Verletzte. Ein Land unter Schock. Das ist das Ergebnis der schrecklichen Attentate, die heute in Zaventem [Flughafen, Anm.] und in Brüssel begangen wurden. Wieder einmal sind es ganz normale Menschen die von vollkommen willkürlicher Gewalt getroffen wurden. Brüssel wurde zum Stillstand gebracht, Tausende von Menschen gefangen in der Hauptstadt, in Angst um ihre Kinder, Eltern, Freunde… Die schrecklichen Attacken sind ein Akt der Barbarei. Die Täter kommen wahrscheinlich aus dem Dunstkreis des Islamischen Staates, eine Organisation, die ein Regime repräsentiert, das besonders auf Hass und Terror basiert, sowohl gegen die Bevölkerung in den Gebieten, die der IS im Irak und Syrien kontrolliert, als auch gegen den Rest der Welt.

Alle sprechen über die Attentate. Alle machen sich sorgen und fühlen sich betroffen. Jeder und jede kennt jemanden, der die U-Bahn benützt um zur Arbeit zu fahren. Jeder und jede könnte sich in den Abflugshallen von Zaventem befinden. Die Nähe des Terrorismus und der Fakt, dass seine Opfer ganz gewöhnliche Menschen sind, machen die Aufregung noch größer. Das alles verursacht Wut, aber auch Solidarität. Die Reaktionen erinnern uns an die Attentate bei Charlie Hebdo oder jene im November des letzten Jahres in Paris. TaxifahrerInnen, die gratis fahren. Menschen, die ihre Wohnungen denen öffnen, die nicht nach Hause fahren können, weil die öffentlichen Verkehrsmittel still gelegt sind. Die Solidarität der Bevölkerung zeichnet ein Bild der Katastrophe. Es existiert eine Atmosphäre der Solidarität und Einheit. Doch diese Solidarität muss Grenzen haben, sie endet bei den WaffenhändlerInnen, den KriegstreiberInnen und bei den Verantwortlichen für die Kürzungsspolitik, die dem Sozialstaat den Kampf angesagt haben. Genauso ist es wichtig, die Solidarität und Einheit gegen diejenigen zu verteidigen, die die Tragödie für ihren spaltenden Rassismus verwenden wollen. Der Aufruf zur Sicherheit ist berechtigt und verdient eine konsequente Antwort. Wir haben die Terroranschläge gegen Charlie Hebdo gesehen, die Zerschlagung einer Terrorzelle in Verviers, die Angriffe des 13. November in Paris und jetzt das. Die Verhaftung von Salah Abdeslam, des meistgesuchten Terroristen Europas, hat der Bedrohung kein Ende gesetzt. Die Effektivität einer Politik lässt sich an ihren Resultaten messen. Die Sicherheitspolitik dieser Regierung - Brüssel lahmzulegen und Soldaten, die durch die Straßen patroullieren – hat keine neuen Attacken verhindern können.

 

Wir müssen überall darüber reden können

Der Schock über die Attentate von Brüssel wird überall zu spüren sein. Wir meinen, dass es wichtig ist, dass jede und jeder darüber reden kann. Es wäre lächerlich zu erwarten, dass alle wieder an die Arbeit gehen, als wäre nichts passiert. Organisieren wir Diskussionen am Arbeitsplatz, regulierte Arbeitsniederlegungen, damit alle kollektiv den neuen Informationen folgen und herausfinden können, ob alle FreundInnen und Familienangehörige gesund und sicher sind. Das macht es auch möglich, über die Folgen, einen neuen „Lockdown“ und anderen Einschnitten im Alltagsleben zu reden. Kollektive Diskussionen ermöglichen es, gemeinsam, unter KollegInnen, den Schock zu verarbeiten und  Fragen, Ängste und Wut zu äußern. In den nächsten Tagen wird es viele Momente solcher Diskussonen geben – in der Arbeit, der Schule und in der Nachbarschaft. Am Arbeitsplatz selbst gibt es spezielle Strukturen, um über Sicherheit, sowohl bei der Arbeit, als auch beim Hin- und Rückweg zu reden. Deshalb gibt es das „Komitee für Prävention und Schutz bei der Arbeit“ (CPPT). GewerkschaftsfunktionärInnen können eine zentrale Rolle dabei spielen, Diskussionen am Arbeitsplatz zu organisieren, auch um eine klare Antwort der ArbeiterInnenbewegung geben zu können.

 

Überlassen wir die Sicherheit nicht der Regierung und den UnternehmerInnen

Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin weiß ganz genau, dass Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet werden kann, wenn es Investitionen in das Arbeitsumfeld und in die grundlegenden Arbeitsbedingungen gibt, um Stress und andere gesundheitliche Probleme zu verhindern. In unseren Vierteln ist es nicht anders. Sicherheit auf einem sozialen Friedhof ist eine Illusion. Vor kurzem hat sich die Soziologin Sarah Bracke in der flämischen Tageszeitung De Standaard (am 19/09) mit Ausgrenzung und systematischer Entmenschlichung von Bevölkerungsteilen in den Armenviertel des Landes, Viertel in denen besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, auseinandergesetzt: „Die Entmenschlichung trägt die Gewalt mit sich. In erster Linie symbolische Gewalt, die jedoch schnell zur physischen werden kann.“

 

Können wir dieser Regierung unsere Sicherheit anvertrauen? Diese Regierung zerstört unsere soziale Sicherheit durch Einsparungen im Sozialstaat, bei der Beschäftigung und bei Einkommen. Die Regierung und ihre Kürzungspolitik sind für die zunehmende soziale Verwüstung verantwortlich. Dies wird nicht zu mehr Sicherheit führen, es wird die Widersprüche und sozialen Spannungen in der Gesellschaft weiter zuspitzen. Das ist der Nährboden für die Reaktion aller Ausprägungen – Rechtspopulismus, Salafismus, Rassismus… Sie wollen, genauso wie die Regierung, unsere kollektive politische und gewerkschaftliche Opposition erwürgen.

Wenn der erste Schock vorüber ist, wird es zu mehr Diskussionen über Sicherheit, aber auch über den Kampf gegen den Terrorismus und den Hass kommen. Diskriminierung, die imperialistische und kriegstreiberische Außenpolitik, die ewig lange Unterstützung von Diktaturen, vor allem im Nahen Osten, und, näher bei uns, die antisoziale Kürzungspolitik drängt eine kleine Minderheit von Jugendlichen in die Arme von reaktionären Gruppen, die sich terroristischen Methoden bedienen. Wenn jeder und jede echte Perspektiven für die Zukunft, eine Chance auf eine anständige Arbeit, eine leistbare Wohnung und eine wirkliche Möglichkeit hat sich ein Leben aufzubauen, so ist das die beste Art, diesen reaktionären Gruppen und dem Terrorismus den Platz zu nehmen.

Die belgische Außenpolitik erhöht das Risiko von terroristischen Angriffen. Vor dem Sommer könnte Belgien militärisch in Syrien intervenieren, so wie schon im Irak oder in Afghanistan. Auch diese Bombardements werden Opfer bringen. Das wird die Sicherheit hier nicht erhöhen, im Gegenteil. Es sind ihre Kriege, die Kriege derer, die nach Profit dursten, jene der lokalen und internationalen Kriegstreiber. Aber die Opfer stehen auf unserer Seite, der Seite der ArbeiterInnen, der Armen und der Jugend – egal ob hier oder im Nahen Osten. Wir rufen alle ArbeiterInnen und ihre Gewerkschaftsdelegationen dazu auf, am 24. April, an der Seite der Jugend, gegen den Kauf von Jagdflugzeugen für die belgische Armee und gegen deren Beteiligung am Krieg in Syrien zu demonstrieren.

Das kapitalistische System ist in einer tiefen Krise. Es untergräbt jegliche Zukunftsperspektive einer immer größer werdenden Gruppe der Gesellschaft und führt zur Herausbildung von barbarischen Elementen wie dem Terrorismus und anderen Formen willkürlicher Gewalt. Unser Kampf für eine andere Gesellschaft ist auch ein Kampf für eine sichere Zukunft für alle. Für eine Welt, in der die vorhandenen Ressourcen (denken wir nur an das gigantische Vermögen in den Händen einer winzigen Minderheit) dafür bestimmt sind, die Bedürfnisse und Wünsche der sozialen Mehrheit zu befriedigen. Das verstehen wir unter Sozialismus. Nur so können wir Armut, Misere, Krieg, Hass und Terrorismus auf den Misthaufen der Geschichte werfen.

 

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