Stadt Wien kürzt bei Studierenden!

Das Haus Döbling ist ein Studierendenheim im Besitz der stadteigenen Wien Holding. Wenn es nach den Plänen der Wiener Stadtregierung geht, sollen drei der sieben Türme im Sommer 2012 abgerissen werden. Stattdessen sollen am Grundstück „leistbare Genossenschaftswohnungen für den Mittelstand“ entstehen. Der Hintergrund: Mit Studierendenheimen darf die Wien Holding keinen Gewinn machen, mit Genossenschaftswohnungen schon. Eine Gruppe von BewohnerInnen wehrt sich dagegen. Nora Brandes hat mit der Heimausschusssprecherin Lisa gesprochen.

Warum ist das Haus Döbling deiner Meinung nach schützenswert?

Das Haus Döbling ist aus mehreren Gründen einzigartig: Ein Zimmer kostet pro Monat ca. 190€ Miete. Im Vergleich mit anderen Heimen, wo man um die 300€ zahlt, ist das günstig. Es gibt eine Gehaltsobergrenze für die Eltern der Studierenden. Viele finanziell schlechter gestellte Studierende sind auf diese Heimplätze angewiesen. Das Heimstatut, das den Bewohnern „in allen das Heimleben betreffenden Fragen“ paritätische Mitbestimmung garantiert, ist ebenfalls besonders. Eine Mindestaufnahmezahl an ausländischen Heimbewohnern macht das Heim zu einem Ort des interkulturellen Austausches und zu einem Vorzeige-Integrationsprojekt. In den Gemeinschaftseinrichtungen und bei Festen lernen sich die Leute kennen und es findet ein interkultureller Austausch statt. Vom Wlan Internet bis zur Mülltrennung organisieren sich die Studierenden alles selber. Im „Clubraum“ werden Feste gefeiert und Getränke werden von Studierenden ohne Profit verkauft.

Wie viele Heimplätze sind vom Abriss betroffen?

Von den 378 Heimplätzen, die verloren gehen, werden am Standort im 19. Bezirk nur 126 neu gebaut. Die neu errichteten Heimplätze werden außerdem um ca. 100€ mehr kosten. Als Ersatz sollen in Simmering beim Gasometer sowie in Donaustadt beim Gewerbepark Stadlau Studierendenheime errichtet werden. Abgesehen davon, dass diese Lage viel schlechter ist und einen wesentlich längeren Anfahrtsweg zu den diversen Universitäten bedeutet, sollen diese Heime erst 2014 fertiggestellt werden. Da stehen wir aber schon längst auf der Straße...

Was sind eure Forderungen?

Wir fordern den Erhalt aller 850 Heimplätze am Standort in Döbling sowie die Sanierung der drei baufälligen Türme, deren Bausubstanz mutwillig heruntergewirtschaftet wurde. Eigentlich muss nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Teil der Einnahmen aus den Mieten zur Renovierung des Heimes verwendet werden... Außerdem wollen wir faire Heimpreise und das Heimstatut erhalten. Wir wollen einen fairen Umgang mit den Bewohnern und wehren uns dagegen, dass über unsere Köpfe hinweg entschieden wird.

Was habt ihr bisher gemacht?

Im April 2010 hat FM4 mit ein paar Bewohnern ein Interview gemacht. Daraufhin haben wir beschlossen, dass wir etwas gegen den Abriss unternehmen wollen. Viele Dinge sind seither passiert. Wir haben ein „Protest-Zelten“ im Hof des Heimes gemacht um darauf aufmerksam zu machen, dass wir bald keine Bleibe mehr haben werden. Wir haben den Kurzfilm „Bernd in Sorrow“ über das Heim gedreht. Wir haben unter Bekannten, Freunden und auf der Uni Unterschriften für den Erhalt der Heimplätze gesammelt und auf der Demonstration gegen das Sparpaket einen eigenen Demoblock mit Flugblättern und Transparenten organisiert um auf unser Anliegen aufmerksam zu machen. Auf Festen und durch Aushänge haben wir die Heimbewohner über den Abriss informiert. Wir haben auch Kontakt zu ehemaligen Heimbewohnern aufgenommen. Außerdem haben wir einen Brief an Häupl geschrieben, der aber unsere Anliegen leider nicht ernst nimmt. Zuletzt haben wir am Christkindlmarkt am Rathausplatz unter dem Motto „Haus Döbling auf Herbergssuche“ ein Protest-Singen mit umgedichteten Weihnachtsliedern gemacht.

Was erwartet ihr euch von der rot-grünen Stadtregierung?

Von der SPÖ erwarte ich mir nichts mehr. Sie hat den Abriss ja auch beschlossen. Bei den Grünen habe ich noch ein bisschen mehr Hoffnung. Briefe an Vassilakou und Van der Bellen sind in Planung. Bisher haben wir von Grüner Seite immer gehört „Wir würden euch eh gerne unterstützen, aber wir haben in Wien kein Mitspracherecht.“ Jetzt sitzen sie aber in der Regierung.