Soziale Arbeit ist der Politik nichts wert!

Der Wunsch zu Helfen wird schamlos ausgenutzt
Herbert Wanko

Vor zwei Jahren startete der ÖGB die Kampagne „Soziale Arbeit ist mehr wert“. Verbesserungen gab es seitdem keine. Im Gegenteil! Die Budgeteinsparungen von Bund und Ländern treffen soziale Berufe voll. In Oberösterreich wird der Psychosoziale Dienst ausgehungert, in Wien musste bereits der Verein Wiener Hauskrankenpflege Konkurs anmelden und die KV-Abschlüsse vermitteln auch den Eindruck, dass soziale Arbeit nichts wert ist. Die Debatte über das freiwillige soziale Jahr zeigt wohin die Regierung will: die unterbezahlten qualifizierten Kräfte durch noch mieser bezahlte unqualifizierte Kräfte zu ersetzen – eine weitere Verschlechterung für Beschäftigte und KlientInnen.

Anfang Dezember 2010 gaben Soziallandesrat Ackerl (SPÖ) und Landeshauptmann Pühringer (ÖVP) die Kürzungen bekannt. Dadurch würden über 100 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren. Wer die psychisch Kranken künftig betreuen soll, ist offen. Am 13./14.12. streikten die KollegInnen von pro-mente OÖ und EXIT-sozial und hielten eine öffentliche Betriebsversammlung in Linz ab.

Schon 2008 wehrten sich die KollegInnen dieser beiden Betriebe erfolgreich gegen Lohnkürzungen über den Umweg von Änderungskündigungen durch Ackerl.

Was tun, wenn OÖ-Landesregierung nicht einlenkt?

Wenn die Warnstreiks im Dezember nicht ausreichten, so muss nachgesetzt werden. KollegInnen und Betriebsrat waren bisher kämpferisch – sie sollten sich nicht auf die erfahrungsgemäß handzahme Gewerkschaft verlassen, sondern den Kampf und v.a. die Solidarität und Unterstützung aus anderen Bereichen selbst organisieren. Durch eine Einbindung der KlientInnen sowie anderer Betriebe aus dem Sozialbereich ist ein längerer Arbeitskampf bis hin zu einem unbefristeten Streik möglich.

BAGS-KV: Reallohnverlust vorprogrammiert

2 % KV- und 1,85 % IST-Lohnerhöhung für den BAGS-KV bedeuten, bei erwarteten mehr als 2 % Inflation für 2011, einen weiteren Reallohnverlust für die 80.000 Beschäftigten. Nach dem Abbruch der Verhandlungen am 16.12. wurde für den 26.1. ein Aktionstag angekündigt. Nachdem die Mehrheit „unserer“ VerhandlerInnen am 12.1. einen mickrigen Abschluss abgesegnet hatte, wurde der Aktionstag gestrichen. Warum wurde das Ergebnis keiner Urabstimmung unterzogen?

Eigentlich haben KollegInnen und Gewerkschaft längst klar gemacht, dass soziale Arbeit mehr wert sein sollte.

„Daher müssen wir Beschäftigten ein Zeichen setzen, dass wir uns das Kaputtsparen im Sozialbereich ebenso wenig länger gefallen lassen wie die permanente Aushöhlung unserer Arbeits- und damit Lebensbedingungen – auch wenn das Arbeitskampf bedeutet! (Beschäftigte von pro-mente 2008)

Schon vor dem 16.12. hätte unmissverständlich klar gemacht werden müssen, dass höhere Löhne auch erkämpft werden, wenn nötig. Ein Schulterschluss zwischen dem gesamten Sozialbereich und den KollegInnen von pro-mente OÖ und EXIT-sozial einerseits gegen die Kürzungen im Sozialbudget von OÖ und die drohenden Kündigungen, sowie für eine akzeptable Lohnerhöhung wären eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Kampf. Leider ist das „Kämpfen“ für unsere Gewerkschaftsführungen ein schwer auszusprechendes Fremdwort. Unterschriftenlisten, die dem Parlament übergeben werden und danach in irgendwelchen Schubladen verschwinden, bewirken – wie wir regelmäßig sehen können – nichts. Auch Demonstrationen sind offensichtlich zu wenig.

Deswegen müssen kämpferische GewerkschafterInnen und BetriebsrätInnen die Notwendigkeit des Arbeitskampfes aufgreifen und gemeinsam mit den betroffenen KollegInnen Druck auf die Gewerkschaft aufbauen. Wir brauchen Kampforganisationen die sich wirklich für unsere Interessen einsetzen, unsere Forderungen unterstützen und unsere Kampfbereitschaft nicht unter den Tisch kehren.

Verein Wiener Hauskrankenpflege insolvent

Am 27.12.2010 hat der Verein Wiener Hauskrankenpflege (WJS) Insolvenz angemeldet. Dies betrifft ca. 230 Beschäftigte, die jetzt noch auf ihr Weihnachtsgeld und ausstehende Löhne warten und 600 KlientInnen, die nicht wissen, ob – und von wem – sie in Zukunft betreut werden.

Seit Jahren gibt es massive Differenzen zwischen dem Verein WHS und dem FSW. Schließlich wies der FSW dem WHS seit Sommer 2010 angeblich keine neuen KlientInnen mehr zu, was schließlich zur Insolvenz führte. Warum sollen die Beschäftigten allfällige Fehler der Vereinsführung ausbaden?

Der FSW garantiert den KlientInnen nötigenfalls anderweitige Betreuung. Die vielleicht arbeitslos werdenden KollegInnen werden mit keinem Wort erwähnt. Die grün-nahe Fraktion KIV in der Gemeinde Wien fordert die (Wieder)Eingliederung des Fonds Soziales Wien (FSW) in die Gemeinde Wien. Ein guter Ansatz – aber zu wenig. Der gesamte Sozialbereich ist von der öffentlichen Hand abhängig. Die Ausgliederung in Vereine, die die Selbstausbeutung fördern geht immer zu Lasten von Beschäftigten und KlientInnen. Eine Übernahme der WHS in den FSW bzw. die Gemeinde Wien wäre sinnvoll. Solche Maßnahmen müssen aber verbunden werden mit einer Aufstockung des Budgets im Sozialbereich und mit demokratischen Strukturen bei denen die Beschäftigten und KlientInnen - und nicht ein Management - verwalten und kontrollieren.

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