Schwarz-Blau geht über Leichen!

Pensions- und Gesundheitsreform kosten Leben
Sonja Grusch

Thomas Klestil war der Paradepensionist für die Bundesregierung. Knapp vor Pensionsantritt verstarb er. Wenn Sie das für zynisch halten, zeigt Ihnen ein Blick auf die Maßnahmen der Regierung, wo die wahren ZynikerInnen sitzen. Nach dem Pensionsraub 2003 holen Schüssel&Co. unter dem Stichwort “Pensionsharmonisierung” zum nächsten Schlag aus. In Kombination mit der “Gesundheitsreform” und den Angriffen auf Arbeitszeit und Arbeitslose führt der Weg direkt zurück in die 30er Jahre. Die Regierung plant die Zerschlagung des Sozialstaates. Dabei ist sie auch bereit, über Leichen zu gehen. Eine Übertreibung? Wenn Schwerstarbeiter 45 Jahre arbeiten müssen, um den vollen Pensionsanspruch zu haben, dann werden das die wenigsten erleben. Wenn im Gesundheitswesen “gespart” wird, dann heißt das, dass Krankheiten später erkannt und schlechter behandelt werden können.

Ist es eine Schande alt und/oder krank zu sein?

Was bedeutet “Überalterung”? Das es schlecht ist, wenn Menschen alt werden! Tatsächlich sind Menschen im profitorientierten Kapitalismus nur interessant, solange sie “etwas leisten”. Sind wir krank oder alt, werden wir von der “Arbeitskraft” zum “Kostenfaktor”. Die “Lösung” im Kapitalismus: Die Lebensarbeitszeit wird verlängert und/oder die Pension gekürzt und/oder der Stress so erhöht, dass wir den Pensionsantritt nicht oder nicht lange überleben. All das beinhalten die “Reformen” der Regierung. Die durchschnittliche Pensionshöhe liegt zur Zeit bei mageren 801 Euro. Pensionsexperte Steven Nay meint “Altersarmut, die in Europa schon fast ausgerottet war, könnte zurück kommen.” Im Gesundheitswesen wird bei Vorsorge und Rehabilitation gekürzt. Die Pflege soll wieder verstärkt von Angehörigen (meist Frauen) übernommen werden. Wir meinen: Was ist für eine kranke Gesellschaft ist das, in der es eine Schande ist alt und/oder krank zu sein!?

Bartenstein & Schüssel: Völlig jenseits

Wirtschaftsminister Bartenstein erklärte die Forderung "45 Beitragsjahre müssen genügen" sei “völlig überzogen”. Als Politiker kann Bartenstein mit 59 Jahren in Pension gehen, maximal wird er dann 36 Versicherungsjahre haben, seine Pensionshöhe liegt derzeit bereits bei 6.400 Euro. Das halten wir für “völlig überzogen”. Bundeskanzler Schüssel, der gern gegen angebliche “Besitzstandswahrer” wettert war noch nie gezwungen, sich am Arbeitsamt um einen Job zu bewerben. Seit Abschluss seines Studiums kam er in ÖVP- und ÖVP-nahen Organisationen unter. Aber er findet einen täglichen Arbeitsweg von zwei Stunden “zumutbar” (klar, im Dienstauto ist das kein Problem). Er kann übrigens mit 56,5 Jahren in Pension gehen und bekommt mindestens 12.864 Euro/Monat.

Regierung will zurück in die 30er Jahre

Was uns als “Pensionsharmonisierung” verkauft wird, ist nichts anderes als das endgültige Aus für eine soziale Absicherung im Alter. Schon im Jahr 2000 hatten nur mehr 3% ein sehr hohes Vertrauen in die staatliche Pensionsvorsorge. Aber wie realistisch sind die private und betriebliche Pensionsvorsorge? Bei United Airlines in den USA wird gerade versucht die betriebliche Pension für 35.000 PensionistInnen zu streichen. Und können Sie sich eine private Pensionsvorsorge leisten? Laut Sozialbericht 2001/2 leben 43% der Bevölkerung nur mit niedrigem oder sehr niedrigem Lebensstandard. Für eineN NationalratsabgeordneteN mit 14x 7613,10 Euro brutto ist die private Pensionsvorsorge kein Problem. Für Spitzenmanager mit Jahreseinkommen von 3-400.000 auch nicht. Für eine AltenfachbetreuerIn (Durchschnittliches Einstiegsgehalt ab 1000 Euro brutto/ Monat), eineN Einzelhandelskaufmann/frau (864.- Euro) oder eine Bauhilfskraft (726.- Euro) sieht das anders aus. Ganz zu schweigen von den weit über 200.000 Arbeitslosen, denTeilzeitbeschäftigten und den prekär Beschäftigten. Da reicht das Geld oft nicht einmal für die laufenden Kosten.

Für eine echte Pensionsreform

Jeder Mensch hat das Recht auf eine menschenwürdige Alters- und Gesundheitsversorgung. Niemand soll bis zum Umfallen arbeiten müssen und niemand soll sich dafür schämen müssen, alt oder krank zu sein. Die Gesellschaft ist insgesamt reich genug, um sich das zu leisten! Eine echte Pensionsharmonisierung müsste daher eine Arbeitszeitverkürzung, eine Senkung des Pensionsantrittsalters sowie eine Mindestpension von 1100.- Euro netto sein. Finanzierbar ist eine solche echte Harmonisierung durch eine echte Besteuerung von Unternehmen und Vermögen, die es ja zur Zeit in Österreich praktisch nicht gibt.
Erreichbar ist eine solche echte Harmonisierung durch kämpferische Gewerkschaften in denen FunktionärInnen nicht im Penthouse wohnen, sondern so leben wie ihre Mitglieder. Gewerkschaften, welche die unmenschliche Profitlogik nicht einfach akzeptieren, sondern für eine bessere Gesellschaft kämpfen.

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