Regierung macht ernst in Sachen Frauenpolitik:

Frauenminister legt Gleichbehandlung auf Eis
Claudia Sorger

Seit Juni 2001 wurde der Vorsitz der Gleichbehandlungskommission von Frauenminister Haupt nicht mehr nachbesetzt. Mehr als 30 Frauen haben sich seither bei der Kommission beschwert, die Hälfte von ihnen wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.  Das bedeutet eine Zwangspause der Arbeit der Gleichbehandlungskommission und damit eine Erschwerung der Situation der Betroffenen, die ohnehin -  gerade bei sexueller Belästigung - oft sehr belastend ist.

Bsp. 1: Eine Frau übernimmt eine leitende Position, die bis dahin mit einem Mann besetzt gewesen ist. Der Aufgabenbereich ist der gleiche geblieben. Trotzdem wird sie niedriger eingestuft als ihr Vorgänger. Die monatliche Lohndifferenz beträgt knapp S 4.000.- brutto. Die Frau wendet sich an die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen. Kurz darauf wird sie gekündigt.
Bsp. 2: Eine Frau, Alleinerzieherin eines vierjährigen Kindes und auf eine Teilzeitbeschäftigung angewiesen, arbeitet halbtags in einer Tankstelle. Ihren Angaben zufolge trat ihr der Arbeitgeber von Anfang an nahe, griff ihr an die Brust, lud sie ein, sich gemeinsam mit ihm im Kassaraum Pornofilme anzuschauen und forderte sie auf, ihm das Handtuch in die Dusche nachzubringen. Als die Tankwartin ihrem Chef zum wiederholten Mal sagt, dass er mit seinen Annäherungsversuchen aufhören möge , wird sie nicht mehr belästigt, aber das bis dahin eher lockere Arbeitsklima wird eisig. Sechs Wochen später erhält die Frau die Kündigung.
Bsp. 3: In einer Firma erhalten Frauen bei der Einstellung grundsätzlich einen - auf sechs Monate - befristeten Arbeitsvertrag, Männer hingegen einen unbefristeten. Stellt sich innerhalb des halben Jahres heraus, dass eine Frau schwanger ist, erfolgt keine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses.
Das sind nur einige der zahlreichen Fälle, in denen die Gleichbehandlungskommission in der Vergangenheit eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes festgestellt hat und den betroffenen Frauen damit zu ihrem Recht verholfen hat.  1991 wurde die Funktion der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und damit einhergehend die Gleichbehandlungskommission geschaffen. Die meisten Probleme, mit denen sich Frauen an die Gleichbehandlungskommission wenden, betreffen die Festsetzung des Entgelts und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Diese Möglichkeit sich zu wehren besteht aufgrund der nicht Nachbesetzung nun nicht mehr.
Was der Frauenminister seit Amtsantritt systematisch verfolgt, ist eine Einschränkung der bestehenden Instrumente der Gleichbehandlung und Frauenförderung. Zu diesem Zweck werden finanzielle Mittel gekürzt, eine Männerabteilung gegründet  und jetzt die Gleichbehandlungskommission in ihrer Arbeit behindert.
Auch wenn die Gleichstellung von Frauen nicht alleine über Gleichbehandlungsgesetze und ihre Institutionen erreicht werden kann, sind sie  wichtige Errungenschaften, deren Abschaffung einen Rückschritt bedeutet. Gleichbehandlungsanwaltschaft und Gleichbehandlungskommission bieten Unterstützung für diejenigen, die in der betrieblichen Hierarchie meist wenig Handlungsmöglichkeiten haben. Die Problematik der nicht erfolgten Nachbesetzung der Gleichbehandlungskommission wurde von den ÖGB-Frauen auf einer Pressekonferenz aufgezeigt. Doch dass das Aufzeigen alleine nicht ausreicht, hat die Vergangenheit bewiesen.  Die jetzige Regierung ist dabei, erkämpfte Rechte wie z.B. Rückkehrrecht nach der Elternkarenz oder die Fristenlösung zu demontieren. Dem müssen wir Widerstand entgegensetzen.

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