Pleitensommer 2001

Es zahlen die Beschäftigten
Michael Gehmacher

Im Juni 2001 gab es mehr Arbeitslose als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Wirtschaftsforschungsinstitute beginnen, ihre Prognosen nach unten zu revidieren. Aber bei WirtschaftsforscherInnen ist Vorsicht geboten. Sie machen Auftragsstudien. Jeden Sommer wird nach unten revidiert. Schließlich fangen im Herbst die Lohnrunden an und da helfen schlechtere Prognosen der Wirtschaft. Auf der anderen Seite befindet sich die Wirtschaft aber tatsächlich in einer schwierigen Situation - und das nicht nur in Österreich, sondern weltweit.
Für die österreichische Wirtschaft stehen dabei zwei Gründe im Vordergrund. Erstens: Österreichische Firmen sind stark exportorientiert. Sie verkaufen einen Großteil ihrer Produkte im Ausland. Gerade die schlechten Konjunkturdaten aus den USA und vor allem Deutschland verheißen nichts Gutes.
Zweitens: Das Null-Defizit. Der Kurs der Bundesregierung führt zu einem Rückgang bei den öffentlichen Investitionen. Das macht sich vor allem in der Baubranche bemerkbar. Die Folge davon ist ein weiterer Verlust von Vollzeitarbeitsplätzen. Aber auch gewinnträchtige Unternehmen nutzen so den guten “Wind” für weitere Rationalisierungen. Semperit, OMV oder Telekom sind nur einige Beispiele dafür.

Pleitenlawine rollt

Neben den Großpleiten von Libro, Steiner und Forstinger kommen noch viele im Bereich der neuen Technologien dazu. Nach dem Konsum mit 26 und Hoffmann & Maculan mit 11 Mrd. Schilling ist Steiner mit 4 Mrd. die drittgrößte Pleite seit 1945. Ob daraus ein großer Kriminalfall wird, steht noch nicht fest. Fest steht allerdings, dass es sich bei Steiner um ein Lehrbeispiel handelt. Neben der traditioneller Produktion von Plastikgartenmöbel kam Alfred Steiner jun. mit neuen `Steco-Klappboxen’ auf den Markt. Steiner jun. ließ sich als “Kunststoff-King” feiern. So gut dürften die Geschäfte aber schon damals nicht gegangen sein. Im Dezember 1998 wurden 66% des Unternehmens an den britischen “Duke Street Capital Fonds” um 426 Mill. verkauft. Dieser interntionale Ivestmentsfonds will schnelle Rendite sehen, langfristige Investitionen sind uninteressant.
Ob aber nun allfällige kriminelle Machenschaften (wie Wechselbetrügereien, Bilanzfälschungen, Scheingeschäfte) oder der internationale Kapitalfonds das Unternehmen ins Aus geführt haben, bleibt letztlich egal. Fest steht, dass der Fonds seine Rendite und die Steiners ihr Luxus-Leben hatten. Mehrere Villen, Mercedes 500s, Lamborghini, und Hauptsponsor der Gmundner Basketballmannschaft. Als Abrundung gab es dann noch gute Kontakte zu ÖVP, FPÖ-Minister Grasser und eine steuerschonende Privatstiftung. Stiftungszweck: “Die Sicherung eines luxseriösen Lebens für die Familie Steiner”.

Die Zeche zahlten und zahlen die Arbeiterinnen!

Bei Steiner gab es keinen Betriebsrat. Als sich eine Arbeiterin für einen Betriebsrat einsetzte, wurde sie gekündigt. Ihre Wiedereinstellungen wurde mit Zwangs- Unterschriftenlisten unter der Belegschaft, ähnlich wie bei Stronach, bekämpft. Die Belegschaft, vor allem PortugiesInnen und TürkInnen, mußten unbe- zahlte Überstunden leisten. Erst mit der Verhaftung der Steiners brachen die Menschen ihr Schweigen. Ein türkischer Hilfsarbeiter berichtet, dass sie ca. 70 Grad heiße Plastikteile mit blosen Händen aus den Öfen nehmen mußten. Dafür konnte sich die Firma die Anschaffung von Arbeitshandschuhen sparen.
Ob Libro oder Steiner, die Zeche für Mißmanagment zahlen die Beschäftigten. Es zeigte sich wieder einmal deutlich, dass Lohnversicht, flexible Arbeitszeiten oder eine ‘zurückhaltende’ Belegschaft, nicht vor Pleiten und dem Verlust des Arbeitsplatzes schützen. Ganz im Gegenteil: Nur eine gute Organisierung der Beschäftigten auch über die Fabrikstore hinweg, sind der beste Garant gegen den Arbeitsplatzabbau.

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