Offener Brief an die Geschäftsführung des Vereins Jugend und Freizeit Linz

Dieser offene Brief ist eine Antwort auf eine Mail des Geschäftsführers des Vereins Jugend und Freizeit an SLP Aktivisten Jan Milonig. In dieser Email wird behauptet, dass man die „demokratischen Entscheidungen“ des Gemeinderates bei Jugendzentren zu kürzen akzeptieren sollten. Außerdem wird die SLP und die Kampagne „Gemeinsam Jugendzentren retten“ beschuldigt, sich nur politisch profilieren zu wollen. Am Ende wird nochmal betont, dass der Verfasser dich „deutlich“ nicht an Protestaktionen beteiligt, diese E-Mail ging an alle Beschäftigten des Vereins Jugend und Freizeit. 

Wir veröffentlichen unsere Antwort, weil wir der Meinung sind, dass sie interessant für alle Menschen sein kann, die sich gegen die Einsparungen bei Linzer Jugendzentren wehren wollen

 

Sehr geehrter Herr Kafka!

Ich teile Ihre Meinung, dass der Verein Jugend und Freizeit sehr gute, wichtige und professionelle Jugendarbeit macht. Diese Tatsache ist vielen LinzerInnen bewusst. Jugendliche, die die VJF-Jugendzentren besuchen, die BetreuerInnen, die dort arbeiten, Eltern oder AnrainerInnen oder auch betagtere Menschen wissen: Jugendliche brauchen niederschwellige Freizeitangebote, die sie sich leisten können. Das haben die bisherigen Aktionen unserer Kampagne gezeigt. Die Rückmeldungen waren unglaublich positiv.

Ich bin Mitglied der Sozialistischen LinksPartei und die SLP hat diese Kampagne initiiert. Für uns sind die Kürzungen eine politische Frage. Wir stellen uns auf die Seite von denen, die nicht einfach so akzeptieren wollen, dass der Linzer Gemeinderat dort Geld einspart wo es gebraucht wird, um es anderswo zum Fenster hinauszuwerfen. Zur Erinnerung: Das Budget für Werbung und Repräsentation wurde um €138.500 erhöht. Mit diesem Geld könnte man die Jugendarbeit für 2017 vollständig aufrechterhalten (laut unserm Wissensstand).

Den Vorwurf, wir wollen jemand “vor unseren Karren spannen“ weisen wir auf das Schärfste zurück. Viel besser wäre es, würde die Kampagne zur Verteidigung der VJF-Jugendzentren aus und von den VJF-Jugendzentren selbst kommen. Da das leider nicht der Fall ist, greifen wir das Thema auf. Das ist alleine schon deshalb notwendig, weil sonst die Rechtsextremen von der FPÖ profitieren würden. Die haben ja schon damit begonnen, Unterschriften zu sammeln.

Wir wollen denen, die sich gegen das Kaputtsparen im Jugendbereich wehren wollen, eine Plattform bieten. Jugendliche aus dem Riff (und anderen JuZ) haben versucht, PolitikerInnen anzurufen und die Idee von Protest-Unterschriftenlisten aufgebracht. Wir wollen das unterstützen. Im Gegensatz zur FPÖ, die die Kürzungen voll mitträgt und dann versucht, sich als Verteidigerin des Riff zu profilieren, werden sie auf unseren Unterschriftenlisten und Kampagnenflugblättern kein Parteilogo finden. Wir verzichten bewusst darauf. Wir wollen eine möglichst breite Kampagne von Einzelpersonen und Gruppen/Organisationen, die sich gegen diese Kürzungen wehren wollen.

Sie weisen darauf hin, dass der Gemeinderat die Kürzungen beschlossen hat: Aber was hat das mit Demokratie zu tun? SPÖ, FPÖ, ÖVP – keine dieser Parteien hat im Wahlkampf davon gesprochen, Gelder für die Jugendarbeit zu streichen. Trotzdem wollen Sie und sollen wir alle jetzt darauf verzichten, uns gegen diese Beschlüsse zu wehren? Ich finde, wir sollten alle demokratischen Mittel die wir haben nutzen, um diese Kürzungen zu verhindern. Dazu gehören Protestunterschriften und Kundgebungen. Die vielen positiven Rückmeldungen, die unsere Kampagne bisher bekommen hat, lassen vermuten: Es gibt großes Potential für eine solche Kampagne. Es ist möglich, die Politik mit einer solchen Kampagne zum Einlenken zu bringen.

Sie sagen, sie beteiligen sich deutlich nicht an Protestaktionen. Wie lässt sich das mit dem Statut des VJF vereinbaren? Da steht drinnen: „Wir fühlen uns verpflichtet, zu einer Verbesserung der Lebenssituation der Jugendlichen beizutragen, indem wir Partei ergreifen und ihre begründeten Interessen gegenüber der Öffentlichkeit vertreten und entsprechende Veränderungen einfordern.“

Genau das will die Kampagne „Jugendzentren gemeinsam retten“ tun. Gemeinsam mit anderen, die es wohl doch härter treffen wird als Sie, wenn das Riff geschlossen und Öffnungszeiten bei anderen JuZ gekürzt werden. Nämlich BetreuerInnen, die ihre Jobs verlieren; Jugendliche, die keine Treffpunkte ohne Konsumzwang mehr haben, die keine Anlaufstellen mehr haben, wenn sie persönliche/schulische/familiäre Probleme haben; alleinerziehende Mütter, die nicht mehr arbeiten gehen können, weil sie keine Nachmittagsbetreuung für ihre Kinder mehr haben; und andere.

Es ist uns deshalb nicht verständlich, dass die Geschäftsführung des Vereins nicht bereit ist demokratischen Protest zu fördern und gegen Einsparungen und Schließungen von Jugendzentren eine öffentliche Kampagne zu organisieren. Es wäre leicht für den Verein VJF sich an Protesten zu beteiligen um Öffentlichkeit zu erzeugen. Wenn das Ihrem „Demokratieverständnis“ widerspricht, sollte sich die Geschäftsführung zumindest neutral verhalten.

Sie werfen uns vor, irgendjemanden „instrumentalisieren“ zu wollen. Doch Ihre Antwort an mich ist bereits die zweite Mail aus den Reihen der Geschäftsführung an alle Beschäftigten, die von vielen als „Order von Oben“ interpretiert wird, sich von unseren Aktionen fernzuhalten. Das schüchtert Beschäftigte des VJF ein, die sich nicht einfach mit dem Kaputtsparen der etablierten Politik zufrieden geben wollen – und die aus Angst um ihren Job dann lieber doch nicht zur Protestaktion gekommen sind. Die erste dieser Mails kam vom SPÖ-Politiker und Bürgermeister von St. Georgen/Gusen (und VJF-Geschäftsführer) Erich Wahl. Ist das für ihr Verständnis von demokratischen Rechten unbedenklich?

Dem Vernehmen nach hat der Geschäftsführer des VJF einen Brief an alle MitarbeiterInnen geschickt, in dem er angeblich „davor gewarnt“ oder „abgeraten“ hat, an der Kundgebung vergangenen Montag den 27.3. teilzunehmen. Sollte das tatsächlich geschehen sein, halten wir das, insbesondere weil die Position des Geschäftsführer durch den SPÖ-Politiker Erich Wahl besetzt ist, für problematisch. Tatsächlich geht es den Arbeitgeber nichts an, was einE BeschäftigteR in seiner/ihrer Freizeit macht. Außerhalb der arbeitsvertraglichen Pflichten dürfen Arbeitgeber oder Vorgesetzte keine Weisungen erteilen; auch nicht getarnt als "Ratschlag" oder "Hinweis". Die Teilnahme an Anti-Kürzungs-Protesten hat nichts mit der "Treuepflicht" gegenüber dem Dienstgeber zu tun und kann diese daher nicht verletzen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Teilnahme an politischen Veranstaltungen außerhalb der Arbeit dürfen von keiner Geschäftsführung sanktioniert werden. Das ist nachzulesen im §17 des Gleichbehandlungsgesetzes. Wir hoffen, dass die Geschäftsführung sich dessen bewusst ist und selbstverständlich kein Problem damit hat, wenn sich Beschäftigte des VJF an Protesten gegen die Kürzungen betreffend die VJF-Jugendzentren beteiligen.

Viele Betroffene von dieser Kürzung wollen etwas tun und sich wehren. Gerade für viele Jugendliche kann das auch eine hervorragende Gelegenheit, sein Demokratie und gelebten Protest selbst mitzugestalten. Ich hoffe, wir sind uns einig, dass sich Jugendliche zu mündigen BürgerInnen entwickeln und nicht alles, was „die da Oben“ beschließen, als gottgegeben akzeptieren sollen. Es ist möglich alle Jugendzentren zu retten. Dafür braucht es eine entschlossene, kreative und motivierte öffentliche Kampagne. Wir wollen dabei helfen, das zu organisieren.

Darum wird am kommenden Donnerstag um 17.00 Uhr eine Protestkundgebung am Hauptplatz, während der Gemeinderatssitzung, stattfinden. Dazu laden wir alle Beschäftigten, Jugendlichen und solidarischen Menschen ein – und auch die Geschäftsführung sollte ihren Standpunkt noch einmal überdenken und am Donnerstag zur Aktion kommen.

 

Jan Millonig, Aktivist der Kampagne „Jugendzentren gemeinsam retten“ und der Sozialistischen LinksPartei (SLP)

 

https://www.facebook.com/jugendzentren.retten/?fref=ts

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