Neuformierung des Rechtsextremismus

Die Krise der FPÖ und die Gründung des BZÖ sind Teile eines Neuformierungs-Prozesses der extremen Rechten. Dabei ist es nötig, einen Blick auf Entwicklungen außerhalb der FPÖ sowie in andere Länder zu werfen.
Franz Breier jun.

Der BFJ in Oberösterreich

Die rechtsextreme und faschistische Szene in Österreich war nie auf die FPÖ und ihre Jugendorganisationen beschränkt. Der “Bund freier Jugend” (BFJ) in Oberösterreich versucht unabhängig von der Parlamentspartei FPÖ den Kern für eine faschistische Truppe der Propaganda und der Tat zu formen. Anweisungen und Vorbilder dafür holt er sich weder bei Haider noch bei Mölzer. (Wenngleich er mit Mölzer via Diskussionsveranstaltungen und Symposien lose verbunden ist.) Bedeutend sind seine engen Kontakte zur deutschen NPD sowie NPD-Abspaltungen in Ostdeutschland. Die NDP erzielte 2004 bei EU-Wahlen 0,9 % und 9,2 % bei den Wahlen in Sachsen. Von ihnen hat der BFJ unter anderem gelernt, linke Sprüche für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Gegenwärtig verwendet er ein Transparent mit dem Slogan “Eine andere Welt ist möglich”.
Dennoch gibt es bedeutende Unterschiede zwischen BFJ und NPD: die Größe der NPD und die um einiges verheerendere soziale Lage in großen Teilen Deutschlands erlaubten dieser, neben dem “Kampf um die Köpfe und auf der Straße” auch den “Kampf um die Parlamente” in die Strategie einzubauen. Davon ist der BFJ noch weit entfernt und es ist anzunehmen, dass er aufgrund der FPÖ-BZÖ-Erfahrungen diesbezüglich keine Initiativen setzen wird wollen.
Der BFJ gibt auf seiner “Aktion sichere Zunkunft”-Homepage die Marschrichtung vor: “Wir geben jetzt das Signal zum Aufstand! ... Schaffen wir ein Klima, welches den Verrätern an Volk und Land einheizt! ... Wir glauben nicht mehr daran, im jetzigen Zustand eine Wende über die Wahlurnen erwirken zu können. Die Systemparteien haben uns enttäuscht und für dumm verkauf! ... Deshalb gehen wir auf die Straße!” Das unterscheidet sich maßgeblich vom rechtsextremen Populismus eines Haider und selbst eines HC Strache (FP-Chef).
Es ist kein Zufall, dass der BFJ gerade in Zeiten der zugespitzten FPÖ-BZÖ-Krise verstärkt auftritt. Er verteilt sogar Flugblätter in Wohnvierteln und tritt mit Lautsprecherwagen auf. In seinen Flugblättern greift er mitunter auch die FPÖ offensiv an. Sie habe trotz diverser Versprechungen sich von der Macht korrumpieren lassen und das “Problem mit den Einwanderern” nicht gelöst.

Instabilität des Populismus

Populistische Formationen können sehr instabil sein. So sind die Abspaltung von Le Pens “Front National” durch Bruno Megret (Frankreich) und die niederländische “Liste Pim Fortuyn” sehr rasch von der Erdoberfläche verschwunden. Der BFJ zieht offensichtlich seine Schlüsse aus den Erfahrungen neuer und sehr kurzfristiger rechtsextremer bzw. populistischer Projekte. Seine Herangehensweise ist von einem langfristigen Plan gekennzeichnet. Dabei legt er Wert auf “theoretische” Schulung und praktische Aktivitäten. Damit will er eine Truppe zusammenschweißen, die – falls sinnvoll – zu offenen faschistischen Attacken übergehen wird.

Vlaams Blok / Vlaams Belang

Eine wichtige Rolle im Rechtsextremismus Europas spielte und spielt der belgische bzw. flämische “Vlaams Blok”. Dieser heißt seit 2004 “Vlaams Belang” (VB), nachdem ein Gerichtsurteil gegen den Rassismus des VB Druck ausübte. Der VB nutzte das Urteil insoweit, als dass er sich als Kraft “gegen das Establishment” hinstellt. Mit dem Niedergang der FPÖ stellt der VB neben der NPD in Deutschland und dem Front National die größte und gefährlichste rechtsextreme Kraft Westeuropas dar. Sie ist unter anderem deshalb noch nicht in einer Krise, da sie sich beständig in “Opposition” befindet und damit nicht an der Regierung ihre Maske fallen lassen muss. Denn auch sie will arbeiterInnen-feindliche und neoliberale Politik!
Es gibt in Belgien Diskussionen, ob der VB seinen Charakter ändert und etwas “etablierter” werden wird. Der VB-Vorsitzende Frank Vanhecke sprach mit der Neugründung 2004 von einem “Vlaams Blok Lite”. Demgegenüber stehen Abgeordnete wie Filip De Man, der offen zu faschistischen Ideen steht. Im VB gibt es (ähnlich der FPÖ) Differenzen zwischen von außen kommenden KarrieristInnen und den seit langem überzeugten Rechtsextremisten. Die gegenwärtige VB-Führung versucht offensichtlich einen Balanceakt. Einerseits hat sie mit der Neugründung ihre grundlegende Politik keineswegs abgeschwächt, andererseits jedoch keine Anstalten gemacht, manche unliebsame Nazi-Sympathisanten auszuschließen. Gleichzeitig verfügt der VB mit der Privat-Security “Voorpost” über eine faschistische Schlägertruppe, die aggressiv auf Treffen und gegen MigrantInnen und Linke vorgeht. Führende VB-Funkrionäre beziehen sich offen positiv auf Nazi-Kollaborateure wie Staf De Clerq von der Flämischen Nationalistischen Partei VNV in den 1940er Jahren. Letztlich meint Vorsitzender Frank Vanhecke mit seiner “Light-Version” ein der Situation angepasstes Auftreten: “Wir ändern nicht, was wir sagen, sondern wie wir es sagen.”

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