Neue Regierung vor dem Hintergrund der vielleicht tiefsten Krise seit Jahrzehnten

Neoliberale Dogmen sind zerbrochen - Stimmung gegen Kapitalismus wächst

Die neue Regierung tritt ihr Amt am Beginn der vielleicht tiefsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, wahrscheinlich der 2. Republik, an. Immer wieder werden Vergleiche mit der tiefen Weltwirtschaftskrise von 1929 gezogen, als es zu Massenarbeitslosigkeit, Elend und in weiterer Folge auch zum Erstarken des Faschismus kam. Die SLP warnt seit Jahren davor, dass eine  handfeste Wirtschaftskrise bevorsteht. Auch wenn wir unsere Analyse bestätigt sehen freuen wir uns keineswegs über die aufkommende Krise, sondern sehen es als unsere Aufgabe, deren Auswirkungen und Ursachen zu bekämpfen, da sonst einmal mehr die ArbeitnehmerInnen und ihre Familien die Zeche werden zahlen müssen. Von der neuen Regierung ist diesbezüglich nichts zu erwarten – das Regierungsprogramm ist denkbar allgemein gehalten. Und an der grundsätzlichen Ausrichtung der Regierungsparteien hat sich nichts geändert. Darüber können auch „Konjunkturpakete“ nicht hinwegtäuschen. Die nächsten Angriffe auf uns liegen schon bereit.

Wir stehen vor einer Periode von scharfen Veränderungen – wirtschaftlich, sozial und politisch. Das bedeutet auch scharfe Veränderungen im Bewusstsein, darin, wie der Kapitalismus gesehen wird. Das Durchschlagen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf Österreich wird mittelfristig die politische Instabilität, die die politische Landschaft schon länger prägt, massiv vergrößern. Die Vorschußlorbeeren für die neue Regierung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es trotz des Wunsches nach Stabilität und Sicherheit eine tiefsitzende Unzufriedenheit mit dem Establishment, „denen da oben“ gibt. Die Gewinner davon werden – beim Fehlen einer linken Alternative – einmal mehr die extreme Rechte sein.

Wir sehen auch Unmut über die offensichtliche Zwei-Klassen-Politik. Milliardenpakete an die Banken und kein Geld für uns – dass da was nicht stimmt, ist offensichtlich. Innerhalb der Gewerkschaften und der Betriebe erhöht sich der Druck diese Ungerechtigkeiten nicht mehr einfach hinzunehmen. Die Notwendigkeit einer neuen politischen Vertretung, einer neuen ArbeiterInnenpartei wird immer deutlicher. Immer mehr Menschen stellen die kapitalistische Logik und sogar den Kapitalismus an sich in Frage. Die SLP sieht es als ihre Aufgabe, klare sozialistische Antworten zu entwickeln, die nicht in der Logik des Systems verfangen bleiben. Die Lösung liegt nicht in einem „besseren“ Kapitalismus sondern in der Überwindung des Kapitalismus, die nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist.

Finanz- und Wirtschaftskrise schon angekommen

  1. Die Wirtschaftsprognosen werden laufend nach unten korrigiert. Aktuell geht die OECD von einem „negativen BIP-Wachstum“ (= Schrumpfung) von 01 % für Österreich 2009 aus. Die österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute hatten zwar zuletzt noch Prognosen von + 0,9 (WIFO) bzw. + 1,2% (IHS) ausgegeben, es ist aber davon auszugehen, dass diese nicht halten werden. (Die in diesem Text verwendeten Zahlen werden durch ständig neue Meldungen rasch unaktuelle – die Richtung bleibt aber.
  2. Auch in den wichtigsten Exportmärkten wie Deutschland wird bereits von einer Rezession gesprochen. Für den Euroraum wird eine Schrumpfung um 0,4% prognostiziert. Durch seine Verstrickung mit Osteuropa ist die österreichische Wirtschaft besonders fragil. Die osteuropäischen Staaten wurden als besonders profitabel gesehen, Österreich gehört zu den wichtigsten Investoren. Aber Osteuropa wurde – im Gegensatz zur Propaganda – nicht „aufgebaut“ sondern wegen seiner billigen aber qualifizierten Arbeitskräfte genutzt. Ressourcen zum Abfangen der Krise sind in Osteuropa noch weniger da als im Westen (Bsp. Ungarn) was dramatische Auswirkungen auf die Investoren haben wird. Das Weltwirtschaftsklima ist auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren, und auch in den bisherigen Boomregionen wie China wird ein Rückgang des Wachstums erwartet. 
  3. Was zuerst als „Finanzkrise“ präsentiert wurde, ist längst zu einer Wirtschaftskrise geworden. Die Ursachen liegen nicht im Wahnsinn einiger SpekulantInnen, sondern im System des Kapitalismus, das immer wieder zwangsläufig zu Krisen führt (mehr dazu auf www.slp.at). Im Kapitalismus gibt es eine Reihe innerer Widersprüche – wie z.B. jener, dass jeder Unternehmer „seinen Beschäftigten“ möglichst niedrige Löhne bezahlen möchte, gleichzeitig aber auf die Beschäftigten in Summe als KonsumentInnen seiner Waren angewiesen ist. Diese Widersprüche führen immer wieder zu Krisen mit oft dramatischen sozialen Auswirkungen. Die Krise in der Autoindustrie z.B. zeigt wie real die Fundamente dieser Krise sind: seit Jahren wird werden weit mehr Autos produziert, als die Menschen sich leisten können. Die einzelnen Autounternehmen haben gehofft, jeweils die anderen Auszustechen. Nun ist die ganze Branche in der Krise und hofft auf staatliche Hilfe.
  4. Die teilweise verzweifelt anmutenden Versuche der Regierungen, Gegenzusteuern werden bestenfalls die Krise hinauszögern, oder kurzfristig einige Spitzen nehmen – aber es gibt keine echte Lösung im Rahmen des Kapitalismus.
  5. Die konkreten Auswirkungen der Krise sind bereits in vielen Bereichen spürbar. Viele Betriebe werden geschlossen, wie etwa Johnsen & Johnsen in Hallein oder Hämmerle in Vorarlberg. Stellenabbau gibt es u.a. bei der Telekom, Siemens, Swarovski u.v.m.. Vor allem in der Automobilindustrie wird Kurzarbeit eingeführt. Täglich gibt es neue Horrormeldungen über Schießungen und Stellenabbau. Es gib einen Rückgang an Investitionen in Betrieben und starke Umsatzeinbusen, v.a. in exportabhängigen Branchen.
  6. Auch viele Gemeinden haben große Geldmengen bei Spekulationen verloren, manche stehen vor dem Bankrott. Große Teile der kommunalen Infrastruktur sind durch Cross-Border-Leasing bereits im Besitz von krisengeschüttelten US-amerikanischen Finanzinstituten.
  7. Kommerzielle Bauträger steigen auf die Bau-Bremse und viele Menschen die ein Einfamilienhaus bauen und dazu einen Fremdwährungskredit aufgenommen hatten, stehen nun vor einem wachsenden Schuldenberg, der sie in den Ruin treibt.
  8. Aufgrund der Tiefe der Krise müssen wir mit sehr harten Angriffen rechnen. Ohne massive Gegenwehr aus werden die Kosten vor allem ArbeitnehmerInnen, Erwerbsarbeitslose, Jugendliche und PensionistInnen übernehmen müssen.
  9. Auf – berechtigtes – Unverständnis stoßen die Banken“rettungspakete“. Im Fall der Constantia Privatbank werden 450 Millionen zur Rettung gezahlt – während die ehemalige Besitzerin kurz davor rund 400 Millionen ihres Privatvermögens abgezogen hat. Bei Banken wie der Ersten gibt der Staat Unternehmen die Gewinne machen günstige Kredite, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Was wird geschehen, falls die in Besitz der italienischen UniCredit befindliche Bank Austria kracht? Wird der österreichische Staat einspringen und statt einer Schließung durch die UniCredit die Bank verstaatlichen? Dass die jetzige Bawag-Besitzerin Cerberus nun selbst in massive Probleme gerät zeigt auch die Absurdität der ÖGB-Linie, die die Bawag zwar an ein Spekulationsunternehmen verkauft hat, diese aber nach wie vor als ihre Hausbank sieht. Auch bei der Exportwirtschaft unterstützt der Staat und übernimmt somit die Risiken. Aber wer wird die Kredite, die sich der Staat seinerseits bei Banken aufnimmt zurückzahlen dürfen?! Das Gesamtbild ist: wir dürfen die Risiken und die Kosten tragen – sowohl für Unternehmen als auch für uns selbst. Die Gewinne streifen aber die Unternehmen ein und wenn wir unsere Privatkredite nicht zahlen können, dann haben wir Pech. Die – immer schon existierende – Ungerechtigkeit wird immer offensichtlich und immer weniger akzeptiert. 

Die Arbeitslosigkeit steigt

  1. Im Jänner und Februar 2008 war der Rückgang der Arbeitslosigkeit gegenüber 2007 noch recht deutlich. Zu diesem Zeitpunkt war der schwache Aufschwung noch spürbar. Das ist vorbei – nun beginnen die Arbeitslosenzahlen wieder zu steigen. Im November waren bereits offiziell 225.590 Menschen arbeitslos gemeldet. – zählt man die in Schulungen befindlichen dazu, waren es gar 280.500.
  2. Allerdings war der Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen Anfang 2008 stark auf die weitere Zunahme von prekären Jobs zurück zu führen. Jetzt verschwinden durch Betriebsschließungen und Kündigungen weitere hochwertigeren Jobs in der Industrie und im Gewerbe. Es steigt also nicht nur die Arbeitslosigkeit, auch ein Austausch zwischen besseren und schlechtern (prekären) Jobs findet statt. Ein Teil des Stellenabbaus in Betrieben passiert über die Reduktion von Leiharbeitskräften, was kaum öffentlich war genommen wird und die Arbeitslosigkeit weiter erhöht. In der Steiermark ist bereits die Hälfte der LeiharbeiterInnen ohne Job. Ende November sind bereits 25.000 Menschen von Kurzarbeit betroffen – das ist eine ver-dreissigfachung (x30) im Vergleich zum letzten Jahr. Mit Jahresende werden über 1 Million Menschen nur mehr Teilzeit beschäftigt sein, in erster Linie Frauen. Auch unter Jugendlichen und älteren Arbeitslosen steigt die Arbeitslosigkeit überproportional. Nur ein Drittel glaubt, dass der eigene Arbeitsplatz bzw. der von Bekannten nicht gefährdet ist.
  3. Dabei handelt es sich um „offizielle“ Zahlen. Die reale Arbeitslosigkeit umfasst auch SozialhilfeempfängerInnen (es gibt immer mehr Menschen die Sozialhilfebeziehen weil sie, aus dem AMS System fallen), Frauen die sich nach der Karenz nicht mehr arbeitslos melden, bzw. Jugendliche die nach der Schule oder einer Ausbildung nicht zum AMS gehen weil sie keinen Anspruch auf Unterstützung haben.
  4. Die Krise der Automobilindustrie schlägt bereits voll auf Österreich, davon sind hundertausende Menschen betroffen! Durch die Rückgänge im Bausektor  wird es zu einem Rückgang bei der Nachfrage nach Stahl kommen. Die Voest hat bereits Stellenabbau angekündigt.
  5. Auch die Prognosen für die Arbeitslosenzahlen werden laufend nach oben revidiert. Eine WIFO-Prognose geht von einem Anstieg auf 5,8% im Jahr 200 und auf 8,5% für 2011 aus - was den höchsten Wert sein 1953 darstellen würde. Mehr als 300.000 Menschen sollen nach diversen Berechnungen künftig von Arbeitslosigkeit betroffen sein – wir halten das für eine Beschönigung, sollte es nicht massiven Widerstand geben. Leider ist der ÖGB bisher v.a. durch Schweigen aufgefallen. Wo das Unternehmen die Krise als Grund für Personalabbau anführt, akzeptiert die Gewerkschaft diese Logik offensichtlich. Die einzige Forderung ist dann logisch auch ein „nationaler Aktionsplan“, für das AMS soll es „mehr Geld und Personal“ geben. Die Gewerkschaft organisiert keine Proteste oder Aktionen (mit Ausnahme von Post und Telekom) gegen den Stellenabbau, die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn (statt z.b. Kurzarbeit) um die Jobs zu retten ist beim ÖGB nicht existent.
  6. Notwendig wäre eine entschlossene und kämpferische Kampagne des ÖGB, mit Informationsveranstaltungen in den Betrieben, mit Betriebsversammlungen, Kundgebungen und wo notwendig auch mit Streiks und Betriebsbesetzungen um Schließungen zu verhindern. Die zentralen Forderungen müssen ein Mindestlohn, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und die Sicherung jedes Arbeitsplatzes sein. Wenn Unternehmen diesen Forderungen nicht nachkommen dann müssen die Unternehmen von der öffentlichen Hand und den Beschäftigten übernommen und demokratisch selbst verwaltet werden.

Wir sollen für ihre Krise zahlen

  1. Weltweit versuchen die Regierungen, die Herrschenden, auf die Krise zu reagieren. Es werden Hilfspakete geschnürt und Konjunkturpakete verabschiedet. Angesichts der offensichtlichen Schieflage und der Angst vor den politischen Konsequenzen beinhalten diese Maßnahmen auch solche, die vorübergehend positive Effekte für Teile der ArbeitnehmerInnen haben können. Aber sie können die Krise bestenfalls verzögern bzw. Spitzen nehmen, diese aber nicht verhindern. Und sie bringen massive Verschuldung, die künftige Angriffe vorbereiten.
  2. Die „soziale“ Rhetorik der SPÖ, oder eigentlich aller Parteien, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pläne für weitere Angriffe auf unseren Lebensstandard bereits geschmiedet werden. Die neue Regierung braucht viel Geld. Zum einen für die Finanzspritzen an die Banken, zum anderen für die steigenden Ausgaben beim AMS, bei den Pensionen und für das Gesundheitssystem. Auch wenn mittels Konjunkturpaketen und Steuerreform die eine oder andere Maßnahme gesetzt werden wird, von der auch die arbeitende Bevölkerung und ihre Familien profitieren, so wird doch unterm Strich der Lebensstandard weiter sinken. Bemerkenswert auch, dass die Milliardenhilfen für die Banken fix sind, während Maßnahmen für die unteren Einkommensschichten im Regierungsprogramm mit * markiert sind – was soviel heißt wie dass sie nur eingeführt werden, wenn sie finanzierbar sind. Und das ist aus Sicht der Regierung wohl fraglich…
  3. Aber woher wird das Geld kommen, das die Regierung für diverse Maßnahmen plant. ZZt geht der Trend international in Richtung einer höheren Staatsverschuldung. Hinzu kommt noch die Ohrfeige die SPÖ und ÖVP bei den letzten Wahlen kassiert haben und dass 2009 einige Landtagswahlen zu schlagen sind. Sie riskieren daher im Moment lieber ein höheres Budgetdefizit als sich mit einem umfassenden neuen Sparpaket extrem unbeliebt zumachen. Gerade die ÖVP hat im Wahlkampf erfahren müssen, dass die Sparpropaganda der Vergangenheit  bei der Bevölkerung nicht mehr ankommt. Aber beides wird die Krise nicht verhindern, sondern bestenfalls hinauszögern und einige Schärfen nehmen. Die Probleme werden damit aber weitergegeben, denn die erhöhte Staatsverschuldung muss ebenfalls zurückgezahlt werden, durch höhere Steuern, weniger Sozialabgaben und/oder einer künftigen hohen Inflation die unsere Löhne und unser Erspartes auffrisst. 
  4. Zum momentanen Zeitpunkt ist noch offen, wann die Angriffe in vollem Umfang beginnen werden, aber dass sie kommen, ist klar. Die Privatisierung der AUA und der geplante Stellenabbau bei Post und Telekom zeigen, dass es keine Trendwende bei der Regierung gibt. Ein mögliches Szenario ist, dass Angriffe mit „Verbesserungen“ gekoppelt sind, bzw. sich „Verbesserungen“ als trojanische Pferde entpuppen werden, die Verschlechterungen beinhalten. Gerade unter dem Titel „Strukturreformen“ können verschiedenste Verschlechterungen umgesetzt werden.
  5. Schon jetzt sind die Krankenkassen schwer verschuldet, durch die Betriebschließungen und die steigende Arbeitslosigkeit werden die Einnahmen für die Krankenkassen weiter zurückgehen. Es ist anzunehmen, dass eine „Rettung“ der Kassen vor der Zahlungsunfähigkeit Ende 2008 mit Forderungen in bezug auf „interne Reformen“ (= Personalabbau und Leistungsabbau) verbunden werden wird. Ohne eine Gegenwehr durch Gewerkschaften und ArbeiterInnenorganisationen besteht die Gefahr einer massive Verschlechterungen im Gesundheitswesen, höhere Beiträge und Selbstbehalte. Die Sozialpartner haben schon Anfang 2008 deutlich gemacht, dass sie für Verschlechterungen bei den Beschäftigten und bei den PatientInnen durchaus zu haben sind. Nun ist der ehemalige ÖGB-Chef Hundstorfer Sozialminister – und hat Gewerkschaftsforderungen bereits zurückgewiesen und betont, dass er zum Regierungsprogramm steht. Wenn der Schwenk so Reibungslos geht, sagt das auch einiges über die politische Positionierung der ÖGB-Führung aus! Auch der neue Gesundheitsminister aus dem Bereich der Krankenkassen wird hier keinen grundsätzlich anderen Kurs fahren. Die Frage ist daher, wie stark der Widerstand aus den Reihen der Betroffenen – PatientInnen und Beschäftigte – sein wird und wie stark der Druck auf die jeweiligen Gewerkschaften.
  6. In bezug auf Pensionen ist man zwar von einer Pensionsautomatik vorerst abgerückt, weitere Kürzungen sind aber trotzdem angedacht. IHS-Chef Felderer forderte am 21.10. „entschlossene Maßnahmen“ von einer neuen Bundesregierung. Kritisiert wurde vom IHS Chef vor allem das Pensionsantrittsalter und die Invaliditätspension. Das IHS wird in einer künftigen Arbeitsgruppe der Regierung zum Thema vertreten sein und entsprechende „Reformvorschläge“ wohl auch einbringen.
  7. Die Krise lässt die Arbeitslosigkeit steigen und gleichzeitig sinken die Einnahmen des AMS. Auch wenn zzt noch erklärt wird, die Kassen des WMS wären für „aktive Arbeitsmarktpolitik“ gefüllt, so wird dieses Geld, insbesondere wenn die Krise länger dauert, rasch aufgebraucht sein. Der neue ÖVP-Klubchef Karl Heinz Kopf forderte im Zuge der Regierungsverhandlungen strengere Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose. Auch wenn dass nicht im Regierungsübereinkommen steht zeigt es doch, aus welcher Richtung der Wind weht. Die Tatsache, dass die Reallöhne kurzfristig aufgrund der sinkenden Inflation steigen können, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass diese „Steigerung“ die Verluste der letzten Jahre nicht wettmachen kann. Von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung gibt es außerdem bereits Forderungen nach Lohnverzicht zur „Krisenbewältigung“ und nach Aufweichung von Kündigungsschutz sowie nach Erleichterung von Kurzarbeit etc. Die Krise wird von Unternehmensseite genutzt, um lange geplante Verschlechterungen für die Beschäftigten mit Unterstützung der Regierung durchzubringen.
  8. Sowohl Konjunkturpakete als auch Steuerreform sind v.a. Hilfe für Unternehmen und besser Verdienende. Menschen mit niedrigem Einkommen profitieren z.b. gar nicht von der Steuerreform. Selbst die EU fordert bereits die Senkung der Mehrwertssteuer – die Regierung aber winkt ab. Wir begrüßen die Senkung der Lohnsteuer für mittlere Einkommen, weisen aber darauf hin, dass sie die Verschlechterungen der letzten Jahre nicht wettmachen können. Auch bei den Konjunkturpakten ist fraglich, inwiefern sie tatsächlich Jobs sichern werden – Investitionen werden gerade in Zeiten der Krise oft mit dem Ziel getätigt, die Arbeitskosten zu senken – also Personal abzubauen.

Neoliberale Dogmen sind gebrochen

  1. Durch die Krise ist der Neoliberalismus ideologisch in der Defensive. Viele Menschen sehen heute dass Sprüche wie „Mehr privat, weniger Staat“ und „geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ falsch und in erster Linie Propaganda waren. In einer IMAS-Umfrage machen 31 Prozent das Versagen des marktwirtschaftlichen Systems für die Krise verantwortliche. Nur 12 % sind für Privatisierungen, aber 27% für eine Widerverstaatlichung von Kernbereichen. Und nur 17% halten die Stützung der österreichischen Banken für eine wichtige Aufgabe der neuen Regierung. Die Stimmung hat sich hier offensichtlich stark verändert.
  2. Viele Menschen fragen sich zu Recht wie auf einmal ein 100 Milliarden Paket für die Banken möglich ist, wenn vorher angeblich kein Geld für das Sozialsystem da war. So gut wie alle Banken haben in der Vergangenheit große Gewinne gemacht, hohe Dividenden und ManagerInnengehälter ausbezahlt – aber wo ist dieses Geld geblieben?
  3. Die Erste Bank, die satte Gewinne schreibt und deren Chef Treichl Spitzengagen kassiert, bekommt 2,7 Milliarden Euro. Woher kommt dieses Geld, wenn es jahrelang angeblich nicht möglich war, die Studiengebühren abzuschaffen, die dem Budget gerade mal 140 Millionen brachten? Dass eine bekannte Großbank Geld vom Staat „braucht“ und bekommt verstärkt bei vielen das Gefühl, dass „die da oben“ sich bedienen. Und dabei geht es z.b. bei der Ersten Bank keinesfalls um die „Rettung“ der Bank, sondern um die Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis um das künftige internationale Spekulieren auf den Finanzmärkten für sie zu erleichtern!
  4. Betriebe (bzw. die Vorstände) wie Siemens, OMV, Magna etc. genehmigten sich sehr hohe Dividenden bzw. entnehmen hohe Gewinne (wenn es keine Aktiengesellschaften sind) während die Lohn- und Gehaltserhöhungen extrem niedrig blieben. Viele ArbeitnehmerInnen und BetriebsräteInnen wissen, dass mit diesem Geld spekuliert wird: „Sie haben das verspielt was eigentlich uns zugestanden wäre“.
  5. Diese Stimmung drückt sich bei den laufenden und kommenden Lohnverhandlungen aus. Die Beschäftigten wollen ordentliche Erhöhungen um die Verluste der letzten Jahre irgendwie abzudecken, weil bewusst ist, dass die Unternehmen teilweise sehr hohe Gewinne gemacht haben und wohl auch aus der Gewissheit, dass es nächstes Jahr viel schwieriger wird. Die Gewerkschaftsführung steht offensichtlich unter einem gewissen Druck. So wurde z.b. bei der großen BetriebsrätInnenkonferenz der Metaller in St. Pölten gerade von BetriebsrätInnen aus der Automobilindustrie ein hoher Abschluss gefordert – obwohl dieser Bereich stark von der Krise betroffen ist. Dies zeigt, dass viele BetriebsrätInnen und ArbeitnehmerInnen nicht bereit sind, für die Finanz und Wirtschaftskrise zu zahlen.
  6. Die bisher erreichten Abschlüsse bleiben aber sowohl hinter dem Notwendigen, als auch dem Möglichen weit zurück. Wieder ist die Gewerkschaftsführung auf halbem Weg stehen geblieben und hat sich in weiten Teilen den Unternehmerargumenten angeschlossen bzw. gebeugt. Die Forderung nach + 8 %, die auf Vorschlag der SLP von der LINKEN aufgestellt wurde, fiel durchaus auf positive Unterstützung. Das zeigt, dass mit einer anderen Gewerkschaftsführung viele ArbeitnehmerInnen bereit wären, für höhere Abschlüsse zu kämpfen. Die relativ schwachen Abschlüsse machen auch eines deutlich: Es fehlt an einer klassenkämpferischen Opposition in- und außerhalb des ÖGB. Dabei geht es nicht nur um den Willen zum Kämpfen, es geht auch um ein sozialistisches Programm, das mit der kapitalistischen Logik bricht. Der Kampfwille vieler MetallerInnen z.b. war da und die Enttäuschung über den Abschluss wird groß sein. Aber in vielen Betrieben regiert auch die Angst vor der Krise (z.b. Automobilzulieferer). Ohne glaubhafte antikapitalistische Alternative sind auch in Zukunft kampfwillige Belegschaften der kapitalistischen Logik überlassen.

Woher wird der Widerstand kommen?

  1. In den 1990er Jahren begann der Protest gegen kapitalistische Angriffe im Rahmen der „Anti-Globalisierungsbewegung“. Diese wurden durch den Widerstand gegen den Irakkrieg weiter politisiert. In den letzten Jahren gab es international eine Politisierung die sich u.a. in den verschiedenen linken Regierungen in Lateinamerika und ihre internationale Unterstützung ausdrückt. V.a. gab es in einer Reihe von Ländern wieder deutliche Lebenszeichen der ArbeiterInnenklasse in Form von Streiks und Generalstreiks. Diese zwei Teile der Gesellschaft – Jugendliche und die ArbeiterInnenklasse – werden in den künftigen Protesten eine zentrale Rolle spielen. Dies wird sich in- und außerhalb der Gewerkschaften und in neuen Jugendbewegungen abspielen – und weniger als in den 1990er Jahren in der sogenannten „Zivilgesellschaft“.
  2. ÖGB-Führung und SPÖ sind wieder stärker zusammen gerückt. Die Zahl der FSGlerInnen im Parlament hat - trotz Mandatsverlust der SPÖ - zugenommen. Hundstorfer ist sogar neuer Sozialminister (was mehr über die ÖGB-Führung als über die SPÖ aussagt). Dies bedeutet aber nicht, dass sich die SPÖ tatsächlich wieder Richtung „ArbeiterInnenpartei“ bewegt, da sich an ihrer realen Politik nichts ändert und sie auch nicht unter einem stärkeren Druck aus den Gewerkschaften steht. (Auch eine SPÖ-Minderheitsregierung hätte daher kein fundamental anderes Programm.) So sieht das Regierungsprogramm z.b. weiter Angriffe auf das ÖBB-Dienstrecht vor, selbst eine Privatisierung der ÖBB wird angedacht, der Streik der PostlerInnen abgelehnt. Der Einfluss geht nicht in Beide Richtungen – von SPÖ zu ÖGB und umgekehrt – sondern ist eher eine Einbahnstrasse.
  3. Eine Einbahnstrasse bei der sich die ÖGB-Führung in Ermangelung einer politischen Alternative in keynesianische Schein-Lösungen („Ankurbelungen der Kaufkraft“) und in echten politischen Vertretung von Gewerkschaftsinteressen perspektivlos der SPÖ anbiedert und unterwirft.
  4. Keynesianische Konzepte und Regulierungsideen a’ la ATTAC feiern eine wahre Renaissance. Viele erhoffen sich darin eine Lösung für die gegenwärtige Krise. Wir verstehen diese Hoffnungen und Illusionen, beides spiegelt den Wunsch nach einer gerechteren Wirtschaft durch stärkere staatliche Eingriffe wider. Viele, die jetzt noch Hoffnungen in diese Konzepte haben werden erst sehne müssen, dass die Versuche, den Kapitalismus „besser“ zu machen, nicht funktionieren werden da dass Problem nicht ein entfesselter Kapitalismus, sondern der Kapitalismus an sich ist. Wir unterstützen jede Maßnahme, die Verbesserungen für die ArbeiterInnenklasse bringt, wir weisen aber stets auf deren Beschränktheit und deren Folgekosten hin und erklären, dass wir für den Sturz des Kapitalismus und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft sind.
  5. Auch innerhalb der Gewerkschaften gibt es Debatten über das wie weiter – und das mit wem. Innerhalb der FSG selbst steigt der Druck, weil diese Einbahnstrasse auch von vielen GewerkschafterInnen war genommen wird.. So musste GPA-Katzian bei vielen FSG-Versammlungen versprechen, keinen Verschlechterungen zu zustimmen. Bei einer FSG- Tagung im September forderte er die FSG-BetriebsrätInnen auf im Falle des Falles Druck auf ihn zu machen damit „ich nicht umfalle“. Oder Dwora Stein erklärt, man dürfe keine „Beißhemmung“ gegen den neuen Sozialminister haben.
  6. Es gab auch FSGlerInnen die sich weigerten, SPÖ-Wahlkampf zu machen, darunter sogar FSG-Landesvorsitzende. Ein deutliches Zeichen für eine gewisse Stimmung innerhalb der FSG. Die SPÖ ist heute eine bürgerliche Partei. Die FSG als wichtigster Teil des ÖGB und als Teilorganisation der SPÖ, steht unter starken Druck ihrer Mitglieder. Viele GewerkschafterInnen wollen eine eigenständige Politik gegenüber der SPÖ ohne die FSG verlassen zu wollen. Auch jene, die sich jetzt doch noch einmal etwas von einem SPÖ-Kanzler erwarten, werden rasch enttäuscht werden. Es wäre falsch, die FSG der SPÖ zu überlassen. Vielmehr geht es darum, für die Unabhängigkeit der FSG von der SPÖ zu kämpfen. Praktisch wird dies über Kämpfe von FSG’lerInnen gegen die SPÖ-Politik beginnen. Wir meinen, dass diese Kämpfe mit der Forderung verbunden werden müssen, dass sich die FSG nicht an eine Partei binden soll, die Politik gegen die ArbeitnehmerInnen betreibt. Die Durchsetzung einer kämpferischen Politik im ÖGB muss mit dem Aufbau einer Opposition in der FSG und einer stärkeren Trennung von SPÖ und FSG einhergehen. 
  7. Auch in den Betrieben und an der Gewerkschaftsbasis steigt der Druck. Sogar der ÖGB ist gezwungen, sich zeitweise kapitalismus-kritisch zu geben. Verhältnismäßig scharf werden freche Unternehmerforderungen zurückgewiesen. Durch diese widersprüchlichen Trends – stärkere Einbindung ins Establishment einerseits, Druck von unten für radikalere Politik andererseits – werden die Konflikte und Debatten innerhalb der Gewerkschaften zunehmen. Spannungen zwischen verschiedenen Führungsebenen, zwischen verschiedenen Teilen der Bürokratie werden deutlicher zutage treten.
  8. Aber die Gewerkschaftsführung ist nicht in der Lage, offensive Forderungen zu stellen oder auch nur entschieden Verschlechterungen zu bekämpfen. In Zeiten von Krisen können Gewerkschaften nur dann die Interessen der Beschäftigten wirklich vertreten, wenn sie bereit sind, die Systemfrage zu stellen. Weil Personalabbau und Kürzungen aus Sicht der Logik des Kapitalismus notwendig sind stößt jede echte Maßnahme dagegen rasch an die Systemgrenzen des Kapitalismus. Die in die kapitalistische Logik eingebettete Gewerkschaftsführung kann daher keine der so wichtigen Forderungen aufstellen, weil sie nicht bereit ist, den Kapitalismus an sich in Frage zu stellen.
  9. Da die Gewerkschaftsführung auch weiterhin nicht bereit sein wird, Kämpfe zu organisieren, gleichzeitig aber der Druck, sich zu wehren größer wird, kann es zu „kleineren“, regionalen bzw. betrieblichen Kämpfen kommen. Wir denken nicht, dass Krisen automatisch zu Kämpfen führen – aber dass die momentane Konstellation: Milliarden für die Reichen, Stellenabbau für uns – Widerstand provoziert. Einige Beispiele dafür gibt es bereits:
  10. Beim AUA-Bodenpersonal gab es eine Mobilisierung rund um die Gehaltsforderungen. Dem Management wurde Streikbereitschaft signalisiert. Schon vor der zweiten Betriebsversammlung lenkte das AUA-Management ein. Ein höherer Abschluss wäre bei weiteren Kampfmaßnahmen und z.B. bei einem gemeinsamen Kampf von AUA-Bodenpersonal und Bordpersonal möglich gewesen.
  11. Im IT- Bereich gab es bereits eine große Versammlung von Beschäftigten. Diese wurde von der GPA-Spitze organisiert und war mit über 1200 TeilnehmerInnen ein Überraschungserfolg. Die GPA-Bürokratie wollte vor allem Kampfbereitschaft signalisieren und damit neue Mitglieder werben. Die hohe Teilnahme zeigt den Wunsch nach Aktivität und Widerstand. Mit einer kämpferischen Opposition in diesem Bereich wäre es möglich gewesen diese Versammlung zu nutzen, um den Worten auch Taten folgen zu lassen und die Gewerkschaftsführung effektiv unter Druck zu setzen, endlich etwas zu tun.
  12. Auch in anderen Bereichen kann es zu einer Reihe betrieblicher Aktionen kommen. Die große Demonstration der Siemens PSE-Beschäftigen im Oktober, die Ankündigungen von kleineren Aktionen im Sozialbereich, die Streikdrohung bzw. Warnstreiks bei Post&Telekom sind Zeichen in diese Richtung.
  13. Gerade die Post zeigt, dass die Gewerkschaftsführung offensichtlich unter Druck der Mitgliedschaft steht. Die KollegInnen sehen, dass die bisherige Stillhaltepolitik nichts gebracht hat. Die GPF-Führung war gezwungen, die Muskeln zu zeigen. Der Rückzug knapp vor Weihnachten wird aber in den eigenen Reihen zu berechtigtem Unmut führen. Viele GewerkschafterInnen wollen „was tun“, sind der Gewerkschaftsführung gegenüber zunehmend kritisch und sind offen für Vorschläge, wie die Angriffe zurückgeschlagen werden können. Demgegenüber steht eine Gewerkschaftsführung, der es reicht, nun “in die Planung der Sparmaßnahmen eingebunden“ zu sein. Auf der GPF-Homepage sind 96% für Kampfmaßnahmen gegen Postamtschließungen und Personalabbau. Das Management plant konkret den Abbau von 1000 Stellen und die Schließung von über 300 Postämtern 2009. Trotzdem erklärt die GPF-Führung den Weihnachtsfrieden und hofft auf gesetzliche Lösungen. Das bietet Sprengstoff innerhalb der GPF!
  14.  Es gibt bereits einzelne Belegschaften (oder wie bei der Glanzstoff, Teile der Belegschaften) die sich gegen Betriebsschließungen wehren. Siemens PSE ist ein Beispiel dafür. Durch die BAWAG- und ÖGB-Krise ist die Gewerkschaft nicht mehr der bleierne Deckel, der jede Bewegung bremsen kann. Teile der Gewerkschaftsbürokratie sind direkter dem Druck von Belegschaften ausgesetzt als die ÖGB-Spitze. So sind z.b. die Siemensangestellten ein wichtiger Finanzfaktor für die GPA - nicht zuletzt deshalb können sie Teile der Gewerkschaftsbürokratie in eine Auseinandersetzung zwingen.
  15. Der Radikalisierung und dem veränderten Bewusstsein einzelner Belegschaften stehen aber auch die Auswirkungen einer Wirtschaftskrise gegenüber. Wut über den Stellenabbau steht die Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes gegenüber. Kämpfe können aus Verzweiflung ausbrechen – aber auch aus Angst nicht geführt werden. KapitalistInnen oder Teile der Gewerkschaftsbürokratie können „die Krise“ als Argument verwenden um Betriebsschließungen, schlechte Lohnabschlüsse oder Kürzungen ohne Widerstand durchzudrücken. Die Angst vor einer längeren Periode der Arbeitslosigkeit und der sinkenden Einkommen kann viele ArbeiterInnen auch vom Kämpfen abhalten. Die fehlenden Erfahrungen großer Teile der österreichischen ArbeiterInnenschaft mit Kämpfen kann ebenfalls widersprüchliche Auswirkungen haben: sie kann Streiks bremsen, aus Angst vor dem Unbekannten, kann diese aber auch erleichtern, weil es noch kaum (negative) Erfahrungen mit diesem Kampfmittel gibt.
  16. Als SozialistInnen unterstützen wir Proteste in Betrieben und Gewerkschaften gegen Stellenabbau und andere Angriffe. Wir beteiligen uns am Aufbau von oppositionellen gewerkschaftlichen Strukturen – innerhalb des ÖGB, aber wenn notwendig auch außerhalb. Die momentanen ÖGB-Strukturen geben wenig Möglichkeiten für eine kämpferische Opposition. Hier hat die Krise auch zu keiner Demokratisierung geführt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Gewerkschaftsbürokratie – wie in anderen Ländern auch – im Zuge der Krise und ihrer Unfähigkeit und Unwilligkeit echte Antworten zu geben härter gegen KritikerInnen in den eigenen Reihen vorgeht.

Rechtsextremismus: Die Bedrohung wird größer

  1. Das Wahlergebnis der Nationalratswahlen war für viele Menschen ein Schock. Auch wenn es viele ProtestwählerInnen gegen die Politik der großen Koalition waren, so zeigen doch fast 30% für die extreme Rechte ein gefährliches Potential. Die FPÖ stellt hier zweifellos die Hauptgefahr dar – in Kärnten übernimmt das BZÖ diese Rolle – und hat die besseren Verbindungen in die gewaltbereite rechte Szene. Im Gegensatz zum Jahr 2000, als 26% für Haiders FPÖ monatelange Proteste hervorrief, bleibt der Unmut aber eher leise. Wir sehen es als unsere Aufgabe, jenen Menschen, die nicht nur betroffen sind, sondern etwas tun wollen gegen die Erstarkte rechte Gefahr, ein Angebot zur Zusammenarbeit zu machen.
  2. Solange es keine ernstzunehmende und starke linke Alternative gibt, ist weiteres Anwachsen des Rechtsextremismus zu befürchten. Unter den etablierten Parteien sind die rechtsextremen Parteien FPÖ und BZÖ scheinbar die einzigen, die „Antworten“ auf die Krise haben. Antworten allerdings, die die Spaltung der ArbeitnehmerInnen in „In-„ und AusländerInnen“ weiter verstärken würden und zumindest mittelfristig Verschlechterungen für beide bringen würden. Manche der von der FPÖ vorgeschlagenen Maßnahmen könnten kurzfristig für ÖsterreicherInnen eine Entlastung bedeuten. Aber sie würden die ArbeiterInnenbewegung weiter spalten und damit schwächen. Und damit die Grundlage für weitere Verschlechterungen für alle legen. Sowohl FPÖ als auch BZÖ stehen – trotz teilweise kapitalismuskritischer Rhetorik - fest auf dem Boden des Kapitalismus und folgen dessen Logik. Nur wegen des Fehlens einer starken antikapitalistischen Linken können sie von der kapitalismuskritischen Stimmung profitieren und sich als scheinbare Alternative verkaufen.
  3. SPÖ, ÖVP und Grüne tragen immer mehr zur Integration der FPÖ ins politische Establishment bei. Diese ist schon längst nicht mehr das rechte „Schmuddelkind“ als das sie eine Zeitlang galt. Wenn überhaupt, dann hat die FPÖ ein Interesse an nicht zuviel Integration, um ihre Oppositionsrolle weiterführen zu können. Die Integration führt auch zu einer Normalisierung ihrer rassistischen Inhalte. Die neue Regierung sieht weitere Verschärfungen für MigrantInnen und AsylwerberInnen vor – einen Konsens zwischen SPÖ-ÖVP-FPÖ-BZÖ z.B. gibt es auch gegen die jüngsten EU-Vorschläge Flüchtlinge nicht mehr in die (angeblich) sicheren Erstaufnahmeländer abzuschieben. Die rassistische Hetze der Wahlkampfe findet sich immer wieder kurz darauf in Gesetze gegossen wider.
  4. Das Haider Begräbnis und die Wahl von Martin Graf zum 3. Nationalratspräsidenten spiegeln diese Integration von FPÖ und BZÖ ins politische System wieder. Wo sie können, nützen FPÖ und BZÖ ihre Macht durchaus gezielt, um GegnerInnen einzuschüchtern. Erinnert sei an die Klagewelle von Haider gegen KritikerInnen. Auch die Vorgänge rund um den FC Hellas Kagran sind nur ein kleiner Vorgeschmack auf dass was uns bevorsteht. Die Forderung nach Auftritts- bzw. Sendeverbot für Stermann & Grissemann in Kärnten bzw. im ORF gibt die Richtung vor. Unterstützt von einem rechtsextremen Mob, gepusht von den bürgerlichen Medien gehen FunktionärInnen von FPÖ und BZÖ gegen KritikerInnen vor.
  5. Auch wenn die Zukunft des BZÖ nach Haiders Tot noch unklar ist, so ist doch eine weitere Stärkung des rechtsextremen Lagers insgesamt zu befürchten.
  6. Das führt auch dazu, dass die Bedrohung durch rechtsextreme Parteien wie BZÖ und FPÖ sowie durch Nazigruppen steigt. Im Windschatten des Wahlergebnisses gehen Nazigruppen in die Offensive. Verstärkt wird das gewachsene Selbstbewusstsein des rechten Lagers auch durch den Freispruch der BfJ–AktivistInnen in Oberösterreich. Der Freispruch in erster Instanz ist ein großer Sieg für die Neonaziszene. Geht das Urteil auch in zweiter Instanz durch scheint eine legale politische Operationsmöglichkeit für Gruppen wie den BfJ in Reichweite.
  7. Der vorläufige Freispruch zeigt – gerade weil es ein Geschworenengericht war – die Normalisierung rechtsextremer, rassistischer und teilweise auch neofaschistischer Ideen in der österreichischen Gesellschaft durch die etablierten Parteien in den letzten Jahren. Wer den Rassisten Haider zum Landesvater hochstilisiert braucht sich nicht wundern, wenn Rassismus „normal“ ist. Wer eine Vergangenheit in Nazi-Kreisen als „Jugendtorheiten abtut braucht sich nicht wundern, wenn Neonazi-Aktivitäten als „Dummen-Jungen-Aktionen“ gelten. Der vorläufige Freispruch zeigt aber auch einmal mehr, dass wir uns bei der antifaschistischen Arbeit nicht auf Polizei und Gerichte verlassen können, sondern dass rechtsextreme Aktivitäten nur durch eine starke, antifaschistische Mobilisierung gestoppt werden können.
  8. Von 2006 auf 2007 sind die rechtsextremen Taten – das muss sogar der Verfassungsschutz zugeben – um über 40% gestiegen. Seit einigen Wochen nehmen gewalttätige Übergriffe aus dem Nazi-Lager zu. In Salzburg, Braunau und Wien gab es Überfälle auf antifaschistische Aktivitäten. In Kärnten die versuchte Hackenkreuzschmiererei auf dem Haus einer slowenischen Partisanin. Im Internet grassieren Drohungen und auch Morddrohungen gegen AntifaschistInnen. Mit dem Mordversuch auf den Passauer Polizeipräsidenten hat die Gewalt aus der Neonazi-Szene eine neue besorgniserregende Qualität erreicht.  Auch wenn wir gegen das legale Agieren von Neonazigruppen sind, warnen wir doch davor zu glauben, dass ein Verbot solcher Gruppen alleine das Problem lösen würde. Hier braucht es in der nächsten Periode entschlossen Mobilisierungen aus der ArbeiterInnenbewegung, von Gewerkschaften und Jugendlichen.

Alternative aufbauen

  1. Die Stärkung des rechten Lagers ist aber kein Naturgesetz. Sie ist nur solange möglich, solange es keine starke linke Alternative gibt, die in Kämpfe eingreift und linke Antworten auf die real existierenden Probleme gibt. Gerade die starke Wahlunterstützung für die FPÖ unter Jugendlichen spiegelt die Perspektivlosigkeit, die Ablehnung des Establishments und die jahrelange Absenz einer linken Alternative wieder.
  2. Die neue Regierung legt die Basis für ein weiteres Erstarken des Rechtsextremismus – von dieser Seite ist nichts Gutes zu erwarten. Offen ist, wie lange die neue Regierung halten wird. Der Wunsch nach Stabilität im Angesicht der Krise hat der neuen (alten) Großen Koalition hohe Anfangs-Sympathiewerte gegeben. Angesichts der Wirtschaftskrise versucht sie sich als Regierung der nationalen Einheit zu präsentieren, die das „kleine Österreich“ gemeinsam gegen die große böse Welt da draußen schützt so gut es geht. Die Regierungsparteien brauchen außerdem zumindest für die kommenden Landtagswahlen jeweils ein gutes Image und ergehen sich daher zumindest unmittelbar in Harmonie. Die österreichische Wirtschaft braucht eine stabile Regierung, die die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen (Unterstützung für die Wirtschaft, Angriffe auf die ArbeitnehmerInnen) durchführen kann.
  3. Dem entgegen steht aber die Notwendigkeit auf Stimmenfang zu gehen und sich von unpopulären Maßnahmen zu distanzieren. Die Regierung ist daher – auch wenn scheinbar harmonischer – keineswegs stabil und obwohl es einen Trend zu bekanntem gibt ist nicht anzunehmen, dass sie die volle Periode von fünf Jahren bestehen wird.
  4. Der Wunsch nach Stabilität drückt sich auch in einer erstmals seit langem gewachsenen Unterstützung für die EU aus, von der man sich Stabilität im Lichte der internationalen Krise erhofft. Diese geänderte Stimmung wird z.b. auch in der Berichterstattung der Krone und der Propaganda der FPÖ deutlich, die beide zum Thema EU sehr verhalten sind. Während bei der Bevölkerung die Unterstützung zur EU zur Zeit eher wächst, könnte aus den Reihen der Wirtschaft die Unterstützung im Sinne von „das Hemd ist näher als die Hose“ die Notwendigkeit einer nationalstaatlichen Krisenpolitik (Millionengeschenke für die AUA, Kredite ohne Auflagen an die Banken, unterschiedliche Zinssätze etc.) abnehmen. Bei den kommenden EU-Wahlen ist es daher notwendig, mit einem klar anti-nationalistischen Programm, dass keine Illusionen in die EU schürt aufzutreten.
  5. Die Begeisterung für den Wahlsieg von Obama auch bei uns zeigt den Wunsch nach einer neuen Politik. Viele Menschen setzen Hoffnung in ihn in Richtung friedlichere, sozialere und antirassistischere Politik. Auch wenn diese Hoffnungen enttäuscht werden, zeigen sie doch eine allgemeine Stimmung.
  6. Auch in Österreich gibt es nicht nur die Notwendigkeit, sondern auch den Wunsch nach einer neuen Art von Politik – orientiert an den Bedürfnissen der Menschen – und einer neuen politischen Partei.
  7. Die SLP tritt seit langem für den Aufbau einer solchen neuen sozialistischen Partei ein. Daher haben wir uns auch am Wahlbündnis LINKE beteiligt. Auch wenn das Stimmenergebnis sehr niedrig war hat uns doch die Unterstützung und das Interesse für die Kandidatur gezeigt, dass die Zeit für eine neue linke Kraft grundsätzlich reif ist. Die zunehmende antikapitalistische Stimmung, die Bereitschaft, gegen die Angriffe aktiv zu werden, der Wunsch, der rechten Gefahr etwas entgegen zu stellen – dass sind Grundlagen für den Aufbau einer solchen neuen Kraft.
  8. Der Rechtsruck und die soziale Polarisierung setzten die Frage einer neuen linken Kraft sehr dringlich auf die Tagesordnung. Die Möglichkeiten für neue linke Formationen können sich sehr rasch entwickeln auch wen die SLP zur Zeit die einzige Kraft ist, die tatsächlich bereit ist, konkrete Schritte für diesen Aufbau zu setzen.. Die Kandidatur der LINKE war hier nur ein kleiner Vorgriff auf mögliche kommende Entwicklungen. Die SLP bringt sich in diesen Prozess als sozialistische, kämpferische Kraft ein. Wir wollen nicht nur ein sozialeres System mit weniger Finanzspekulation, wie ATTAC oder andere. Wir weisen darauf hin, dass eine solche Form von „besserem Kapitalismus“ nicht möglich ist. Wir treten für ein wirklich anderes System ein – eine internationale sozialistische Gesellschaft.