Liebe ist…

…. wenn ich meine Unabhängigkeit für dich aufgebe.
Lena G.

Schon als Kinder lernen wir, Mädchen ganz besonders, dass, neben der Ausbildung, die “große Liebe”, die zur Ehe führt, eines der großen Ziele im Leben ist. Im Idealfall stimmen Faktoren wie Freundschaft, finanzielle Augenhöhe, gemeinsame Interessen, sexuelle Anziehung sowie gemeinsame Lebensziele zweier Personen überein. Der/die Seelenverwandte! Im Kapitalismus, der Frauenunterdrückung braucht, ist das letztlich kaum möglich, das sehen wir auch an Gewalt in der Partnerschaft und einer Scheidungsrate um die 40% (Q: Statistik Austria).

Seit der Existenz einer herrschenden Klasse war die Ehe von wirtschaftlichen Interessen geprägt und auf Nachkommen ausgelegt. Freundschaft war von Vorteil, aber auch nicht sonderlich wichtig. Von romantischer Liebe ist erst ab dem Mittelalter die Rede, als im Minnesang Lust außerhalb der Ehe besungen wird. Freundschaft und Anziehung rücken erst mit der Epoche der Romantik um 1800 ins Licht. Dennoch entschied letztlich das Vermögen, ob geheiratet wurde oder nicht. Menschen ohne Besitz hatten noch bessere Chancen auf eine romantischere Ehe, da es wenig bis gar nichts zu vererben gab.

Die Liebe (Freundschaft und körperliche Anziehung) als Faktor für die Ehe ist letztlich ein relativ neues Konstrukt.

Dieses romantische Bild wurde auch nötiger, weil das “klassische” Bild des übergeordneten Ehemanns und der untergeordneten Ehefrau (das das Bild der herrschenden und arbeiteten Klasse reproduzierte) nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Also musste die Ausbeutung der weiblichen Arbeitskraft in Haushalt, Pflege und Kindererziehung nun “aus Liebe” geschehen. Bis zur Selbstaufgabe. Auch der Stalinismus bediente sich dieser Idee. Auch wenn mehr Frauen berufstätig waren, so hatten sie doch die Rolle der liebenden Mutter zu erfüllen, um Kinder als Arbeiter*innen oder auch Soldat*innen zu “produzieren”. Noch heute müssen zuerst Kinder und Haushalt gut funktionieren, auch wenn frau arbeiten muss (was oft als “Selbstverwirklichung” lächerlich gemacht wird). Ansonsten ist mit der Moralkeule zu rechnen.

 Mit der „Ehe für Alle“ wurde das traditionelle Bild auf homosexuelle Paare erweitert. Auch hier kommen Unterdrückungsmechanismen zum Einsatz. Bei einem schwulen Paar wird gern mal (hinter vorgehaltener Hand) gefragt, „Wer denn nun die Rolle der Mutter übernimmt.“. Aber was, wenn die Familie aus mehr Partner*innen besteht? Oder Kinderbetreuung und Haushalt auf mehr Personen aufgeteilt werden. Klingt gut, doch statt zu versuchen, romantische Inseln im kapitalistischen Meer zu schaffen, geht‘s darum, die Notwendigkeit der Rollenbilder zu beseitigen und Hausarbeit möglichst auszulagern und zu professionalisieren.

Was ist nun also Liebe abseits der Kapitalismus? Da letztlich niemand wissen kann, wie Liebe in einer sozialistischen Welt aussehen würde, hier ein Versuch: Liebe ist…. wenn wir, trotz ökonomischer Unabhängigkeit und ohne Machtgefälle, zusammenbleiben.

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