Kampf für Sozialismus

Einhundert Ausgaben des Magazins ‘Socialism Today’ der ‚Socialist Party’ – Schwesterpartei der Sozialistischen LinksPartei in Britannien (England und Wales)
Übersetzung aus Socialism Today, Issue 100

Als wir das Magazin ‘Socialism Today’ 1995 erstmals herausgaben, umrissen wir eine Anzahl von Schlüsseldebatten und Ideen, die wir als Hauptthemen in diesem Magazin entwickeln wollten (Welche Zukunft hat Sozialismus heute?)

Am Höhepunkt des internationalen kapitalistischen Triumphes, welcher dem Fall der Berliner Mauer folgte, kämpften wir vor allem gegen die - bedauerlicherweise auch innerhalb der Linken weithin akzeptierte Idee, dass eine geplante Wirtschaft nicht länger als Alternative zum kapitalistischen Markt betrachtet werden könnte. Verbunden damit bestand die, durch den Börsenboom der späten 1990er verstärkte Illusion, dass der Kapitalismus in der Lage wäre, Krisen zu vermeiden und andauerndes Wachstum sowie stets wachsenden Wohlstand zu erzeugen.

Wir betonten die schnelle Verbürgerlichung der traditionellen ArbeiterInnenparteien durch die kritiklosen pro-kapitalistischen Sichtweisen der Führungen und zeigten daher die Notwendigkeit einer neuen, politisch unabhängigen Vertretung der ArbeiterInnenklasse auf. Wiederholt betonten wir die entscheidende Rolle der ArbeiterInnenklasse im Kampf für gesellschaftliche Änderungen und bekräftigten immer wieder die Wichtigkeit, für ein anti-kapitalistisches Programm basierend auf marxistischen Ideen und der Perspektive für eine sozialistische Umwandlung der Gesellschaft zu kämpfen.

Als Magazin der Socialist Party (England and Wales) drückt unser Zugang die politischen Gedanken der Partei und des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (Committee for a Workers’ International - CWI) aus. Die Ereignisse seit der ersten Ausgabe von Socialism Today haben unserer Meinung nach die besondere Bedeutung der von uns aufgegriffenen Themen hervorgehoben und unsere Analyse bestätigt.

Als Anleitung für AktivistInnen haben wir versucht, die wichtigsten Ereignisse, sowohl in Britannien als auch International zu analysieren und zu kommentieren. Wir hatten auch eine Reihe historischer Artikel und befassten uns regelmäßig in der Rubrik „Global Warning“ mit der globalen Umweltkrise. Und da wir nicht von Politik alleine leben können, haben wir regelmäßig Artikel und Rezessionen über Literatur, Kunst, Film, Wissenschaft und andere kulturelle Themen geschrieben. Das gesamte Material ist seit der Ausgabe 31 auf unserer Website verfügbar, in kurzer Zeit werden wir einen vollständigen Index der Ausgaben 1 bis 100 produzieren.

http://www.socialismtoday.org

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WIE OFT SCHON haben bürgerliche Politiker den Marxismus für tot erklärt? Im Jänner, fünfzehn Jahre nach dem ‚Kollaps des Kommunismus’ und dem ‚Triumph des Kapitalismus’ hat das europäische Parlament eine Resolution verfasst, welche die ‚Verbrechen der totalitären kommunistischen Regime’ verurteilt (Guardian, 26.01.2006). Diese wurde von dem rechten, schwedischen Europa-Parlamentarier Göran Lindblad vorgeschlagen, der auch zu einer internationalen Konferenz zu diesem Thema aufrief und eine Veränderung der Schulbücher in ganz Europa dahingehend forderte, den Kommunismus als totalitären Zwilling des Faschismus darzustellen.

Diese ideologische Offensive ist kein ernst gemeinter Versuch, den Charakter der ehemaligen stalinistischen Regimes in der Sowjetunion und Osteuropa zu klären. Es ist nur ein weiterer Versuch, die Verbrechen des Stalinismus zu benutzen, um echten Kommunismus und Sozialismus zu diskreditieren.

Stalinismus war eine groteske Deformation des wirklichen Kommunismus. Unter Stalin wurde die ArbeiterInnenklasse sukzessive von einer privilegierten Bürokratie der Macht beraubt, Herrschaft wurde durch groteske, totalitäre Methoden ausgeübt. Diese entwickelte sich durch die Isolation der russischen Revolution in einem ökonomisch rückständigen Land. Trotz dieser Bürokratie konnte die geplante Wirtschaft die UdSSR in kurzer Zeit von einem unterentwickelten Land in einen modernen Industriestaat verwandeln. Letztendlich führte jedoch dieser bürokratische Würgegriff - Spiegelbild des vollständigen Fehlens von ArbeiterInnendemokratie – zu einem ökonomischen Zusammenbruch. Zweifellos wurde dadurch die generelle Idee der Planwirtschaft in Verruf gebracht, obwohl dieser Kollaps in Wirklichkeit nur eine Bankrotterklärung des Stalinismus aufzeigte. Gleichzeitig wurden echte marxistische Ideen durch die Geschichte der ‚Säuberungen’, der Arbeitslager und der Verfolgung jeder abweichender Meinung pervertiert und diskreditierte die Ideen des Kommunismus.

Es gibt immer noch Menschen innerhalb der Linken, die als Apologeten des Stalinismus agieren. Seamus Milne zum Beispiel, kommentierte die Lindblad Resolution und fragte zurecht, warum das Europäische Parlament keine Schritte unternehme, die blutige Geschichte der europäischen Kolonialismus du Imperialismus öffentlich aufzuarbeiten und zu verurteilen. Bezug nehmend auf die sozialen Errungenschaften, die von den ArbeiterInnen der ehemaligen Sowjetunion erreicht wurden, weicht Milne dem Thema der totalitären Unterdrückung unter dem Stalinismus und dem Fehlen von ArbeiterInnendemokratie aus. „Jede der wichtigsten politischen Traditionen“, meint er, „hat Blut an seinen Händen“. Bei Lesern könnten das durchaus den Eindruck erwecken, dass Milne die ehemaligen Sowjetunion als authentisches, wenn auch fehlerhaftes Model für Sozialismus betrachtet. SozialistInnen müssen den widersprüchlichen Charakter erklären, positive Aspekte (geplante Wirtschaft) ebenso wie negative (bürokratische Diktatur). Das ist eine grundlegender Teil unserer Aufgabe, den Boden für ein Revival echter marxistischer Ideen innerhalb der ArbeiterInnenklasse wiederaufzubereiten.

Zweifellos fürchten kapitalistische Führer die Stärkung anti-kapitalistischer und speziell sozialistischer Ideen, welche eine zunehmende Radikalisierung der ArbeiterInnenklasse als Antwort auf die neo-liberale Offensive reflektieren. Lindblad selbst enthüllte die wirkliche Motivation seiner Initiative. Es geht nicht nur darum, den Opfern des Kommunismus zu gedenken, sondern „kommunistische Nostalgie“ zu bekämpfen, die für öffentliche Eigentumsverhältnisse, Klassenkampf und „Elemente der kommunistischen Ideologie wie Gleichheit, soziale Gerechtigkeit [eintreten], die noch immer viele verhetzt“. Freilich, in der Vergangenheit standen selbst Sozialdemokraten für Gleichheit und soziale Gerechtigkeit. Im Jänner jedoch stimmten die europäischen ParlamentarierInnen 99 zu 42 (12 Enthaltungen) zugunsten einer brutalen Klassenbotschaft: Es gibt keine Alternative zum Kapitalismus und jeder Versuch, das System zu ändern  wird zu Gewalt und Totalitarismus führen.

Wenn sie sich so sicher über den Triumph des Kapitalsimus sind, warum sind sie dann gleichzeitig so besorgt über „kommunistische Nostalgie“? Ohne Zweifel liegt das an der zunehmenden Flut von Kämpfen breiter Massen der ArbeiterInnenklasse, die sich in Europa und weltweit gegen die Auswirkungen der entfesselten ‚freien Marktwirtschaft’ wehren. Außerdem gibt es eine wachsende Radikalisierung von Teilen der ArbeiterInnenklasse, von denen die politisch bewußtesten Teile die Ideen des Sozialismus als Alternative sehen. Das ist keine „Nostalgie“ sondern eine Suche nach einem Ausweg.

Die Alternative zum Kapitalismus?

ABER WAS IST die Alternative zum Kapitalismus? Der Zusammenbruch des Stalinismus – einer Karikatur des Sozialismus, aber historisch als einzige existierende Form gesehen – untergrub das Vertrauen in eine sozialistische Gesellschaftsveränderung, sogar unter den aktivsten, politisch bewusstesten ArbeiterInnen. Frankreich erlebt momentan eine Neuauflage der „Mai-Ereignisse“ 1968. Aber es gibt derzeit nicht dieselbe überwältigende ideologische Unterstützung für Sozialismus wie vor 36 Jahren. ArbeiterInnen, Jugendliche, StudentInnen wissen zweifellos, wogegen sie sind. Aber es gibt keine Klarheit, wofür sie kämpfen.

Ein entscheidender Faktor in dieser Krise des Klassenbewusstseins ist die Orientierungslosigkeit der meisten FührerInnen in der Linken, was zugegebener maßen auch marxistische Organisationen betrifft. Egal ob sie das Kind öffentlich beim Namen nennen oder nicht, in der Realität haben sich viele der Meinung gebeugt, dass es keine Alternative zum kapitalistischen Markt gäbe.

Diese Stimmung von ideologischem Pessimismus wurde unlängst von George Monbiot, einer prominenten Figur der Anti-Globalisierungs- und Anti-Kapitalistischen Bewegung ausgedrückt. Das Europäische Sozialforum (Paris, November 2003) - so kommentierte es Monbiot – repräsentiert ein bodenloses Loch von Unzufriedenheit (Rattling the bars, Guardian, 18 November 2003). „Jedes Mal, wenn jemand meinte, dass der Kapitalismus in all seinen Ausformungen gestürzt werden sollte, gab es Jubel von allen Seiten. Aber ist es das, was wir wirklich wollen? Und kann dieses andere System ohne gewaltsamer Unterdrückung aufgebaut werden?“

Gibt es ein Leben nach dem Kapitalismus? Monbiots Antwort ist eine weitere Liste von Fragen: Ist „Totalitarismus der einzige Weg, den Kapitalismus zu eliminieren? Wenn ja, und wenn, so wie fast alle von uns es erklären, wir den Totalitarismus verabscheuen, können wir uns dann noch Anti-Kapitalisten nennen? Wenn es keine humane und demokratische  Antwort auf die Frage gibt, wie eine Welt ohne Kapitalismus aussehen könnte, sollten wir dann nicht die Verfolgung von Einhörnern aufgeben und uns auf das Fangen und Zähmen des Biests konzentrieren, dessen Höhle wir bereits bewohnen?“

In anderen Worten: Nein – es gibt keine Alternative zum Kapitalismus.

Monbiot durchschaut in seiner Analyse nicht die Fassade des totalitären Models des Stalinismus. Er akzeptiert die Behauptung, dass sozialistische Revolutionen unvermeidlich in totalitäre Diktaturen müden, dass geplante Wirtschaft in der Praxis nicht funktioniert. Aber der ‚Stalinismus’, der ‚Sozialismus in einem Land’, entsprang der Isolation der Revolution in einem ökonomisch und kulturell rückständigen Land, in der die ArbeiterInnenklasse (obwohl 1917 der politisch entscheidende Faktor) eine Minderheit der Bevölkerung ausmachte.

Mangel an Ressourcen, fortgesetzte Knappheit an lebensnotwendigen Gütern (Wohnungen, Nahrung, Kleidung, etc) brachte eine neue soziale Differenzierung hervor, den Aufstieg einer privilegierten bürokratischen Kaste, welche die Macht in ihren Händen konzentrierte. Die nationalen Beschränkungen in der Planwirtschaft und die Misswirtschaft der Bürokratie begrenzte – und erwürgte letztendlich – die Weiterentwicklung von Technologie und Produktion. Die Tatsache jedoch, dass Planung im Stalinismus versagte, das bedeutet also unter speziellen historischen Bedingungen, beweist nicht, dass ökonomische Planung grundsätzlich unmöglich ist.

Weltweite Zeichen einer sozialen Krise und der Ausblick auf ökologische Katastrophen zeigen, dass der Kapitalismus die Gesellschaft längst nicht mehr weiterentwickeln kann. Technologie und Produktion entwickeln sich wegen der Vorherrschaft des Profitmotivs und der Anarchie des Marktes in eine völlig verzerrte Richtung. Trotzdem existieren Wissenschaft und Technologie, um die Wirtschaft international zu entwickeln und die wahren Bedürfnisse der Weltbevölkerung zu befriedigen. Aber das wird nur dann möglich sein, wenn diese in geplanter Produktion genutzt wird, die unter der demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnenklasse steht. Auf Basis eines internatonalen Plans der Produktion wäre es möglich, Riesensprünge in Richtung einer wirklich sozialen Gleichheit zu machen, den Lebensstandard der Menschen der unterentwickelten Länder dramatisch anzuheben und den Schutz natürlicher Ressourcen zu gewährleisten. Zweifellos wird es aber auch ein faules Vermächtnis kapitalistischer Probleme geben, die noch zu lösen sind.

  

Warum sollte die Elimination des Kapitalismus eine totalitäre Form annehmen, so wie Monbiot es annimmt? Tatsache ist, dass eine echte sozialistische Änderung nur mit Unterstützung des überwiegenden Teils der Bevölkerung umgesetzt werden kann. Die Massen der internationalen ArbeiterInnenklasse, konzentriert in den entwickelten und teilweise in den halb-entwickelten kapitalistischen Ländern, befinden sich heute auf einem höheren ökonomischen und kulturellen Level als die russische ArbeiterInnenklasse 1917. Sie haben ein entscheidendes soziales Gewicht und haben Erfahrungen mit politischer Demokratie und Massengewerkschaften. Mit anderen Worten besitzen sie die Kapazität, eine demokratische Transformation der Gesellschaft und eine demokratische Leitung eines sozialistischen Staats zu garantieren.

Aber, argumentiert Monbiot, “solange die Anreize für Betrügereien existieren (und die wird es immer geben), kann keine unserer Alternativen allgemein ohne Totalitarismus umgesetzt werden“. Das ist eine Variante des ‚menschlichen Natur’ – Einwands gegen Sozialismus: ‚Menschen sind selbstsüchtig und gierig’. Als ob das egoistische Streben nach Eigennutz nicht über Generationen durch den Kapitalismus erzeugt worden wäre, welcher seine Grundlage auf der Ausbeutung der Arbeitskraft und der Akkumulation von Reichtum einer Minderheit hat, in anderen Worten ein System basierend auf der Gier nach Profit. Es scheint, dass Monbiot sich kein soziales System vorstellen kann, das auf einem höheren Level als der Kapitalismus funktioniert und stetig Mängel eliminiert (Armut auslöscht und Ungleichheit überwindet). Eine sozialistisch geplante Wirtschaft, geführt unter ArbeiterInnendemokratie, könnte die Basis für soziale Kooperation und menschliche Solidarität auf einem internationalen Level legen.

Was ist Monbiots Antwort auf den Kapitalismus? Wiederum wirft er nur eine Reihe weiterer Fragen auf. „Wie gefährden wir die Macht? Wie erobern wir den politischen Prozess der uns bisher ausgeschlossen hat? Wir haben bis jetzt noch nicht alle Antworten ...“ Dennoch weist Monbiot selbst darauf hin, dass „Demokratie überall so aussieht, als ob sie durch eine Neutronenbombe getroffen worden wäre. Ihre Strukturen – die Parlamente und ihre Ausschüsse, die Wahlen und Referenden – sind intakt, aber das Leben innerhalb dieser ist tot.“ Regierungsparteien und ihre oppositionellen Rivalen bieten keine wirkliche Wahl, es gibt keine Diskussion über „die Art der Wirtschaft, die wir wollen“ oder staatliche Verantwortung für soziale Unterstützung. Seine Erklärung ist, dass die ‚wirklichen Entscheidungen’ auf kontinentalem Level getätigt werden, in Brüssel, dem Weißen Haus und in Konzernetagen, und „an die nationalen Regierungen zur Umsetzung weitergegeben werden“.

Soweit ist das natürlich korrekt. Aber Monbiot scheut sich vor einer klaren Klassenanalyse. Die wirklichen Entscheidungen werden – und wurden immer – von der kapitalistischen Klasse auf nationalen und internationalen Ebenen getroffen (wobei die größten imperialistischen Kräfte die Politik dominieren). Der Unterschied heute, unter der Herrschaft der Globalisierung (im Unterschied zur Periode des ökonomischen Aufschwungs 1950-73) liegt darin, dass die kapitalistische Klasse eine Offensive gestartet hat, um die weltweite Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse zu intensivieren. Die Befolgung dieser Politik wird nationalen Regierungen über die Auferlegung neo-liberaler Maßnahmen aufgezwungen. Es ist die Diktatur des sogenannten, von gigantischen Banken und transnationalen Konzernen beherrschten ‚freien Marktes’. Deshalb wurde die parlamentarische Ebene zu einer hohle Schale, korrumpiert vom mächtigen Kapital und brutal manipuliert von den Big-Buisness-Medienkonzernen.

Rasseln an den Gittern?

WORIN LIEGT MONBIOTS Antwort? “Wir müssen uns selbst fragen”, schlägt er vor, “was wir machen können, um die parlamentarische Politik neu zu besiedeln und wiederzubeleben“. “Unsere Aufgabe ist es, Mittel zu finden um an den Gittern unserer eingezäunten und korrupten Parlamente zu rasseln ohne ihrer Einzäunung und Korruption zu unterliegen.“

Wenn es bedeutet, für die unabhängige Vertretung der ArbeiterInnenklasse durch den Aufbau neuer ArbeiterInnenparteien zu kämpfen, sind wir sind nicht gegen das Rasseln an den Gittern. Aber unser Ziel muss darin liegen, für die Interessen der ArbeiterInnenklasse zu kämpfen, parlamentarische und außer-parlamentarische Massenkampagnen zu kombinieren und darum zu kämpfen, die Lebensbedingungen und demokratischen Rechte von ArbeiterInnen zu verteidigen. Das betrifft auch die Benutzung des Parlaments und von Parlamentswahlen als Plattformen für anti-kapitalistische und sozialistische Politik, um gleichzeitig die Hohlheit und Korruption dieser Institutionen aufzuzeigen.

Die Verteidigung von Errungenschaften der Vergangenheit und der Kampf für neue Verbesserungen muss von SozialistInnen mit der Notwendigkeit der Abschaffung des Kapitalismus und der sozialistischen Gesellschaftsveränderung verbunden werden. Das würde sicher an den Gitterstäben bürgerlicher Institutionen rütteln. Aber es hat nichts gemein mit der vergeblichen Suche nach einem mythischen Einhorn – der Phantasie einer Neubelebung der parlamentarischen Demokratie auf Basis des Kapitalismus.

Obwohl er sie nicht klar ausspricht, ist Monbiots Strategie die Zähmung des Kapitalismus durch eine Erneuerung der bürgerlichen Demokratie. Diese Idee einer ‚demokratischen Revolution’ ist die Position vieler Linker, die früher eine Art sozialistisches Programm unterstützten, sich aber seit dem Fall der Berliner Mauer zurückgezogen und den Sozialismus aufgegeben haben.

In der Realität kann die Demokratie nur durch den Kampf der ArbeiterInnenklasse gegen den Kapitalismus und für die Verteidigung von politischen, gewerkschaftlichen und zivilen Rechten wiederbelebt werden. Diese werden innerhalb des Rahmens der parlamentarischen Demokratie mehr und mehr erodiert, besonders seit den Attacken des 11.September 2001, welche der herrschenden Klasse einen politischen Vorwand für die enorme und beliebige Verstärkung des staatlichen Gewaltmonopols lieferten.

In einer Passage bezieht sich Monbiot auf die parlamentarische Politik als „ein System, für das unsere Vorfahren soviel geblutet haben“. Aber historisch war es immer die ArbeiterInneklasse, die in erstaunlicher Weise ihre Kräfte aufgeboten hat, um gegen die Bourgeoisie demokratische Rechte zu erkämpfen – es waren ArbeiterInnen, die in diesen Kämpfen die größten Opfer gebracht haben.

Nur die ArbeiterInnenklasse kann die Erhaltung demokratischer Rechte garantieren. Letztendlich hängt die Vertiefung der Demokratie durch eine gesellschaftliche Kontrolle von der Basis und der Ausbau ökonomischer Rechte (betr. Arbeit, Mindesteinkommen, adäquates Wohnen, Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und soziale Absicherung) von der Schaffung einer neuen sozialen Ordnung ab, einer sozialistischen Gesellschaft die auf Basis von ArbeiterInnendemokratie funktioniert. Es ist ein krisen-geschütteltes, zunehmend militarisiertes, kapitalistisches System welches die wirkliche Bedrohung durch autoritäre Staatsrepression darstellt, und nicht Sozialismus, wie Monbiot meint.

Seinem Ansatz (die demokratische Zähmung des Kapitalismus) ist vollkommen von der Klassendimension entleert. Die, in den 1990ern aufgekommene anti-kapitalistische Bewegung drückt die wachsende Radikalisierung von StudentInnen, Jugendlichen und Teilen der ArbeiterInnenklasse aus. Die letzten Jahre haben jedoch auch Wellen von Massenkämpfen der ArbeiterInnenklasse auf jedem Kontinent gegen die Macht der Konzerne und die neo-liberale Politik gezeigt. Diese Kämpfe reflektieren den unversöhnlichen Konflikt zwischen der ArbeiterInnenklasse und der herrschenden kapitalistischen Elite.

Die Schlüsselfrage für die kommende Periode ist, welche Ideen und welches Programm diese Kämpfe führen wird. Aus unserer Sicht kann nur ein sozialistisches Programm und die Ideen des Marxismus eine verlässliche Anleitung für Kämpfe und eine brauchbare Alternative zum Kapitalismus bieten. Obwohl Monbiot zweifelsohne passioniert an ‚eine bessere Welt’ glaubt, bietet er keinen Plan um uns dorthin zu führen.

Das Darlegen und Erklären der ideologischen Untermauerung im Kampf, die Gesellschaft zu ändern, bleibt die vorrangige Aufgabe für Socialism Today.