Gewerkschaftsfusion von GPA und GMT

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Michael Gehmacher

Mit der Fusion von GPA (Angestellte) und GMT (Metall und Textil) ist der Gewerkschaftsführung eine innenpolitische Sensation gelungen. Nicht nur Politik & Medien wurden überrascht. Auch die betroffenen Mitglieder werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Es stellt sich die Frage, was davon zu halten ist.
Mit der Fusion entsteht ein neuer Riesenblock im ÖGB mit über 500.000 Mitgliedern. Es kommt zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse zu Ungunsten der „kleineren“ Fachgewerkschaften. Die innergewerkschaftliche Demokratie scheint sich aufgrund der Vorgehensweise auch nicht verbessert zu haben.

Welche Konsequenzen?

In einer Aussendung an alle BetriebsrätInnen von GPA und GMT heißt es, dass die Gewerkschaft jetzt stärker “gegen Unternehmer, Regierung und Neoliberalismus” auftreten könne. Argumentiert wird das mit der größeren Mitgliederstärke. Zweifellos kann das z.B. bei KV-Verhandlungen von Bedeutung sein. Jedoch resultiert die tatsächliche Stärke einer Gewerkschaft aus ihrer Politik; ob sie zu Konflikten bereit ist und sich nicht auf „Verhandeln und Vermitteln“ beschränkt.
Auch der Handelangestellten-KV hat bessere Chancen, wenn möglichst viele Beschäftigte aus diesem Bereich organisiert sind. Egal, ob in der GPA oder einer anderen Fachgewerkschaft. Die Solidarität zwischen den Bereichen, sollte durch den ÖGB gegeben sein – dazu braucht es keine „Mega-Fachgewerkschaften“!

Aktivität statt Service!

Im Kampf gegen den Neoliberalismus und die Angriffe der Regierung wird es mehr brauchen: Nämlichen einen stärkeren ÖGB, mit mehr Mitgliedern, mehr Aktivitäten und Kampfmaßnahmen. Nur eine Gewerkschaft, die ihre Mitglieder einbindet und politische Ziele, wie etwa eine Arbeitszeitverkürzung als Antwort auf die steigende Arbeitslosigkeit, umsetzt, kann den Beschäftigten eine Perspektive anbieten.
Obwohl die Sozialpartnerschaft längst von den Unternehmern aufgekündigt wurde, halten die  GPA/GMT-Spitzen daran fest. Die Frage, wie die Attraktivität der Gewerkschaft verbessert werden kann, wird so beantwortet: „Wir können jetzt ein besseres Service für die Mitglieder bieten”. Also weiter Mitgliederverwaltung statt konkreter Einbindung der Basis.

Beispiel Deutschland

In Deutschland hat die Fusion von ÖTV, DAG, HBV und anderen zur Mega-Gewerkschaft „Ver.di“ gezeigt, dass „mehr Service“ meistens „weniger Politik“ bedeutet. Um mehr Gewerkschaftsangestellte mit „Service“ beschäftigen zu können, werden Kampagnen und Basisstrukturen reduziert. Also dort, wo „ehrenamtliche“ GewerkschaftsaktivistInnen zumindest noch formal ein Mitspracherecht hatten.
Durch Megafusionen wie in der BRD und jetzt auch in Österreich (z.B. Eisenbahner, Gemeindebediensteten, Transportarbeiter), werden die bürokratisch-zentralistischen Kräfte in der Gewerkschaft gestärkt. Bei „Ver.di“ werden heute Mitbestimmungsrechte mit dem Argument „wir brauchen effiziente Strukturen“ eingeschränkt. Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei uns zu erwarten. Am Ende werden „Service- organisationen“ stehen, die sich der Sozialpartnerschaft verpflichtet fühlen, und von einer kämpferischen Interessensvertretung noch weiter entfernt sind, als die heutigen Gewerkschaften.
„Wir wollen die Trennung von ArbeiterInnen und Angestellten in einem Betrieb aufheben“ ist ein Argument. Im Industriebereich hätte man/frau nur die ehemalige „Sektion Industrie in der GPA“ in die MBE (jetzt GMT) integrieren müssen. Die Einheit im Betrieb wird also durch diese Fusion nur bedingt erreicht. Warum geht eine Handelsangestellte in eine Gewerkschaft mit Textilarbeitern, während ihr Kollege, der als Arbeiter im Lager arbeitet in eine Gewerkschaft mit den Eisenbahnern kommt? Warum gehen die Privatangestellten im Wiener AKH zu den Metallarbeitern, während die dortigen Krankenschwestern mit den Eisenbahnern fusionieren sollen?
Eine Reform, die die Beschäftigten aus Industrie, Handel und persönliche Dienste, Transport, Gesundheit und Soziales, Medien und öffentliche Verwaltung, in jeweiligen Gewerkschaften organisiert, wäre sinnvoller gewesen. Bei den bisherigen Fusionen stand das Interesse der jeweiligen Bürokratie und nicht das der Beschäftigten im Vordergrund. So ist es auch bei der Fusion GMT und GPA, die wir deshalb in dieser Form ablehnen.

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