Gegen Zugangsbeschränkungen und Bildungsabbau

Kürzungen im Bildungswesen sind keine "wirtschaftliche Notwendigkeit" sondern politischer Wille

Vor gar nicht all zu langer Zeit sah das österreichische Bildungswesen noch anders aus: Die KlassenschülerInnenhöchstzahl lag bei 30, in allen Fächern gab es kostenlose Schulbücher sowie Freifahrt für SchülerInnen und Studierende auf den öffentlichen Verkehrsmitteln und der Zugang zu den Universitäten waren ohne Studiengebühren und ohne Zugangsbeschränkungen.

Das alles ist aber vorbei. In den letzten 15 Jahren gab es eine Reihe von Kürzungen im Bildungswesen. Diese wurden unter einer SPÖVP-Koalition begonnen und unter schwarz-blau-orange munter fortgesetzt. Verschleiert wurden diese durch die Schul- und Hochschulautonomie, die in der Praxis nichts anderes bedeutet, als dass das Ministerium den Schulen/Unis weniger Geld gibt und diese dann den Mangel verwalten müssen. So gibt es heute Schulen, in denen zuwenig geheizt wird, in denen es kein Toilettenpapier gibt, wo die SchülerInnen ihre Klassenräume ausmalen müssen und wo eine vierte Klasse das Gedenkjahr ohne Geschichtebuch hinter sich bringt.

Der jüngste Angriff: Zugangsbeschränkungen

Als jüngste Maßnahme wurden Zugangsbeschränkungen an Universitäten eingeführt. Das bedeutet, das Jugendliche nicht mehr selbst entscheiden können, was sie studieren, sondern - bis jetzt bereits in den Fächern BWL, Biologie, Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Pharmazie, Psychologie und Publizistik (mehr werden wohl folgen) - Zugangsbeschränkungen eine Barriere darstellen. Der Zweck von Zugangsbeschränkungen ist es, die Anzahl der Studierenden unter einer bestimmten Grenze zu halten. Es gibt im wesentlichen drei Formen von Zugangsbeschränkungen (die Auswahl liegt bei den RektorInnen):

  1. Knock-out-Prüfungen zu

    verschieden Zeitpunkten des Studiums (vor Beginn, nach einigen Monaten, am

    Ende des ersten Abschnitts...).  Über die Fähigkeiten der Studierenden sagen diese meist wenig

    aus, teilweise werden Dinge geprüft, die nichts mit dem Studium zu tun

    haben.

  2. Numerus Clausus: d.h. das

    ein bestimmter Notendurchschnitt bzw. bestimmte Noten in bestimmten

    Fächern erreicht werden muss/müssen, um zu einem Studium zugelassen zu

    werden. Wer von uns hat nicht schon willkürliche LehrerInnen erlebt und

    weiß daher, dass eine Note oft nichts über das tatsächliche Können und

    Wissen aussagt. Und ein guter Notendurchschnitt ist keine Garantie dafür,

    das jemand einE guteR Arzt/Ärztin wird.

  3. Wer zuerst kommt, mahlt

    zuerst. Die Ersten kriegen ihren Studienplatz. Wer - z.b. krankheits- oder

    arbeitsbedingt - nicht unter den Ersten ist, hat Pech.

Die Zugangsbeschränkungen wurden von der Regierung nach einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes (EUGh) eingeführt. Am 7.7. hatte der EuGh beschlossen, dass die bisherige Regelung - in Österreich kann nur studieren, wer auch in seiner Heimat studieren könnte - dem EU-Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Sofort wurde vor einem "Ansturm" deutscher Studierender auf österreichische Unis "gewarnt".

Der EuGh-Beschluss ist aber nur ein Vorwand. Die Regierung wusste seit langem, dass dieser kommen würde, hat aber nichts vorbereitet - oder war das Chaos etwa sogar erwünscht?!

Regierung will Elitenbildung

Tatsächlich steckt etwas ganz anderes dahinter: das politische Konzept der Elitenbildung, für das v.a. ÖVP, FPÖ und BZÖ stehen. Sie wollen weg von der "Massenbildung", hin zu einer Ausbildung, die nur den "Eliten der Gesellschaft" dient. Es geht auch darum, die Interessen der Wirtschaft im Bildungswesen stärker umzusetzen.

Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen dienen nicht zum Schutz des Bildungswesens und nicht dazu, das Niveau zu verbessern, sondern dazu, die Zahl der Studierenden zu verringern.

Die ArbeiterInnenbewegung hat sich den Zugang zu Bildung hart erkämpfen müssen. Diese erkämpften Rechte werden immer mehr abgeschafft, Bildung wird immer mehr zu einer Ware. Wer es sich leisten kann, wird auch künftig lernen/studieren können, was er/sie möchte (und zwar unabhängig davon, wie gut er/sie ist) - wer es sich nicht leisten kann, hat Pech.

  • Geld braucht man um die

    Nachhilfe zu bezahlen, die immer nötiger wird, weil auf Grund der größeren

    Klassen, des Abbaus bei LehrerInnen und wegen der Stundenkürzungen der

    Stoff in der Schule nicht ausreichend erklärt wird.

  • Geld braucht man, um

    Spezialkurse für die Knock-out-Prüfungen an den Unis zahlen zu können.

  • Geld braucht man, um nicht

    neben dem Studium arbeiten zu können und somit den Leistungsnachweis nicht

    zu schaffen.

  • Geld braucht man für

    Studiengebühren - die künftig wohl noch steigen werden.

Die Angriffe auf unser Bildungswesen finden auch vor dem Hintergrund der EU-Bildungspolitik statt. Im Bologna-Agrement haben sich die EU-Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, die Bildung für den freien Markt zu öffnen. Das Kapital braucht neue, profitable Märkte um zu investieren, deshalb werden Bereiche wie Bildung, Gesundheit und Pensionswesen, die bisher staatliche waren privatisiert. Damit müssen diese Bereiche gewinnorientiert geführt werden. Was bedeutet nun die Privatisierung von Bildung? Wer zahlt, schafft an – einige Beispiele wozu das führen könnte:

  • Die

    Pharmaindustrie finanziert das Medizin- und Psychologiestudium und sorgt

    dafür, dass nicht die Ursachen für Krankheiten gesucht werden, sondern

    diese mit vielen und teureren Medikamenten „bekämpft“ werden.

  • Shell

    und Nestle finanzieren das Studium Entwicklungsökonomie und sorgen dafür,

    dass ihre Politik in Afrika – wo sie an der Ausbeutung der Ärmsten der

    Armen beteiligt sind – nicht kritisiert wird.

  • Der

    Philip Morris Konzern finanziert die Forschung zu den Folgen des Rauchens

    und „findet dabei heraus“, dass Rauchen sogar gesund ist.

  • Die

    deutsche, rechtsextreme NPD finanziert die Geschichtebücher und „findet

    dabei heraus“, dass es keine Gaskammern gab und Hitler eigentlich ein

    Wohltäter der Juden war.

Als häufigstes Argument für die Kürzungen wird das Geld gebracht. Es gibt angeblich einfach zuwenig davon, um das Bildungswesen weiter zu finanzieren. Das ist falsch. Im Gegenteil fand in den letzten Jahrzehnten eine Umverteilung von unten nach oben statt:

  • Die

    Gewinnentwicklung der letzten Jahrzehnte: der Anteil der Gewinne am BIP

    ist von Anfang der 80er Jahre auf 2004 von unter 29% auf 42% gestiegen

  • 1992

    wurde die Vermögenssteuer abgeschafft und das für Reiche extrem

    steuerschonende Stiftungsrecht eingeführt – rund 60 Milliarden sind in

    solchen Stiftungen geparkt

  • Österreich

    ist heute ein Steuerparadies für Unternehmen und Reiche

  • Trotzdem

    haben die Unternehmen mind. 1,64 Milliarden Euro Steuerschulden

  • Ein

    Prozent der über 19jährigen ÖsterreicherInnen ist wirklich reich: Das

    Gesamtvermögen dieser rund 60.000 Menschen lag 2002 bei 318 Milliarden

    Euro. Die unteren 90% der Bevölkerung verfügen gemeinsam über nur 299 Milliarden.

Während bei der öffentlichen Bildung gespart wird, wird für private Bildung und Elitenbildung Geld von der Regierung investiert. Einerseits z.b. für die Hochbegabtenförderung andererseits in Privatuniversitäten. In Oberösterreich wird gerade eine Privatuniversität für maximal 500 Studierende errichtet. Dem Staat wird das in den nächsten Jahren bis zu 800 Millionen Euro kosten.

Wenn bei der Bildung gekürzt wird, dann geschieht das nicht aus Geldmangel, sondern dann ist das eine politische Entscheidung. Nur wird das oft nicht zugegeben – es ist nicht sehr populär zu sagen „wir wollen nicht, dass alle studieren können“ – sondern PolitikerInnen verstecken sich hinter dem Geldargument. Die Verantwortung wird abgeschoben.

Der Rassismus der BildungsabbauerInnen

In letzter Zeit wird auch immer wieder von den Herrschenden versucht, die Schuld für die Probleme im Bildungswesen „AusländerInnen“ in die Schuhe zu schieben. Nach dem schlechten Abschneiden österreichischer SchülerInnen bei der Pisa-Studie versuchten Schüssel&Co dafür MigrantInnenkinder verantwortlich zu machen. Und haben dabei verschwiegen, dass es ihre Sparpläne waren, die das Schulwesen verschlechtert haben. Und existierende Probleme werden noch verschärft, indem z.b. bei den BegleitlehrerInnen gekürzt wird. Nach dem EuGh-Urteil waren es auf einmal die „bösen“ Deutschen, die draußen gehalten werden mussten. Es wurde versucht, deutsche Studierende gegen österreichische Studierende auszuspielen. Wieder haben die PolitikerInnen so getan, als ob sie überhaupt nichts mit den Problemen zu tun hätten. Und haben verschwiegen, dass durch die Zugangsbeschränkungen auch österreichische Studierende von den Unis verdrängt werden.

Alternativen zum Bildungsabbau

Ob Geld in Bildung investiert wird, ist eine politische Entscheidung. Im Rahmen des Kapitalismus werden die Prioritäten zunehmend anders gesetzt. Bildung wird immer mehr zu einer Ware. Für uns ist Bildung ein Recht – ein Recht, das wir verteidigen und erkämpfen müssen.

  • Wir

    meinen das mehr Geld für Bildung ausgegeben werden muss – alle Kürzungen

    der letzten Jahre müssen zurückgenommen werden. Die Klassen müssen kleiner

    sein, die LehrerInnen brauchen fixe Anstellungen, der Zugang zu den

    Universitäten muss frei sein.

  • Erkämpft

    werden können solche Verbesserungen nur gemeinsam: In- und AusländerInnen

    gemeinsam; Jugendliche aus verschiedenen europäischen Ländern gemeinsam;

    Lernende und Lehrende gemeinsam. Hier kommt auch dem ÖGB eine zentrale

    Rolle zu.

  • Wir

    können uns nicht auf Verhandlungen oder sogenannte „ExpertInnen“

    verlassen, sondern müssen uns selbst organisieren, um uns zu wehren.

  • Finanziert

    werden kann dies durch Umverteilung von oben nach unten – selbst im Rahmen

    des Kapitalismus ist mehr möglich als jetzt. Aber es sind auch

    Alternativen zur kapitalistischen Logik nötig. Im Kapitalismus, einer

    Gesellschaft in der Profite im Mittelpunkt stehen, wird alles zur Ware und

    alles der Profitlogik unterworfen. Die SLP tritt für eine Gesellschaft

    ein, in der die Bedürfnisse der Menschen – und dazu gehört auch der freie

    Zugang zu Bildung – im Mittelpunkt stehen. Wir nennen eine solche

    Gesellschaft Sozialismus.

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