Finanzbereich: Geld für die Chefs – Keines für die Beschäftigten?

Über die Kollektivvertragsverhandlungen und die Regierungspläne
Sonja Grusch

Seit Woche laufen Kollektivvertragsverhandlungen im Bereich Banken- und Versicherungen. Auch die zweite Verhandlungsrunde am 28.2.2017 wurde ohne Ergebnis abgebrochen. Die Gewerkschaft fordert eine „lineare Gehaltserhöhung von 1,65 Prozent“. Die Unternehmensseite „bietet“ 0,8 Prozent plus 6,5 Euro (was einer durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 1,03 % entsprechen würde). Ausserdem wollen sie die Ist-Löhne nur um magere 0,2 % erhöhen. Zur Erinnerung: Der Verbraucherpreisindex für 2017 wird auf + 1,7% geschätzt.

Der Bankensektor hat es zur Zeit nicht leicht. Viele Banken und Versicherungen haben in Ost- und Südosteuropa investiert, oder wohl besser spekuliert. Und sich dabei kräftig verspekuliert. Da gibt es jede Menge faule Kredite, die uneinbringbar sind. Doch das ändert nichts daran, dass in den letzten rund 20 Jahren diese Banken und ihre BesitzerInnen, ManagerInnen, Vorstände, AktionärInnen & Co. fette Gewinne eingestreift haben. 2016 stiegen diese teilweise um rund ein Drittel. Geld, dass zwar bei den AktionärInnen in Form erhöhter Dividenden ankam, aber den KundInnen und Beschäftigten abgezwackt wird.

Versüsst wurde die Krise durch äußerst günstiges Staatsgeld, dass die Banken in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise in Form von billigen Krediten erhielten. Hinzu kommt, dass auch die KundInnen immer stärker geschröpft werden. Obwohl immer mehr Arbeit an diese ausgelagert wird (Stichwort: Online-Banking) werden die Gebühren immer unverschämter (Stichwort: Bankomatgebühr, Zahlscheingebühr etc.) und die Zinsen immer magerer. Die Erste Bank prüft aktuell, für welche Online-Dienste sie die KundInnen zusätzlich zahlen lassen kann. Doch damit nicht genug: Filialen werden geschlossen und Personal abgebaut.

Im Herbst kommen weitere Zuckerln von der Regierung auf Banken und Versicherungen zu. Versteckt im neuen Regierungsprogramm wird Spekulation erleichtert. Eine Reform der Finanzmarktaufsicht (FMA) ist geplant, die „Rechtssicherheit für Beaufsichtigte“ und „Flexibilität der Aufsicht“ vorsieht. Heisst konkret: Die Aufsicht soll den Banken und Versicherungen beim Profitemachen nicht ins Handwerk pfuschen. Und die Versicherungen sollen sich im durchaus lukrativen Wohnungsmarkt breit machen.

All das sind Punkte, die die Gewerkschaft bei den Verhandlungen nicht vergessen darf. Denn es gehört zum Erpressungspotential der Unternehmen, dass sie jammern wie schlecht es ihnen geht und sie - „leider“ - nicht mehr hergeben können. Es ist gut, dass die Gewerkschaft zu Betriebsversammlungen ruft. Entscheidend ist, was dort geschieht. Denn die Bankangestellten haben Angst um ihre Jobs weil die Banken laufend über „Überkapazitäten“ sprechen. Wenn die Mobilisierung sich auf dezentrale Informationsveranstaltungen beschränken, kann diese Angst nicht überwunden werden. Dazu ist es notwendig, die Beschäftigten der verschiedenen Bankinstitute und -Filialen zusammen zu bringen, auch um ein gegeneinander ausspielen zu verhindern. Ein Abschluss unter der Inflation ist ein Reallohnverlust: und schon längst sind die Einkommen im Banken- und Versicherungsbereich nicht mehr so „fett“ wie gern behauptet wird. Die Gewerkschaft muss die Gewinne der Branche und die Spitzenbezüge der Vorstände & Co. öffentlich machen. Auch in anderen Bereichen finden aktuell KV-Verhandlungen statt. Eine Vernetzung und sogar gemeinsame Aktionen wären hier ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Abschluss über der Inflationsrate ist möglich: dazu braucht es eine aktive Basis die sich nicht einschüchtern lässt – und dazu braucht es eine Gewerkschaft, die kämpferisch die KollegInnen vertritt und organisiert und keine faulen Kompromisse schließt!