Erhöht die Löhne - nicht die Mieten!

Wird Wohnen jetzt Luxus?
Wolfgang Fischer

Immer mehr Menschen bleibt zum Monatsende kein Cent übrig. Allein für Wohnen wird meist mehr als die Hälfte des Nettonlohns ausgegeben. Der Weg in Kredit- und Schuldenfalle betrifft eine steigende Zahl privater Haushalte. Vor allem Teuerungen bei Grundnahrungsmitteln (+7,2%), Energiepreisen (+6,8%) und Wohnkosten (+5,9%, alle %-Angaben bezogen auf ein Jahr) ließen die Inflation im Juni 2008 auf ein Rekordhoch von 3,7% (EU: +4%) ansteigen.

Luxus Wohnen

Schon im April 2008 hatte es die letzte Verteuerung der Richtwertmieten (+2,2%, Quelle AK) gegeben. Doch der nächste gesetzliche Teuerungsschub lässt nicht lange auf sich warten. Im September 2008 werden die Kategoriemieten, die Hausverwaltungskosten und die Erhaltungsbeiträge gleich um fast 6% angehoben, eine weitere inflationsbedingte Anhebung um 3,5% ist im Frühjahr 2009 geplant. Fast eine Million Haushalte sind davon betroffen. Verschärfend wirkt hier die Spekulationsblase am Immobilienmarkt, die realen Quadratmeter(miet)preise liegen oft weit über dem gesetzlichen Niveau.

Der "Inflationstrick"

Problematisch bei der Inflationsberechnung ist nicht zuletzt, dass alltägliche Konsumgüter (Nahrung, Energie, Wohnen) gegenüber nichtalltäglichen "Luxusgütern" (Flugreisen, Autos, Computer, etc) unterrepräsentiert sind. Die tatsächlich "gefühlte" Inflation liegt damit weit über der statistisch berechneten Teuerungsrate, welche auch wenig über die realen Belastungen für ArbeitnehmerInnen aussagt. Die Preissteigerungen bei Energie, Lebensmittel und Wohnen trifft Menschen mit niedrigem Einkommen besonders hart.

Energiekrise? Spekulationsgewinne!

Groteskerweise ist die hohe Inflation auch kein direkter Ausdruck für die Verknappung an Ressourcen. Seit längerem schraubt sich der Preis für das Barrel Rohöl (Juni 2008: 142 US-$) kontinuierlich in die Höhe. Doch weder die Krise im Nahen und Mittleren Osten, Chinas Energiehunger oder Engpässe in der Produktion erklären diese Preisexplosion, die sich auch in vielen weiteren Produktionssparten niederschlägt. Börsen-Termingeschäfte (Futures) vieler Investorengruppen haben in der vergangenen Periode enorme Spekulationsgewinne mit Rohstoffhandel aller Art gemacht und damit die Nahrungsmittel- und Energiepreise in astronomische Höhen gejagt. Hunderte Millionen Menschen rund um den Globus sind Opfer dieser kapitalistischen Profitmaximierung, der dahinter stehenden Konzerne und ihrer politischen Lobbyisten.
Eine sozialistische Lösung dieser Grundversorgungsproblematik liegt im Kampf für eine Enteignung der Konzerne im Rohstoff- und Nahrungsmittelbereich, für eine Überführung in gesellschaftliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle gewählter VertreterInnen. Nur so kann eine radikale Änderung in der Versorgungs- und Energiepolitik (Stichwort: Klimawandel) herbeigeführt werden. Auch die oft zitierte Tobin-Tax (Besteuerung der Spekulationsgewinne) hätte nur eine Wirkung, wenn alle (!) Geschäftsbücher von Unternehmen offen gelegt würden.

Wirtschaftliche Schwäche

Während selbsternannte Wirtschaftsexperten in den letzten Monaten immer wieder den österreichischen Wirtschaftsboom (magere 3%) bejubelten, wird eines oft verschwiegen: das Wachstum der letzten Jahre war in erster Linie von Investitionen getrieben und fand vor dem Hintergrund einer maroden Weltwirtschaft statt. Die allermeisten ArbeitnehmerInnen haben vom "Boom" nichts gespürt: schwache Lohnabschlüsse im Herbst und beschleunigte Inflation haben im Gegenteil zu Reallohnverlusten und sinkender Kaufkraft geführt. Hinzu kommen Verschlechterungen im Arbeitsrecht (z.B. Ausweitung der Tages- und Wochenarbeitszeit) und Einsparungen auf vielen weiteren sozialen Ebenen (Stichwort: Gesundheitsreform, Pensionskürzungen).

Widerstand notwendig!

Die Angriffe der KapitalistInnen werden immer offener und dreister. Sie sind Ausdruck dafür, dass dieses System für die Masse von ArbeitnehmerInnen, Jugendlichen, Arbeitslosen und PensionistInnen keine Perspektive hat. Das wird auch durch die sinkende Nettolohnquote (Anteil von Löhnen/Gehältern am gesamten Volkseinkommen) bestätigt. Seit langem gibt es die Forderung in der ArbeiterInnenbewegung nach der gleitenden Lohnskala. Hier werden Löhne/Gehälter automatisch an die Inflation (und zwar die wirkliche Inflation) angeglichen. Der gewerkschaftliche und politische Kampf dafür und für Lohnabschlüsse darüber hinaus ist daher eine der wichtigsten kommenden Fragen.
Eine zukünftige Linkspartei bzw. eine linke Kandidatur für die kommenden Wahlen müsste dabei die zentrale Rolle spielen, als aktive Plattform die Interessen von ArbeitnehmerInnen, Jugendlichen und PensionistInnen zu bündeln, um die Kräfteverhältnisse zugunsten der ArbeiterInnenklasse zu verschieben. Gleichzeitig kann die Frage der wirksamen Bekämpfung der Teuerung zu Lasten der ArbeitnehmerInnen nicht im Rahmen kapitalistischer Sachzwänge gelöst werden. Wer nicht bereit ist die Grenzen des derzeitigen Systems zu überschreiten, also etwa zu demokratischen Preiskontrollen oder Spekulationsverboten zu greifen, wird den Preistreibern letztlich wenig entgegen setzen können.

Erscheint in Zeitungsausgabe: