Die Schuldebatte aus Sicht eines Lehrers

... und täglich grüßt das Murmeltier
Albert Kropf

Kaum eine Woche vergeht ohne negative Schlagzeilen zum Schulsystem. In beinahe zyklischen Abständen sind es Studien (wie etwa Pisa), die dem österreichischen Bildungssystem schlechte Noten bescheren. Mal sind es in Wirklichkeit inhaltsleere Debatten um die Zukunft bzw. Neuordnung des Schulwesens. Wie zuletzt bei der Diskussion um die "Gesamtschule" - nur dass das alles eigentlich gar nichts mit einer Gesamtschule zu tun hatte. Dann wird der "Sittenverfall" der Jugendlichen und Kinder und damit die SchülerInnen selbst verantwortlich gemacht. Gerade aktuell ist es - auch nichts Neues - den "Schwarzen Peter" den LehrerInnen pauschal zuzuschieben. So geschehen anhand der Debatte um das neu erschienene Buch von Andreas Salcher: "Der talentierte Schüler und seine Feinde". Im Visier hat der ehemalige ÖVP Mandatar und Unternehmensberater Salcher dabei die LehrerInnen als "Feinde" der talentierten SchülerInnen.
Die Bildungsdebatte ist wahrscheinlich so alt wie die Institution Schule selbst. Schon in der Antike hat man/frau sich den Kopf über die Bildung und Erziehung der Nachkommenschaft zerbrochen. Und das, verglichen über die Jahrtausende, mit äußerst unterschiedlichen Resultaten. Der Grund dafür ist, dass Bildung an und für sich nichts Wertfreies ist. Bildung ist immer Ausdruck der herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen. Damit überraschen auch die unterschiedlichen Konzepte nicht mehr. Im antiken Sparta wurde eine Bildung und Erziehung gewählt, die das Überleben der auf eine Kriegerkaste gestützten Gesellschaft ermöglichte. Und so sind auch innerhalb der ArbeiterInnenbewegung Konzepte und Modelle alternativer Bildungssysteme entstanden. Besonders bekannt wurde dabei die Wiener Schulreform der Zwischenkriegszeit unter dem damaligen Stadtschulratspräsidenten Otto Glöckel. Unter Einbeziehung der noch jungen Individualpsychologie Alfred Adlers richtete sich das Hauptaugenmerk auf eine Gesamtschule ohne Bildungsprivilegien. Und so schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei Andreas Salcher. Auch er greift zweifelsohne viele Missstände auf. Auf seine fachliche Bildungskompetenz angesprochen, verweist Salcher auf seine Mitarbeit bei der Gründung der Sir Karl Popper-Schule für Hochbegabte...
Unser Schulsystem krankt sicher nicht an zu wenigen Möglichkeiten für Hochbegabte und deren Spezialisierung. Kein anderes Bildungssystem in Europa setzt so auf "Frühspezialisierung" wie das unsere. Im Mittelpunkt steht dabei auch nicht die Entwicklung des Menschen als Teil innerhalb der Gemeinschaft, sondern die Ausprägung einer Fachrichtung bzw. Fähigkeit. Stünden allen SchülerInnen die Möglichkeiten offen, wie sie z. B. an Eliteschulen wie der Popper-Schule geboten werden, stünde unser Bildungssystem wesentlich besser da. Sie zeichnen sich aus durch vergleichsweise sehr niedrige Klassenzahlen oder Bereitstellung von neuer Infrastruktur (wie etwa Laptopklassen etc.) für beinahe alle Unterrichtsfächer aus. Erst diese Voraussetzungen machen Unterrichtsformen wie die unterschiedlichsten Arten von Gruppen- und Projektarbeit wirklich möglich. Unsere Forderung kann daher nur lauten: Schluss mit dem Geplänkel der etablierten Politik und dem Ausspielen von LehrerInnen und SchülerInnen. Stopp den Bildungsprivilegien! Elitebildung für alle in einer Gesamtschule, die den Menschen und nicht seine profitträchtige Verwertung in den Mittelpunkt stellt!

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