Deutschland: Eine kritische Bilanz des Telekom-Streiks

Ursel Beck, CWI-Deutschland

Das Telekom-Management, die Presse und obendrein die ver.di-Spitze verkaufen den Abschluss bei der Telekom wie das Ende einer normalen Tarifrunde, bei der „beide Seiten Federn lassen mussten“. In Wirklichkeit hat die Führung einer der größten Gewerkschaften der Welt beispiellos kapituliert.

ver.di hat den Chefetagen und der Regierung erneut signalisiert: Wir lassen uns erpressen. Die Beschäftigten bezahlen dies mit massiven materiellen Verschlechterungen und der Vernichtung von Zehntausenden von Arbeitsplätzen. Die Telekom bekommt durch den Abschluss neue Hebel für Erpressungen und die Zerschlagung des Konzerns. Für die unvermeidlichen künftigen Auseinandersetzungen bei der Telekom verschlechtern sich die Kampfbedingungen für die Beschäftigten enorm. Andere Unternehmer werden dem Beispiel Telekom folgen. Und das schlimmste an allem: Die ver.di-Führung redet den Abschluss auch noch schön und verkauft diese herbe Niederlage ihren Mitgliedern als Erfolg.

Ein neues, alarmierendes Kapitel in der Tarifgeschichte ist aufgeschlagen. Die ver.di-Führung lässt es zu, dass in einem Großbetrieb mit Rekordgewinnen und einem Organisationsgrad von 70 Prozent erkämpfte tarifliche Standards auf einen Schlag vernichtet werden. 6,5 Prozent Gehaltskürzung, eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit um vier Stunden in der Woche, Samstag als Regelarbeitstag, variable Bezahlung und Armutslöhne für Neueingestellte. Das sind die Kernpunkte des Tarifabschlusses bei der Telekom. Das ist aber noch lange nicht alles. Um alle Fallstricke in dem 70 Seiten umfassenden Tarifabschluss zu erfassen, müsste man Tarifexperte sein. Wenn Personalchef Sattelberger sagt, die Telekom hätte den Zielkorridor von 500 bis 900 Millionen „ordentlich erreicht“, dann spricht das Bände über das Ausmaß der Verschlechterungen.

30 Prozent Lohnverzicht

„Es wird keinen Eingriff ins Portemonnaie der Beschäftigten geben“. Das behauptet Lothar Schröder in der Pressemitteilung vom 21.06.07 und belügt damit die Beschäftigten. Im sogenannten „Beschäftigungsbündnis 2004“ wurde den Tarifbeschäftigten der Telekom für vier Stunden weniger Arbeit der Lohn um effektiv 6,5 Prozent gekürzt. Ausgehend von diesem abgesenkten Niveau, soll es nach dem neuen Abschluss noch mal 6,5 Prozent weniger geben. Die unbezahlte Verlängerung der Wochenarbeitszeit um 4 Stunden ist nach ver.di-Angaben eine Lohnkürzung von 11,76 Prozent. Seit 2004 summieren sich die Gehaltskürzungen damit auf 25 Prozent. Berücksichtigt man, dass es 2006 bei einer verlängerten Laufzeit nur 2,25 Prozent Lohnerhöhung gab und diese auch noch durch den Wegfall von bezahlten Bildschirm- und Wegezeiten gegenfinanziert wurden, haben die Beschäftigten bei einer jährlichen Inflationsrate von 2 Prozent noch mal mindestens 4 Prozent Verlust. Für 2007 und 2008 wird es für niemand bei der Telekom eine Lohnerhöhung geben. Bei einer Inflationsrate von 2 Prozent fehlen noch mal vier Prozent im Geldbeutel. Die vorübergehenden Ausgleichszahlungen decken in keinem Fall die Lohnkürzungen aus und werden finanziert durch den Verzicht auf eine Lohnerhöhung aller Telekomler in den Jahren 2007 und 2008. Den Beamten soll noch dieses Jahr die Sonderzahlung (2,5 Prozent des Bruttojahresgehaltes) gestrichen werden. Das ist eine direkte Besoldungskürzung.

Zeit ist Geld. Das heißt die unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit ist auch eine Lohnkürzung. Die Sachbearbeiterin im Vertrieb, Djordjevic-Stankov, die ver.di in verschiedenen Publikationen porträtierte, sagte, sie habe sich den Buckel krumm gearbeitet und gehe mit 1.050 netto im Monat nach Hause. „Das reiche gerade so, um mit ihrem Sohn über die Runden zu kommen.“ Wie soll sie nach diesem Abschluss über die Runden kommen? Wer kümmert sich um ihren 10-jährigen Sohn, wenn sie künftig samstags arbeiten muss? Die Antwort darauf bleiben Schröder und Wilhelm schuldig?


„Das Jahr 2007 wird zum Jahr der Lohnerhöhungen. Die IG Metall hat ihre Forderung – 6,5 Prozent – auf den Tisch gelegt, die IG Bergbau, Chemie und Energie strebt einen Abschluss bei 4,5 Prozent an...Der Lebensstandard der Beschäftigten in der Bundesrepublik ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Gleichzeitig haben die Gewinn- und Vermögenseinkommen seit 2000 um 40 Prozent zugelegt. „Diese Ungerechtigkeit schreit zum Himmel und ruiniert den Aufschwung“, schrieb der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske in der BILD am Sonntag.“

ver.di publik Jan/Feb 2007

„Es wird mit uns keine Entgeltabsenkung geben. Das sind wir sehr eindeutig“.

ver.di-Vorstand Lothar Schräder gegenüber der Stuttgarter Zeitung am 11.05.07


Variabilisierung

Bereits in der Vergangenheit hat ver.di in einigen Telekom-Betrieben erfolgsabhängige Bezahlung eingeführt. In einem Strategiepapier des Fachbereichs 9 wird dies sogar positiv als „Schrittmacherrolle“ verkauft. Bei den T-Punkten haben die KollegInnen ein Bruttogehalt von 1.700 Euro, davon sind 30 Prozent erfolgsabhängig. Die Ziellatte für den „Erfolg“ ist so hoch gehängt, dass sie kaum jemand erreichen kann und die Mehrheit der Verkäufer mit viel weniger als brutto 1.700 Euro nach Hause gehen muss. Das wird in den Service-Gesellschaften genauso laufen. Bei der T-Com gibt es bereits 7 Prozent erfolgsabhängige Bezahlung. Sie soll jetzt auf 15 bis 20 Prozent angehoben werden. Eine Unterschreitung der verlangten Calls in den Call-Centern führt sofort zu Lohneinbußen. Für andere KollegInnen soll eine termingerechte Bereitstellung bzw. Erledigung von Aufträgen und/oder die Kundenzufriedenheit ein Kriterium werden, von dem der Lohn abhängt. Die Termine werden ihnen von oben gesetzt. Erreicht werden soll, dass sich KollegInnen gegenseitig unter Druck setzen. Der Druck mehr zu leisten, führt schnell dazu, dass die Latte für alle immer höher gesetzt wird und die Beschäftigten gnadenlos ausgebeutet werden. Kranksein kann sich keiner mehr leisten. Ein Teil des erfolgsabhängigen Lohns ist sogar vom Gewinn abhängig. Das heißt er ist abhängig von einer Größe, die die Beschäftigten nicht beeinflußen können. Die Auslieferung des Lohns an bestimmte Ergebnisse bzw. die Gewinnschwankungen und -manipulationen und nicht zuletzt an das Missmanagement der Unternehmen ist ein fundamentaler Bruch der Gewerkschaftsführung mit den bisherigen Grundsätzen von Tarifpolitik. Berücksichtigt man, dass bei Nichterreichung der verlangten Ziele der Lohn bis zu 20 Prozent weniger sein kann, hat die Telekom im Vergleich zu 2004 eine Lohnsenkung von 50 Prozent durchgesetzt.

Armutslöhne für Neueingestellte

Für die 4.150 Kolleginnen und Kollegen, die neu eingestellt werden sollen, werden die Löhne um 30 Prozent auf 21.400 bis 23.200 Euro Jahresgehalt oder 1.783 bis 1.930 Euro brutto Monatslohn gesenkt. Davon sind ebenfalls 15 bis 20 Prozent erfolgsabhängig. Das heißt der tariflich gesicherte Lohn sinkt bis auf 17.120 Euro im Jahr oder 1.427 Euro im Monat. Oder anders ausgedrückt, die Telekom hat sich auch hier – ausgehend vom jetzigen Tarifniveau - mit einer Lohnabsenkung von 50 Prozent durchgesetzt. Berechnet man die unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit mit ein sind es sogar mehr als 60 Prozent. Die Telekom hat also erreicht was sie wollte. Die Behauptung der ver.di-Führung man hätte Dumpingbedingungen und Niedriglöhne abgewehrt ist eine glatte Lüge.


Telekom-Gewinn 2006

EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen): 19,4 Milliarden Euro

Abzüglich Abschreibungen (Bezahlung des Anlagevermögens der Investoren: 11 Milliarden Euro

Zinsen für Schulden an Finanzmärkte (Banken, Anleger): 2,7 Milliarden Euro

Abfindungen für die 32.000 Beschäftigten, die bis

Ende 2008 abgebaut werden sollen: 3,1 Milliarden Euro

Dividende an die Aktionäre: 3,2 Milliarden

D.h. diejenigen, die nichts arbeiten, sondern nur ihr Geld anlegen, haben aus den Telekom-Beschäftigten 16,9 Milliarden herausgezogen.


Langzeitkonten = unverzinster Kredit

Keine Bank würde der Telekom einen Kredit geben, ohne dafür Zinsen zu kassieren. Die ver.di-Führung vereinbart aber, dass künftig bis zu 100 Arbeitsstunden pro Jahr auf ein Langzeitkonto gehen. Das ist nichts anderes als ein zinsloser Kredit der Beschäftigten an die Telekom. Für die Beschäftigten wirkt es erst mal wie eine Kürzung des Monatslohns. Das gleiche gilt für erfolgsabhängige Lohnbestandteile, die erst ausbezahlt werden, wenn der Erfolg nachgewiesen ist. Wer sich in der Zwischenzeit mit einem Dispo oder einem anderen Kredit über Wasser halten muss, bezahlt dafür mit einem zweistelligen Zinssatz.

Arbeitszeitverlängerung vernichtet Arbeitsplätze

Die unbezahlteVerkürzung der Arbeitszeit wurde von der ver.di-Führung 2004 als Beitrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen verkauft. In Wirklichkeit ging der Arbeitsplatzabbau weiter. Manche KollegInnen mögen sich in der Hoffnung wiegen, dass die Arbeitsverdichtung durch vier Stunden Mehrarbeit wieder auf ein erträgliches Maß zurückgeführt wird. Aber Obermann und Sattelberger werden jede Minute Arbeitszeitverlängerung in Stellenabbau umrechnen. Rein rechnerisch führen vier Stunden Mehrarbeit von 50.000 Beschäftigten zum Wegfall von mehr als 5.000 Stellen. Den verbeamteten KollegInnen droht weiter eine Arbeitszeitverlängerung auf 41 Stunden in der Woche. Die Telekom verpflichtet sich in dem Tarifvertrag lediglich auf den Gesetzgeber einzuwirken eine Wochenarbeitszeit „von 38 Wochenstunden über eine gesetzliche Regelung zu verfolgen“. Wenn der Gesetzgeber aber anders entscheidet, wird das Obermann und Co. nur recht sein.

Die Abhängigkeit des Lohns von bestimmten Zielen baut einen ungeheueren Druck auf die KollegInnen auf. Daraus folgt eine Produktivitätserhöhung, die genutzt werden wird, weitere Stellen abzubauen. Seit der Privatisierung hat die Telekom im Durchschnitt jedes Jahr 10.000 Arbeitsplätze vernichtet. Nun kann der Druck noch erhöht werden, besonders die älteren und „teueren“ Beschäftigten aus dem Unternehmen zu drängen.

Kündigungsschutz?

„Die Arbeitsplätze bei T-Service sind bis zum 31. Dezember 2012 gesichert“. So verkündet Lothar Schröder weiter in der Pressemitteilung vom 21.06.07. Das Gegenteil ist der Fall.

Der Abbau der restlichen 8.000 Stellen aus dem Plan von 2006 bis 2008 insgesamt 32.000 Stellen abzubauen, wird von der ver.di-Führung nicht mehr in Frage gestellt. D.h. ver.di akzeptiert eine Arbeitplatzvernichtung, die der Schließung aller Opel-Werke in Deutschland oder des ganzen Daimler-Werks in Sindelfingen gleichkommt.

Zudem verkauft die Gewerkschaftsspitze den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bis 2012 und den Verkaufsschutz bis 2010 als Erfolg. Selbst diese Zusage ist noch nicht mal das Papier wert auf dem sie gedruckt sind. Alles was die Telekom an „Gegenleistungen“ in der Vergangenheit zugesichert hat, waren leere Versprechungen, die sobald wie möglich gebrochen wurden. So war es beim „Beschäftigungsbündnis 2004“, so war es bei der Fremdvergabe, so war es beim T-Mobile-Abschluss 2006. „Der geplante Personalabbau wird auf freiwillige Maßnahmen beschränkt“. So heißt es in dem ver.di-Flugblatt zum Abschluss. Wie freiwillig das ist, liest sich in dem Tarifabschluss unter Punkt G wie folgt:

„In den Telekom-Service-Gesellschaften notwendig werdende Personalanpassungsmaßnahmen werden unter Anwendung der bekannten und neu zu entwickelnden Instrumente auf Basis beiderseitiger Freiwilligkeit durchgeführt....Die ausgewählten Mitarbeiter werden von ihrem Arbeitsplatz in eine organisatorisch abgegrenzte Einheit...überstellt“. Das verhasste Clearing geht also weiter und wird durch „neue Instrumente“ perfektioniert. Vivento wird ab 1.1.2009 durch eine neue Gesellschaft ersetzt, die KollegInnen auf dem Weg in die Arbeitslosigkeit zwischenlagert. Die ver.di-Führung akzeptiert die gängige Praxis, dass Zehntausende so unter Druck gesetzt werden, dass sie „freiwillig“ gehen. Die Lohnabsenkungen, Samstagsarbeit, Versetzungen an einen anderen Ort und der früher oder später stattfindende Verkauf der Servicegesellschaften erhöhen den Druck auf die KollegInnen „freiwillig“ zu gehen. Kolleginnen werden vor die Alternative gestellt, spätestens 2010 entlassen zu werden oder jetzt mit einer Abfindung zu gehen. Es ist völlig unehrlich, wenn die ver.di-Führung 4.150 Neueinstellungen bis 2009 als Erfolg verkauft. Denn es bedeutet, dass mindestens mehr als 5.000 ältere und noch besser bezahlte ältere KollegInnen rausgemobbt werden, um sie durch billige junge zu ersetzen. Mehr oder weniger direkt beinhaltet der Tarifvertrag die Schließung von Standorten (Anhang 3). Für den Fall wird „grundsätzlich eine Migration der Beschäftigten an den neuen Standort angestrebt“. Damit erhält die Telekom ein weiteres wichtiges Instrument KollegInnen aus dem Betrieb zu drängen. Wer die Versetzung an einen anderen Standort nicht mitmacht, kann gehen.


„Wir werden die Auslagerung zu verhindern wissen“. Streikleiter Ado Wilhelm.

Spiegel online 22.2.07

„Wir wissen, dass die Ausgliederung wohl nicht mehr zu vermeiden sein wird.“ Ado Wilhelm,

Spiegel online 9.5.07


Hochpolitische Auseinandersetzung

Im Kern ging es bei der Telekom um eine hochpolitische Auseinandersetzung. Zum einen wegen des Modellcharakters für die Aushebelung bestehender Tarifverträge durch Ausgründung. Zum zweiten ging es um die gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung um die Arbeitszeit. Zum dritten weil die Bundesregierung mit mehr als 32 Prozent Aktienanteil Hauptaktionär ist und in diesem Fall – vertreten durch SPD-Politiker im Aufsichtsrat der Telekom – als Arbeitgeber die führende Rolle innehatte. Und zum vierten hat der Kahlschlag bei der Telekom gravierende Auswirkungen auf die Sozialversicherungssysteme. Mit dem Abbau von 32.000 Beschäftigten bis Ende 2008 sollen 1,7 Milliarden Euro Personalkosten gekürzt werden. Die mit dem Tarifabschluss eingeläutete Kürzungsrunde soll noch mal 900 Millionen bringen. Personalkostenkürzungen von 2,6 Milliarden Euro bedeuten mindestens eine Milliarde Einnahmeausfälle für die Renten- und Krankenkassen. Von den Steuern ganz abgesehen. Diese Kürzungen werden wiederum als Kürzungen an alle abhängig Beschäftigten weitergegeben. Die politische Dimension dieser Auseinandersetzung wurde von der ver.di-Führung allenfalls verbal gestreift, aber an keiner Stelle genutzt, um den Streik entsprechend zu politisieren und zu einem grundsätzlichen Konflikt zwischen abhängig Beschäftigten auf der einen Seite und einem Großkonzern und seiner hinter ihm stehenden Bundesregierung zu machen. Erst recht wollten Bsirske und Schröder keinen Konflikt geschweige denn den überfälligen Bruch mit der SPD.

Zum Verzichten brauchen wir keine Gewerkschaft

Für die Niederlage bei der Telekom und die enorme Schwächung der Kampfkraft durch die weitere Zerschlagung des Konzerns trägt allein die ver.di-Führung die Verantwortung. Mit ihrer Politik fortgesetzter Zugeständnisse und der Akzeptanz von 18 Umstrukturierungen und allen bisherigen Ausgründungen, hat sie Obermann zur Provokation der Ausgründung von 50.000 ermutigt. Mit Absenkungstarifverträgen auf die von der Telekom gewünschten Billiglöhne bei Vivento und T-Mobile sind Bsirske, Schröder und Wilhelm mit verantwortlich dafür, dass es der Telekom rein rechtlich möglich ist Beschäftigte in diese tariflichen Geltungsbereiche zu überführen.

Immer wieder haben Gewerkschaftsfunktionäre am Anfang der Auseinandersetzung betont, dass es um eine Grundsatzauseinandersetzung für alle Beschäftigten und die Gewerkschaften insgesamt ginge. Tarifflucht durch Ausgründung würde Schule machen, wenn die Telekom mit ihren Plänen durchkomme. Aber von Seiten der ver.di-Führung wurde alles andere als ein Grundsatzkampf geführt. Die Ausgründung wurde von Anfang akzeptiert. Es ging nur noch um die Bedingungen. Anstatt die horrende Gewinne und Aktienausschüttungen mit Gegenforderungen zugunsten der Beschäftigten zu kontern, bot die ver.di-Führung sofort weitere Zugeständnisse an und erhöhte sie im Laufe der Auseinandersetzung ständig: Arbeitszeitflexibilisierung durch Langzeitkonten, Akzeptanz des Abbaus von 32.000 Arbeitsplätzen bis Ende 2008, stärkere Variabilisierung des Lohns. Nach der kämpferischen Demo von 13.000 am 28.2. in Bonn ließ man mehr als zwei Monate verstreichen bis zur Urabstimmung. Damit ließ man Obermann Zeit um vollendete Tatsachen zu schaffen. So konnte er Ende März widerstandslos zum 1. Mai fünf Call-Center mit 1.300 Beschäftigten an Bertelsmann verkaufen.

Streik auf Sparflamme

Nur 10 Prozent der Telekom-Belegschaft wurden in den Streik einbezogen. Die KollegInnen bei T-Systems, die aktuell mit Arbeitsplatzabbau, einer weiteren Zerlegung und dem Verkauf bedroht sind, wurden und werden mit ihren Ängsten allein gelassen, anstatt sie in den Streik mit einzubeziehen. Und mehr noch, alle KollegInnen müssen wegen des Abschlusses zu T-Servie eine Nullrunde hinnehmen. Die ver.di-Führung behauptet, in den anderen Telekom-Betrieben hätte es „umfassende Friedenspflichten“ (Bsirske) gegeben. Nicht mal das stimmt. Bei der VTS gab es im Februar 2007 noch immer keine Einigung für die Tarifrunde 2006. Die Verhandlungen hätten von ver.di für gescheitert erklärt und der Streik ganz legal ausgedehnt werden können. Und auch bei T-Systems gab es Tarifverhandlungen (TV Sonderregelung T-Systems BS-to-ES, TV Schichtdienst). Hier wurde im April die Friedenspflicht durch einen Abschluss, der u.a. die Rückkehr zur 38-Stunden-Woche beinhaltet, hergestellt bzw. beim Schichtdienst die Verhandlungen auf den St.Nimmerleinstag vertagt, so dass der Telekom-Vorstand in Ruhe abwarten kann, wie die Bedingungen bei T-Service ausfallen. Hätte ver.di einen Konzerntarifvertrag gefordert, hätten alle Telekomler zum Streik aufgerufen werden können. Der wirtschaftliche und politische Druck hätte um ein Vielfaches erhöht werden können. Am 20.6. erging sogar ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das Solidaritätsstreiks legalisierte. Diesen Gerichtserfolg hätte ver.di sofort in die Tat umsetzen können. Alle Telekomler, die den Streik nicht teilen durften werden die Niederlage teilen müssen. Die ver.di-Führung verschweigt diese Perspektive. Das Management der Telekom wird die Absenkungen nutzen, um für alle anderen KollegInnen die Bedingungen zu verschlechtern. Das geht jetzt ganz einfach. Man überführt einfach weitere Bereiche zum Beispiel von T-Systems in die Servicegesellschaften.


Angezogene Handbremse

Am 19. Mai erklärte Streikleiter Ado Wilhelm gegenüber der Süddeutschen Zeitung „noch agieren wir moderat“ Man könne die Situation weiter eskalieren lassen, wenn die „internen Spezialisten streiken, welche bei komplizierten Problemen die Techniker durch Ratschläge oder eigene Einsätze unterstützen.“ Am 11.6. wurde die Drohung hinterher geschoben, dass man „bisher ausgesparte spezielle Geschäftsbereiche“ gezielt bestreiken und die Telekom „noch stärker wirtschaftlich treffen“ könne. Anstatt die Drohung wahr zu machen, trat man in Verhandlungen ein und fuhr den Streik herunter. Es ist überfällig, dass das Beamtenstreikrecht durch Streik durchgesetzt wird. In staatstragender Manier wurde darauf verzichtet. Und so waren es die verbeamteten Techniker, die die Leitungen für die Sprechblasen der Regierungschefs vom G8-Gipfel legen mussten. Die Trumpfkarte G8-Gipfel bestreiken wurde nicht eingesetzt. Während des G8-Gipfels hatten wir die Situation, dass 80.000 Demonstranten und 15.000 Blockierer in Heiligendamm und nicht ver.di mit dem Telekom-Streik, seinen zwei Millionen Mitgliedern und seinem riesigen Hauptamtlichenapparat als Gegenmacht wahrgenommen wurden. Die Fünf-Finger-Taktik der Blockierer in Heiligendamm machte bundesweit Eindruck. Die Streiktaktik von ver.di bei der Telekom erschien als zahm und ineffektiv.


Aus einem Interview mit dem Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht in Wiesbaden, Otto Jäckel, Junge Welt 25.06.07

Ein Grund für den raschen Abbruch des Streiks lag nach Angaben der Streikleitung in der Tatsache begründet, daß Obermann unbeirrt die Überleitung der betroffenen Servicekräfte in die neu gegründeten Gesellschaften verfolgt und eine Fortführung des Streiks über den Stichtag der Gründung dieser Firmen, den 25. Juni, hinaus schwerwiegende rechtliche Probleme aufgeworfen hätte. Obermann habe hier, so die Argumentation, mit einer Art Taschenspielertrick eine Gesetzeslücke ausgenutzt, und ver.di sei daher ab dem 25. Juni nicht mehr streikfähig gewesen, weil der Verhandlungspartner abhanden gekommen wäre. Ist diese Argumentation korrekt?

Zutreffend ist, dass der Vorstand der Telekom AG nach einem Übergang der 50000 Beschäftigten auf eine oder mehrere Service GmbHs für die Führung von Tarifverhandlungen nicht mehr zuständig gewesen wäre. Ver.di hätte sich dann an die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften wenden müssen. Hiergegen hätte es jedoch ein probates Mittel gegeben: den kollektiven Widerspruch der Betroffenen nach Paragraph 613a BGB. Schon bei 20000 bis 30000 Widersprüchen wäre der Betriebsübergang geplatzt. Die Service GmbHs hätten ohne Personal dagestanden. Der Vorstand der Telekom AG wäre gezwungen gewesen, die Verhandlungen weiterzuführen. Durch das gemeinsame Vorgehen wären die Beschäftigten vor betriebsbedingten Kündigungen durch die Telekom AG geschützt gewesen. Schon das Sammeln von Widersprüchen bei einem Treuhänder hätte möglicherweise als Drohkulisse ausgereicht. Dieses Vorgehen ist in anderen Branchen erprobt und bewährt.

Während des Streiks ist eine Diskussion über die Einbeziehung von Beamten in den Streik als Eskalationsstufe entbrannt. Sind „Beamtenstreiks“ überhaupt zulässig?

Die Beamten sind durch die Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit um 4 Stunden ohne Lohnausgleich betroffen. Sie hätten von Anfang an in den Arbeitskampf einbezogen werden können. Dies hätte die Wirkung des Streiks wesentlich erhöht. Für diejenigen Beamten der ehemaligen Deutschen Bundespost, die in ihrem Beamtenverhältnis beurlaubt sind, um mit privaten Arbeitsverträgen bei den Gesellschaften des Telekom-Konzerns zu arbeiten, hat das Bundesverwaltungsgericht schon in einem Urteil aus dem Jahr 2000 entschieden, dass ihnen das Streikrecht zusteht. Für die nicht beurlaubten Beamten ist der Blick offenbar immer noch auf die Rechtsprechung der deutschen Gerichte fixiert, wonach Beamten das Streikrecht verwehrt wird. Dies ist jedoch europarechtlich überholt.

Woran macht sich das fest?

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind einschränkende Regelungen im Öffentlichen Dienst nur für solche Bediensteten zulässig, die wie etwa die Polizei und das Militär hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Auf den formalen Status als Beamter oder Angestellter kommt es nach diesen Entscheidungen ausdrücklich nicht an. Im Telekom-Konzern werden jedoch keine hoheitlichen Aufgaben wahrgenommen und keine Verwaltungsakte erlassen. Es handelt sich um private Unternehmen. Eine Disziplinarmaßnahme gegen Bedienstete, die sich noch aus der Zeit der früheren Bundespost im Beamtenverhältnis befinden, wäre daher unzulässig und würde vor dem EuGH keinen Bestand haben.


Passiver Streik

Die Streikenden wurden von der zentralen Streikleitung in Passivität gehalten. In fünf Wochen Streik gab es keine einzige gemeinsame bundesweite Demonstration. Eine für den 27. Juni in Berlin geplante Großkundgebung wurde wieder abgesetzt. Es erschien nur eine einzige Streikzeitung. Die markigen Sprüche von Bsirske und anderen Spitzenfunktionären über die Solidarität von ganz ver.di entpuppten sich im Laufe des Streiks als leeres Geschwätz. Die ver.di-Führung tat nichts um diese Solidarität zu organisieren. Der Tag der Solidarität war abgesehen von einigen örtlichen Ausnahmen eine Demonstration der Schwäche. Noch nicht mal mit den mit gleichzeitig in Auseinandersetzung stehenden Druckern, den KollegInnen im Einzelhandel und der Post wurden die Kräfte gebündelt. Bis zum Tarifabschluss erklärten ver.di-Funktionäre unter großem Beifall der Streikenden, dass man bis in den Herbst oder wenn es sein müsse, „bis Weihnachten“ streiken könnte und bei einer Ausgliederung der Streik in den neuen Gesellschaften fortgeführt würde. Dafür wären entsprechende Tarifverträge gekündigt worden. Nach Abschluss wurde erzählt, man könne bei der Ausgründung nicht sofort weiterstreiken. Die Tatsache, dass für Die DTAG zum 31.07.07 die Gehaltstarife kündbar sind und dann 70.000 TelekomlerInnen in einen Arbeitskampf mit einbezogen hätten werden können, ließ man unter den Tisch fallen. Statt dessen wurde mit dem Abschluß vereinbart, dass die Tarifrunde 2007 und auch 2008 für die noch nicht ausgegründeten Bereiche zu einer Nullrunde wird. Trotz der Medienpropaganda von den zu hohen Löhnen bei der Telekom unterstützten bei allen Umfragen mehr als 75 Prozent der Bevölkerung den Streik. Weder die ver.di- noch die DGB-Führung haben einen Finger krumm gemacht, um diese Umfragewerte in aktive Streikunterstützung zu verwandeln. Es gab noch nicht mal eine öffentliche Kampagne von ver.di in andere Betriebe und in die Stadtteile hinein. Der Abschluss bei der Telekom ist ein riesiger Ausverkauf durch die ver.di-Führung, der der Regel folgt, je schlimmer die Angriffe aus den Chefetagen, je aggressiver der Konkurrenzkampf, desto größer unser Verrat. Die führenden ver.di-Funktionäre in diesem Streik waren Lothar Schröder und Ado Wilhelm. Sie sind stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der Telekom und fühlen sich offensichtlich den Profitinteressen des Kapitals verpflichtet.


Am 1.6.07 musste Telekom-Vorstandsmitglied Lothar Pauly seinen Hut nehmen. Laut Zeugenaussagen war er bei Siemens in die Schmiergeldaffäre verwickelt. Er war 1 ½ Jahre bei der Telekom und bekommt eine Abfindung von 4,5 Millionen hinterhergeschmissen, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt.

Am 11.06. geht durch die Presse, dass der Chef des Telekom-Großaktionärs Blackstone, Stephen Schwarzman ein Jahresgehalt von rund 300 Millionen Euro bekommt. D.h. er verdient am Tag mehr als 80.000 Euro oder mehr als das vielfache eines Jahresgehalts der Telekombeschäftigten.

Diese Meldungen stießen bei Telekomlern und in der Bevölkerung auf Empörung und hätten von ver.di genutzt werden müssen den Streik zu verschärfen.


Mut und Ausdauer der Beschäftigten

Immer wieder wird bei Diskussionen in und über die Gewerkschaften betont, dass die Angriffe von seiten der Unternehmer und der Regierungen verbunden mit der einschüchternden Wirkung der Massenarbeitslosigkeit die Gewerkschaften in die Defensive gedrängt hätten. Dies ist eine völlig einseitige Betrachtung. Denn diese Defensive ist vor allem eine Folge der Politik der Gewerkschaftsführung.

Auch bei der Telekom haben die Beschäftigten vor allem Angst um ihren Arbeitsplatz. Aber es war der Punkt erreicht, an dem die Telekom-Beschäftigten ihre Ängste nicht mehr in sich hineinfraßen, sondern einen Ausweg im kollektiven Widerstand suchten. Die Beschäftigten verstanden von Anfang an, dass der Streik nicht wie von der ver.di-Führung geplant mit einer Minimax-Streiktaktik geführt werden kann, sondern alle von Anfang unbefristet streiken müssen. Der Streik hat ansatzweise gezeigt, welche Macht Gewerkschaften haben: ganze Netzwerke von Firmen sind zusammengebrochen, Telefonkonferenzen in Unternehmen konnten nicht stattfinden, Umschaltungen zu Anbieterwechsel fanden nicht statt, gewitterbedingte Störungen wurden nicht behoben. Es gab keine neuen Anschlüsse. 5.000 Störungsmeldungen blieben unerledigt, normalerweise sind es 350. Die Erreichbarkeit von Call-Centern sank von 70 auf 15 Prozent. Mit einem Vollstreik bei der gesamten Telekom wäre schnell die gesamte Wirtschaft massiv beeinträchtigt worden. Rund 160 multinationale Konzernen zählt z.B. die Geschäftskundensparte T-Systems zu ihren Kunden, darunter Allianz, BASF, DaimlerChrysler, Deutsche Bank und VW. Der wirtschaftliche Schaden für diese Konzerne und für die Telekom selbst wäre durch einen Vollstreik teuer geworden. Anstatt den Streik auszuweiten, wurde er nach fünf Wochen mit der Wiederaufnahme der Verhandlungen wieder heruntergefahren. Viele Kolleginnen und Kollegen waren damit zurecht nicht einverstanden. Am 15.6. musste Streikleiter Ado Wilhelm gegenüber der Presse zugeben, dass es angesichts der Wut der Beschäftigten schwierig sei, den Streik zurückzufahren. In einigen Orten ergriffen Streikende und Funktionäre der unteren Ebene die Initiative für fach- und betriebsübergreifende Protestkundgebungen. Betriebsversammlungen wurden von den Beschäftigten mitunter genutzt um Tribunale gegen die Telekom-Oberen zu veranstalten. Die Einschüchterungsversuche bis hin zu Abmahnungen und Kündigungsdrohungen bewirkten das Gegenteil. Wut und Kampfbereitschaft wurden gesteigert. Auch auf die internationale Solidarität konnten die Telekomler bei ihrem Streik bauen. In Kroatien und bei T-Systems in Frankreich haben Telekom-Belegschaften Solidaritätsstreiks organisiert. Mit einer Ausweitung des Streiks hätte es die Chance gegeben, Obermann und Co. in die Knie zu zwingen. Darauf hat die ver.di-Führung bewusst verzichtet. Der Abschluss ist ein Schlag ins Gesicht aller streikenden Kolleginnen und Kollegen und der ver.di-Mitglieder insgesamt.

72,6 Prozent für Annahme?

Bei der Urabstimmung über den Streik vom 7.05. bis 09.05.07 wurden laut ver.di 22.114 zur Urabstimmung aufgerufen. 93 Prozent haben sich beteiligt. Bei der Urabstimmung über die Annahme des Ergebnisses spricht ver.di nur noch von 22.084 abstimmungsberechtigten Mitgliedern und davon hätten sich 87,5 Prozent beteiligt. 72,6 Prozent hätten „für die Annahme des Verhandlungsergebnisses“ gestimmt. Das würde heißen, dass sich nur 6,5 Prozent weniger Kolleginnen und Kollegen an der zweiten Urabstimmung beteiligt hätten. Das ist sehr untypisch und kaum nachvollziehbar.

In einer ähnlichen Situation in der Tarifrunde im öffentlichen Dienst im Jahr 2000 ist die Beteiligung bei der Urabstimmung über ein viel kritisiertes Ergebnis, z.B. auf 50 Prozent abgesackt. Genaue Zahlen über Ja-/Nein-Stimmen, Enthaltungen und ungültige Stimmen wurden für die Telekom - im Gegensatz zur ersten Abstimmung - nicht veröffentlicht. Abstimmungsergebnisse über einzelne Streikbetriebe und Regionen bekanntzugeben hat sich ver.di ohnehin längst abgewöhnt. Um eine möglichst hohe Zustimmung zu bekommen, wurde der Streik eine Woche vor der Urabstimmung abgebrochen. Die zentrale Streikleitung signalisierte damit, dass sie den Streik für beendet sieht und die Zustimmung dafür verlangt. Durch eine Infotour, in der der Abschluss schöngeredet wurde, mit Jubelflugblättern in denen das Blaue vom Himmel heruntergelogen wurde, wurden die Kolleginnen und Kollegen weichgekocht. Und wer sich davon nicht überzeugen ließ, dem wurde gedroht: „Werden die 25 Prozent nicht erreicht, ist die Tarifeinigung gescheitert. Das bedeutet beispielsweise eine unmittelbare Entgeltabsenkung ohne Ausgleiche...“ (ver.di publik Extra zur Urabstimmung) Die Alternative Weiterstreiken bzw.Wiederaufnahme des Streiks zu einem späteren Zeitpunkt wurde von der ver.di-Führung gar nicht zugelassen.

Ver.di-Führung braucht Opposition

Der Abschluss bei der Telekom muss von Telekom-KollegInnen, kämpferischen Vertrauensleuten, BetriebsrätInnen und JugendvertreterInnenn als ernste Warnung verstanden werden. Es geht darum die selbstzerstörerische Politik der Gewerkschafstsspitze zu stoppen. Der Aufbau einer innergewerkschaftlichen organisierten Opposition stellt sich dringender denn je, nicht nur bei der Telekom, sondern in ganz ver.di. Wir brauchen eine Gewerkschaft, die sich einzig und allein an den Interessen ihrer Mitglieder statt an den Profitinteressen der Aktionäre orientiert. Wir brauchen eine Gewerkschaft, die Privatisierung, Profitsystem und Konkurrenzkampf grundsätzlich ablehnt und für die Re-Verstaatlichung der Telekom kämpft. Mit dem Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di und der Telekom-Betriebszeitung Magentat gibt es dafür in ver.di einen Ansatz für eine oppositionelle Strömung, die ausgebaut werden muss.


Aus einer Rede von Lucy Redler bei bei einer Streikkundgebung vor dem Berliner Rathaus am 16.5. Lucy Redler ist Mitglied in der SAV-Bundesleitung und im Vorstand der BASG – Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr (Nachfolgeorganisation der WASG Berlin).

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass die Privatisierung der Telekom zu enormen Verschlechterungen geführt hat. Die da oben versuchen euch gegeneinander auszuspielen. Aber wann wenn nicht jetzt habt ihr die Gelegenheit, gemeinsam zu kämpfen und deutlich zu machen: Ihr seid eine Telekom, ihr seid eine Belegschaft, ihr führt einen Kampf gegen die Zerschlagung, gegen Ausgründung, Niedriglöhne und Entlassungen - gemeinsam mit den Beamten. Man muss sich das mal vorstellen: Erst privatisieren sie den Staatsbetrieb, dann wollen sie trotzdem die Beamten als Streikbrecher einzusetzen! Dem Hohn scheinen keine Grenzen gesetzt. Liebe Kollegen und Kolleginnen, von hier sollte das Signal ausgehen: Wir unterstützen alle Beamten, die sich am Streik beteiligen. Die Deutsche Postgewerkschaft hat bereits 1986 beschlossen, dass das Beamtenstreikrecht ggf durch kollektive Arbeitsniederlegungen durchgesetzt werden muss. Ich sage: was vor 20 Jahren richtig war, ist heute nicht falsch. Hätten sich Arbeiter immer an bestehende Gesetze gehalten, gäbe es heute weder Gewerkschaften noch gewerkschaftliche Rechte. Wann, wenn nicht jetzt, ist es nötig, die volle Kampfkraft in die Waagschale zu werfen! Wenn Obermann euch den Krieg erklärt, kann es für niemanden Friedenspflicht geben.

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