Der Staat schlägt zu

Tilman M. Ruster

Wegen Krise und Bankenrettungspaketen wird gekürzt. Egal ob Bildung, Pflege, Familienbeihilfe oder Mindestsicherung: die Einsparungen sind enorm und treffen uns alle. Dennoch: bis 2012 sollen 1.000 zusätzliche PolizistInnen in Wien eingestellt werden. In Linz, Wels, Graz und anderswo gibt es teure „Stadtwachen“ und vor Firmen und Banken stehen private Sicherheitsdienste in Uniform. Vor welcher Gefahr sollen wir eigentlich beschützt werden? Was rechtfertigt diese erheblichen Ausgaben?

„Ausländische Verbrecherbanden“ und der „islamische Terrorismus“ - so die Antworten von Medien und Politik. Es wird ein Gefühl der Unsicherheit geschürt um mehr und mehr Überwachungstechniken zu verwenden, Gesetze zu verschärfen sowie Polizei und Militär aufzurüsten.

Krise und Repression

Worum es wirklich geht wird klar, wenn mensch sich anschaut, wen es trifft. Der „Tierrechtsprozess“ oder die Überwachung und Festnahme von UniBrennt-AktivistInnen wurden in dieser Form erst möglich durch eine Gesetzesänderung nach den Anschlägen vom 11. September. Seit Jahren wird das Vorgehen der Polizei gegen AsylwerberInnen immer brutaler. Immer öfter kommt es zu Verbot oder gewaltsamer Auflösung von Demonstrationen. Festnahmen und Geldstrafen gegen politische AktivistInnen werden häufiger.

All das ist eine Warnung: „Der Staat ist stark und ihr kommt nicht gegen ihn an“. Die „Bedrohung“ gegen die sich dieser Apparat wendet sind also wir alle. Auch wenn es in Österreich noch verhältnismäßig ruhig ist reicht ein Blick in andere Länder, um der Regierung Angst zu machen. Griechenland und Frankreich sind nicht weit. In Wisconsin (USA) belagern zehntausende ArbeiterInnen das Parlament gegen die Anti-Gewerkschaftspläne. Die Revolutionen im arabischen Raum sind Ausdruck der Wut der Menschen über die Auswirkungen des Kapitalismus. Falls diese Wut überschwappt – darauf bereitet sich die Regierung vor.

Repression macht Schule

Krisen, Unmut und Widerstand nehmen zu. Also brauchen die Herrschenden längerfristige Repressionsmechanismen. Dazu gehören auch die 2008 eingeführten „Verhaltensvereinbarungen“ an Schulen oder die Betragensnote. Statt einem besseren Miteinander geht es vor allem um eines: „Wer aus der Reihe tanzt wird bestraft“. Ruhig zu bleiben und nur ja nicht aufzufallen wird uns früh eingetrichtert. Auch die Angriffe auf BezieherInnen der Mindestsicherung steht in diesem Zusammenhang. Zum einen ist die Angst vor Arbeitslosigkeit ein gutes Druckmittel gegen rebellische ArbeitnehmerInnen, zum anderen ist der Entzug der Leistungen ein gutes Mittel um Arbeitslose ruhig zu stellen.

Militarisierung der Repression

In Österreich gibt es noch wenige Streiks, aber das kann sich rasch ändern. Wenn Regierung und Unternehmen mit dem Rücken zur Wand stehen versuchen sie alles um Streiks zu unterbinden. Als 2010 FluglotsInnen in Spanien streikten, verhängte die Regierung den Ausnahmezustand und zwang die Lotsen unter Androhung von Militärgerichtsverfahren zurück zur Arbeit. Auch in Deutschland kam es zum Einsatz von Bundeswehr-Spähpanzern bei den Protesten gegen die Castor-Transporte.

Gerade in Zeiten der Krise wird der Einsatz von Militär gegen Streikende und DemonstrantInnen zur Norm. Vor diesem Hintergrund ist auch die Debatte um die Abschaffung der Wehrpflicht zu sehen. Ägypten hat es deutlich gemacht: Wehrpflichtigen-Armeen sind im Einsatz gegen die eigene Bevölkerung unzuverlässig. Kasernierte Berufssoldaten sind eher isoliert von der Gesellschaft und so auch besser gegen sie einzusetzen, wenn es darauf ankommt. Zusätzlich kommt eine Umrüstung der Heere weg vom schweren Kriegsgerät und hin zu leichteren Fußtruppen die besser gegen Aufstände im Land verwendet werden können.

Verbünden statt einschüchtern lassen

Repression richtet sich am stärksten gegen Linke, MigrantInnen und Jugendliche. Noch bleiben sie oft unbemerkt, bis mensch selber betroffen ist. Die Medien veröffentlichen meist die völlig verzerrte Polizeisicht, berichten wenig über Polizeiübergriffe. In Deutschland ist es die Linkspartei, die regelmäßig Polizeieinsätze und Gesetzesverschärfungen hinterfragt und dagegen protestiert. Das Fehlen einer solchen Partei macht es schwierig, betroffene Gruppen zu verbinden und gemeinsamen Widerstand zu organisieren. Auch der ÖGB schweigt zum Abbau demokratischer Grundrechte, obwohl die eigene Mitgliedschaft massiv betroffen ist. Doch eine breite Mobilisierungen gegen den Sozialabbau und gegen die Polizeirepression, getragen u.a. von Gewerkschaften und ÖH machen es der Polizei schwer sie zu kriminalisieren.

Klar ist aber: Die Repression dient vor allem der Erhaltung des Kapitalismus. Der Kampf gegen sie darf sich also nicht in Protesten gegen Polizeiwillkür und ähnlichem erschöpfen. Er muss immer auch das herrschende System als Ganzes angreifen und eine sozialistische Alternative aufzeigen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: