Denn sie wissen nicht was sie tun. Oder doch?

Sonja Grusch

Hollande und Rajoy hatten nicht den Finger am Abzug in der Redaktion des Charlie Hebdo. Merkel und Netanjahu haben nicht in einem koscherem Supermarkt um sich geschossen. Auch Faymann, Mitterlehner und Hofer (FPÖ) waren beim Blutbad nicht dabei. Die unmittelbare Verantwortung für die grausame Tat liegt bei den Attentätern. Doch der politischen Verantwortung können sich diese PolitikerInnen nicht entziehen. Jahrzehnte der rassistischen Politik, gepaart mit sozialem Kahlschlag, der einer ganzen Generation die Lebensgrundlage zu entziehen droht: Das ist die Basis, aus der religiöser Fundamentalismus rekrutiert.

Und während sie vor der Kamera Solidarität mit den Opfern heucheln, machen sie mit eben jener Politik weiter. Und treten just jene Werte, die sie zu verteidigen vorgeben, mit Füßen. Es geht um Meinungsfreiheit? In Spanien wird ein Satiriker angeklagt, der die Regierungspartei wegen ihrer Korruptionsskandale aufs Korn nahm. In Österreich wird unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung ein Sieben-Meilen-Schritt zur Totalüberwachung geplant. Während bei den Mitteln für Arbeitslose gekürzt wird, will das Innenministerium „einen dreistelligen Millionenbetrag“ in die Aufrüstung investieren.

Schaffen Überwachung und Aufrüstung mehr Sicherheit? Für die Herrschenden zweifellos, da sie sich dann gegen kommende Proteste besser verteidigen können. Doch echte Sicherheit ist nur soziale Sicherheit, die religiösem Fundamentalismus und Rechtsextremismus die soziale Basis entzieht. Doch die Regierungen zerschlagen die soziale Sicherheit ganz im Sinne kapitalistischer Logik weiter. Kein Wunder also, dass sie, während Millionen in ehrlicher Wut der Toten gedachten und auch gegen Rassismus demonstrierten, allein in einer Pariser Nebenstraße für ihr Foto posierten.

Erscheint in Zeitungsausgabe: