Das weite Tätigkeitsspektrum der NGOs

“Welt retten” oder “Gutmenschen”-Abzocke?
Antonia Kreissl

Wer jung und frei ist, die Matura oder keinen Job hat, hat oft auch den Willen, die Welt zu verbessern. In Afrika Kinder unterrichten, in Südamerika Brunnen bauen oder Ähnliches. Das zeigt, dass sich Menschen solidarisieren, helfen und gegen Missstände kämpfen wollen. Auf der Suche nach passenden Organisationen stellt sich jedoch meistens heraus, dass man selbst nicht nur den Flug an den entsprechenden Ort, sondern auch eine saftige Gebühr zahlen muss, um seine Arbeitskraft überhaupt zur Verfügung stellen zu können.

Manchmal wird man zuerst zum Fundraising verdammt oder es gibt den versprochenen Job gar nicht. Viele werden schon im Vorfeld von den autoritären Hierarchien der Organisationen, die vorgeben, den Benachteiligten dieser Gesellschaft helfen zu wollen, abgeschreckt. Der Wille, die Welt zu retten bleibt meistens erhalten, die Illusionen in NGOs sind verpufft.

Guter Wille wird zu Cash gemacht

Viele dieser Angebote für Freiwilligenarbeit oder Spendenmitgliedschaft für Entwicklungshilfe stellen sich für junge Menschen als "doppelte Falltür" heraus. Abgesehen von den enormen, nicht sehr gerechtfertigt wirkenden Kosten, machen die meisten NGOs viele Jugendliche glauben, sie könnten damit wirklich helfen. Mit einer Spende oder der eigenen Arbeitskraft kann man den Menschen in Entwicklungsländern bestenfalls punktuelle Unterstützung geben. Die gängige Entwicklungshilfe - die die herrschenden Verhältnisse nicht in Frage stellt - braucht nicht nur Engagement, sondern moderne Technik, Materialien und Fachleute. Junge Menschen ohne spezielle Ausbildung einzusetzen, dient oft mehr dem Gewissen der Helfenden und den Kassen der Organisationen, als den Hilfebedürftigen selbst.

Wasseraufbereiter sind gut, Antikapitalismus ist besser

Die Probleme global benachteiligter Länder wurzeln in der Jahrzehnte langen Ausbeutung der Länder durch Kolonialismus und Imperialismus. Heute spiegelt sich das in der wirtschaftlichen Abhängigkeit der oft diktatorischen Regimes von den imperialistischen Mächten wieder. Also was hilft die Bildung, die ich einem Kind bringe, wenn es in seinem Heimatland keine Meinungsfreiheit gibt, innerhalb derer es mit Wissenschaft und Bildung etwas anfangen könnte?

Als viele linke Kräfte in Europa durch den Zerfall der Sowjetunion und dem daraus resultierenden Imageschaden sozialistischer Ideen geschwächt waren, schossen NGOs wie Pilze aus dem Boden. Sie stellen aber keine Regierung in Frage und die Armut und Unterdrückung wird auch nicht langfristig bekämpft. Um Hilfsgüter in ein Land zu bringen, müssen sich NGOs oft zwangsweise gut stellen mit den Regimes. Man beschwichtigt die Bevölkerung mit dem Notwendigsten zum Überleben, aber NGOs denken im Rahmen der bestehenden Verhältnisse, stellen das System dahinter nicht in Frage. Vor Ort sind sie ein erster Anlaufpunkt für die Menschen, der sie aber davon abhält, selbst aktiv zu werden und sich zum Beispiel gewerkschaftlich zu organisieren. Und wirken damit real oft stabilisierend auf die herrschenden Verhältnisse anstatt sie zu verändern.

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