Das 21. Jahrhundert wird sozialistisch!

Bericht von der CWI-Sommerschulung in Belgien Anfang August
Sascha Stanicic, CWI-Deutschland

Die Bilder eines tanzenden Joe Higgins inmitten streikender türkischer Arbeiter auf den Straßen Dublins werden allen TeilnehmerInnen der diesjährigen internationalen Sommerschulung des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI) in lebhafter Erinnerung bleiben. Joe Higgins ist Parlamentsabgeordneter der irischen CWI-Sektion Socialist Party. Er trug den Protest türkischer Bauarbeiter in das irische Parlament, die gegen Hungerlöhne in den Streik getreten waren. In einem vollbesetzten Hörsaal wurde im Rahmen der CWI-Konferenz ein Video über diesen Arbeitskampf gezeigt.
Die TeilnehmerInnen aus Schweden, England, Wales, Schottland, Irland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Österreich, Deutschland, Griechenland, Zypern, Polen, Tschechien, Israel, Russland, Kasachstan, Australien, Pakistan, Malaysia, Südkorea, den USA und Brasilien brachen in begeisterten Applaus aus, als sie sahen, wie Joe Higgins nach seiner Tanzeinlage von den streikenden Arbeitern auf die Schultern gehoben wurde. Einmal mehr hatte eine Sektion des CWI bewiesen, dass es nicht nur möglich ist zu kämpfen, sondern auch zu gewinnen. Die Socialist Party hat es mit ihrer Kampagne geschafft, die türkischen Arbeiter von der Notwendigkeit eines Streiks zu überzeugen. Dieser hat in Kombination mit der politischen Kampagne und dem Druck, den Joe Higgins im Parlament ausüben konnte, dazu geführt, dass die türkischen Arbeiter rückwirkend zwischen 30.000 und 70.000 Euro nicht ausgezahlter Löhne pro Kollege ausgezahlt bekamen.
Wie ein roter Faden zogen sich durch die fünftägige Schulung die aktive Teilnahme und in vielen Fällen führende Rolle der verschiedenen CWI-Sektionen bei Klassenkämpfen und wichtigen politischen Ereignissen in ihren jeweiligen Ländern. Vom Telekom-Arbeiter-Streik in Pakistan, über die G8-Demonstrationen im schottischen Gleneagles, antifaschistischen Demonstrationen in Österreich bis zur Kampagne gegen die Folgen der Tsunami-Katastrophe in Sri Lanka. In den Worten des schwedischen Vertreters im internationalen CWI-Vorstand Per-Ake Westerlund gibt es keine andere sozialistische Organisation, die eine solche Bilanz von Beteiligung an Kämpfen und Bewegungen vorweisen kann.

Neue politische Formationen

Die erste Diskussion der Woche beschäftigte sich mit den Entwicklungen in der Weltwirtschaft und den Klassenkämpfen in Europa. Die Ungleichgewichte und wachsenden Widersprüche in der Weltwirtschaft werden früher oder später zu einem Abschwung oder sogar einer tiefen Krise führen. Dies war ein Tenor der Debatte. Eine solche Entwicklung wird zu einer weiteren Intensivierung von Klassenauseinandersetzungen und einer Entwicklung im Bewusstsein der Arbeiterklasse führen und die Möglichkeiten für den Aufbau marxistischer Organisationen deutlich verbessern.
Ausführlich wurde auch die Entstehung neuer linker Parteien in Deutschland, Brasilien und anderen Ländern diskutiert. Die Entstehung der WASG wurde von vielen RednerInnen als eines der wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit bezeichnet. Die Bildung einer Partei im mächtigsten kapitalistischen Land Europas, die antritt, die unmittelbaren Interessen der Arbeiterklasse zu verteidigen, und eine neue Debatte über Alternativen zum kapitalistischen System ermöglicht, wird internationale Auswirkungen haben. Sie kann zu einem Bezugspunkt für linke Kräfte und die Arbeiterbewegung in anderen Ländern werden.
Die neue sozialistische Partei in Brasilien, P-SOL, kann eine ähnliche Wirkung in Lateinamerika entfalten. Die brasilianische Sektion des CWI, Socialismo Revolucionario, gehört zu den Organisationen, die die P-SOL begründet haben und hat einen Vertreter im Exekutivkommitee der neuen Partei.

Das asiatische Jahrhundert

Zum ersten Mal wurde eine Plenumsdiskussion auf einer solchen Konferenz zu den Ereignissen in Asien geführt. Peter Taaffe, Generalsekretär der britischen Socialist Party, analysierte die Entwicklungen und berichtete von einem kürzlichen Besuch in Malaysia, Sri Lanka und Pakistan. Er betonte, dass Asien, und vor allem China, mehr und mehr in das Zentrum der Weltpolitik rücken.
Die enorme kapitalistische Entwicklung in China, der Aufbau riesiger neuer Produktionskapazitäten, repräsentiert aber keine Chance für den Weltkapitalismus einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung zu erreichen. Im Gegenteil verstärkt der Aufstieg Chinas die weltweiten Ungleichgewichte und schafft mit der Entstehung eines millionenfachen neuen Proletariats seinen eigenen Totengräber. Mit großem Interesse wurde der Bericht von Laurence Coates, Redakteur der CWI-Website www.chinaworker.org, über seinen Besuch in Taiwan und von Diskussionen mit einer marxistischen Organisation aus Taiwan aufgenommen. Die Aufgabe, eine Basis für das CWI in China zu entwickeln, wurde durch die Diskussion unterstrichen.
Die Berichte der Teilnehmerinnen aus Pakistan und Malaysia vermittelten ein lebendiges Bild von den katastrophalen Lebensbedingungen für die Massen Asiens und unterstrichen die dringende Notwendigkeit des Sturzes des Kapitalismus. VertreterInnen der wichtigen Sozialistischen Partei aus Malaysia und einer kleinen revolutionären Gruppe, die innerhalb der neuen südkoreanischen Demokratischen Arbeitspartei agiert, nahmen an der Veranstaltung teil und wollen die Diskussionen über einen Eintritt in das CWI fortsetzen.
Insbesondere der Bericht über die Rolle der Sozialistischen Bewegung Pakistan beim Telekom-Arbeiter-Streik und das schnelle Wachstum der Organisation als Ergebnis dieser Intervention, war eine Inspiration für alle TeilnehmerInnen.
Die Chance für das CWI, seinen Einfluss in dem riesigen asiatischen Kontinent auszubauen sind besser, als jemals zuvor. Vor dem Hintergrund der wachsenden Rolle Asiens in der Welt ist dies nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine dringende Notwendigkeit. Die Konferenz unterstrich den festen Willen der CWI-Mitglieder das „asiatische Jahrhundert“ zum Jahrhundert des Sozialismus zu machen.

Lateinamerika

Sozialismus und Arbeitermacht stehen wieder auf der Tagesordnung in Lateinamerika. In Bolivien und Ecuador haben Massenbewegungen die jeweiligen Präsidenten gestürzt und vor allem in Bolivien wurde in der Bewegung die Notwendigkeit einer Arbeiter- und Bauernregierung aufgeworfen. In Venezuela gibt es eine breite Diskussion in der Arbeiterklasse und unter GewerkschaftsaktivistInnen über Fragen der Verstaatlichung, der Arbeitermitbestimmung bzw. -kontrolle und des Sozialismus.
Unter dem Druck der Massenbewegung und den weiteren Drohungen der Reaktion und des US-Imperialismus hat sich Präsident Chavez für die Einführung eines demokratischen Sozialismus ausgesprochen.
Diese Entwicklungen unterstreichen die Tatsache, dass der Klassenkampf und das Bewusstsein der Arbeiterklasse auf dem lateinamerikanischen Kontinent am weitesten fortgeschritten sind.
Berichte von Massendemonstrationen in Mexiko und Chile unterstrichen, dass Lateinamerika ein Kontinent im Aufruhr ist. Die CWI-Sektionen in Brasilien und Chile sind an diesem Aufruhr beteiligt und verbreiten die Ideen des revolutionären Marxismus. Diskussionen mit AktivistInnen in Venezuela lassen darauf hoffen, dass sich der Einfluss des CWI auf weitere Länder ausdehnen wird.

Aufbau der Internationale

Die griechische Delegation reiste zur CWI-Konferenz direkt von einem Jugend-Camp, auf dem 36 neue Mitglieder in die griechische Sektion Xekinima und zwei Jugendliche aus Italien in das CWI eintraten. Das Gewinnen neuer Mitglieder stand im Mittelpunkt der Diskussion über die Aktivitäten der CWI-Sektionen am letzten Tag der Schulung. Beeindruckende Berichte über Erfolge in der Mitgliederwerbung in Belgien, den USA, Zypern, Pakistan und Frankreich wurden ergänzt durch Berichte aus Ländern, in denen sich zwar nicht die Mitgliedschaft, aber doch der Einfluss und die Aktivitäten der Organisation ausgedehnt haben.
Als wichtigster Schlüssel zur Mitgliederwerbung in den meisten Ländern wurde die Arbeit unter Jugendlichen herausgestellt. Dazu gehören Kampagnen unter jungen ArbeiterInnen in Australien, Aktivitäten in der Jugendorganisation der P-SOL, der Aufbau sozialistischer Studierendengruppen in England und Wales und Kampagnen gegen die Rekrutierung von Jugendlichen für die US-Armee an amerikanischen Hochschulen.
Ebenso wurde die Bedeutung der betrieblichen und gewerkschaftlichen Arbeit unterstrichen. Vor allem in England und Wales konnte die Socialist Party ihre Stellung in den Gewerkschaften stärken. 22 SP-Mitglieder sind in nationale Vorstände diverser Gewerkschaften gewählt worden, darunter fünf VertreterInnen im Vorstand der größten Gewerkschaft UNISON. Aber auch Sektionen, die sich bisher vor allem auf Jugendarbeit konzentrierten, wie Griechenland und USA, haben wichtige Schritte im betrieblichen und gewerkschaftlichen Bereich ergriffen.
Eine wachsende Bedeutung nehmen internationale Aktivitäten, wie das Eingreifen bei internationalen Demonstrationen und Sozialforen ein. Die Beteiligung an den Protesten anlässlich des G8-Gipfels im schottischen Gleneagles wurde von allen Beteiligten als die bisher beste und erfolgreichste internationale Aktivität des CWI bewertet. Geplant sind ähnliche Erfolge bei einer internationalen Demonstration in Hongkong im Herbst und den kommenden kontinentalen Sozialforen in Lahore/Pakistan und Caracas/Venezuela.

Wachsendes Selbstbewusstsein

Das Selbstbewusstsein vor allem der jungen Mitglieder aus Griechenland, Frankreich und Belgien war geradezu greifbar. Die Konferenz wiederspiegelte das enorme Ausmaß der Aktivitäten der Sektionen des CWI. Mehr noch aber das große Vertrauen, eine starke sozialistische Kraft auf dem Planeten aufzubauen, die eine entscheidende Rolle bei der sozialistischen Veränderung der Welt spielen wird.

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