CWI weltweit. Sozialist*innen schlagen revolutionären Wandel vor, um Klimastreiks zu gewinnen.

Nikolas Wagner

Die Bewegung "Fridays for Future" hat sich auf der ganzen Welt wie ein Lauffeuer ausgebreitet und vor allem bei jungen Menschen einen Nerv getroffen, dass ernsthafte Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise erforderlich sind. Am Freitag, den 20. September, fand die letzte Welle der globalen Klimastreiks statt. Klimaaktivist*innen schätzen, dass weltweit vier Millionen Menschen an den Demonstrationen teilgenommen haben, womit die Zahl von 1,4 Millionen Teilnehmer*innen des ersten großen Streiks im März diesen Jahres weit übertroffen wurde.

Aktivist*innen aus den zahlreichen CWI-Sektionen nahmen am Freitag ebenfalls aktiv an den diversen Aktionen teil und mobilisierten gleichzeitig für den großen Earth Strike am 27. September. Die Aktivist*innen nahmen aber nicht nur an den zahlreichen Demonstrationen teil, sondern boten auch eine Perspektive an: Die wachsende Klimakrise ist naturgemäß mit dem kapitalistischen System verbunden, wurde durch dieses System erst geschaffen und erfordert einen Kampf für den Sozialismus, um eine umweltfreundliche, von Ausbeutung freie Gesellschaft zu schaffen.

Von Osten nach Westen...

Als der Tag im fernen Osten unseres Planeten anbrach, gingen Mitglieder der Socialist Party in Melbourne, Australien, auf die Straße, wo Hunderttausende von Klimaaktivist*innen anwesend waren. Später am Tag nahmen Mitglieder von Maavak Sozialisti in Israel/Palästina an Demonstrationen in Tel Aviv, Jerusalem und Haifa teil. Die Teilnehmer*innen der Demonstrationen zeigten großes Interesse an unserem Infomaterial und daran, selbst aktiv zu werden. Unsere Aktivist*innen organisieren eine Klima-Aktionsgruppe an der Universität von Tel Aviv, wo – noch vor Beginn des Studiensemesters – 30 Personen an der ersten Sitzung teilnahmen.

In Moskau waren die Klima-Aktionen – trotz einer sicht- und spürbaren Jugendbewegung in den letzten Monaten – nicht so groß. Dass lag zum Teil auch daran, dass die Behörden den Klimaprotest auf ein kleines Gebiet am Rande der Stadt beschränkten. Dennoch nahmen Mitglieder der Socialist Alternative in Russland teil und diskutierten aktiv mit den jungen Teilnehmer*innen die zentrale Forderung nach einer demokratisch geplanten Wirtschaft, um unseren Planeten noch zu retten.

...über Europa

Mitglieder von Xekinima in Griechenland berichteten, dass sich die Größe und der Klassencharakter der Proteste stark verbessert haben. So stieg die Zahl der Demonstrant*innen in Athen im Vergleich zum letzten Klimastreik auf 1.000; etwa die Hälfte der teilnehmenden Schüler*innen kam aus Arbeiter*innenfamilien. Neben den Schulstreiks gab es in der Stadt Volos auch eine Demonstration mit 250 Teilnehmer*innen gegen die dortige Müllverbrennung, die hier seit geraumer Zeit erhebliche Umweltprobleme verursacht.

In Prag und Krakau nahmen bei den Protesten mehrere tausend Menschen teil. Mitglieder der Socialistická Alternativa Budoucnost in der Tschechischen Republik und der Alternatywy Socjalistycznej in Polen verteilten hunderte Flyer und machten klar: "Die Erde zu retten bedeutet, den Kapitalismus zu besiegen".

In Deutschland waren bundesweit 1,4 Millionen Klimademonstrant*innen auf den Straßen. In Hamburg, wo 100.000 Menschen gekommen waren, verzögerte sich der Marsch aufgrund der zahlreichen Teilnehmer_innen. Zehntausende besuchten die Proteste in anderen Städten wie Bremen und Berlin, an denen auch Mitglieder der Sozialistischen Alternative SAV teilnahmen. In Köln, Kassel und Flensburg sprachen unsere Genoss*innen vor zigtausenden Klimaaktivist*innen. Insgesamt verkauften die Aktivist*innen 4.000 Exemplare ihrer eigens produzierten Zeitung zur Klimakrise und unserem Programm zur Bewältigung dieser Krise.

In Wien, Österreich, gab es keinen großen zentralen Protest, sondern kleinere Proteste in allen 23 Wiener Gemeindebezirken, sowie über einhundert lokale Proteste im Rest des Landes. Mitglieder der Sozialistischen LinksPartei SLP nahmen an einem Streik in einem Arbeiter*innenviertel teil und beteiligten später am Tag im Rahmen der "Workers for Future" an einer Diskussionsveranstaltung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Am Ende des Tages protestierten die Aktivist*innen vor dem Büro des Industrieunternehmens Andritz, dessen Wasserturbinen in Staudammprojekten weltweit wesentlich zur Zerstörung von Ökosystemen und zur Ausbeutung von Menschen beitragen.

In Stockholm gingen 10.000 Menschen auf die Straße, in Brüssel waren es 15.000. Unsere Genoss*innen der Linkse Socialistische Partij | Parti Socialiste de Lutte in Belgien organisierten spontan einen Jugendblock auf der großen Klimademo. Mitglieder der neu gegründeten Socialist Alternative in England & Wales nahmen an Protesten in einer Reihe von Städten teil, z.B. in Coventry, wo unsere Aktivist*innen eine führende Rolle spielten. Sie führten einen kurzen Demozug an, hielten Reden und organisierten ein Open Mic - all das brachte Gewerkschafter*innen und die streikenden Jugendlichen zusammen. Auf der anderen Seite der Irischen See nahm die Socialist Party in Dublin an einer lebhaften Demonstration teil und knüpfte Kontakte zu 100 interessierten jungen Aktivist*innen.

In Afrika....

Weiter südlich auf der Welt gingen in Abuja, Nigeria, 500 Menschen auf die Straße, darunter Aktivist*innen des Democratic Socialist Movement, die ihren Unmut und ihre Wut die Klimakatastrophe betreffend lautstark äußerten. In Südafrika verteilten Mitglieder der "Workers and Socialist Party" Flugblätter in Kapstadt und Johannesburg. Darauf war zu lesen: "Wir müssen für einen Systemwechsel kämpfen, bei dem wir, die Arbeiter*innenklasse, die Wirtschaft demokratisch kontrollieren und der Mehrheit der Menschen eine Zukunft sichern können, und nicht Gewinne für eine kleine Minderheit. Wir müssen für den Sozialismus kämpfen!"

... und in den Amerikas...

In den USA waren Mitglieder der Sozialist Alternative von der Ost- bis zur Westküste auf den Straßen. In Chicago, wo 3.000 Teilnehmer*innen zur Klimademo gekommen waren, sangen Jugendliche "Systemwandel statt Klimawandel". Zahlreiche junge Menschen in Minneapolis demonstrierten in bester antikapitalistischer Stimmung. Redner*innen benannten den Kapitalismus als ursächliches Problem. In Seattle fanden zwei Klimaproteste statt: An dem einen beteiligten sich 4.000 Student*innen, der andere wurde von 1.500 Arbeiter*innen aus dem Amazonasgebiet getragen, was einen wichtigen Schritt zur Einbeziehung der Arbeiter*innen in den Kampf gegen die Klimakrise bedeutet.

Eine echte internationale...

Am nächsten Tag, dem 21. September, reiste ein Team von Mitgliedern und Sympathisant*innen aus Belgien, Frankreich, Schweden, Irland, Deutschland, England und Wales zu den internationalen Protesten von Klimaaktivist*innen und den Gelbwesten in Paris. Die Polizei setzte Tränengas gegen die 15.000 Demonstrant*innen ein und nahm die Anwesenheit des "schwarzen Blocks" als Vorwand für das unverhältnismäßige Vorgehen. Trotz dieser Widrigkeiten waren wir erfolgreich bei unseren Bemühungen, neue Leute in Frankreich zu treffen und unsere Kräfte international aufzubauen.

Alles in allem gehen wir mit neuem Selbstvertrauen und gestärkt aus dem Wochenende, nicht nur wegen des inspirierenden Wachstums der Bewegung gegen den Klimawandel selbst, sondern auch, weil wir gezeigt haben, wie wir als Internationale in diesem neuen globalen Protest wirkungsvoll eingreifen können.

In eine neue Phase in der Geschichte unserer Internationalen eintretend, verstehen wir, dass sich die arbeitenden Menschen dieser Erde radikalisieren. Die Beteiligung am Kampf gegen die Klimakrise ist ein Teil des Kampfes für eine Welt ist, in der Natur und Mensch nicht mehr zum Wohle einer immer kleiner werdenden Minderheit ausgebeutet werden und in der die Arbeitnehmer*innen demokratisch entscheiden, wie sie ihre Bedürfnisse am besten befriedigen und das Leben in vollen Zügen genießen können.

Kämpfen für die Zukunft

Für die kommenden Tage und Wochen und insbesondere für den 27. September sind weitere Proteste geplant, bei denen wir erneut energisch argumentieren werden, dass die Bewegung wirkungsvoll weiterentwickelt werden kann, indem sie auf eine breitere Schicht von Arbeiter*innen und Gewerkschaften ausgedehnt wird. Es braucht eine Struktur demokratischer Aktionskomitees, die über Aktionen am Arbeitsplatz, in Schulen und Universitäten entscheiden und diese koordinieren. Wir müssen weiterhin für einen Systemwechsel kämpfen, um das kapitalistische System, das so viel zum Schaden der Umwelt beigetragen hat, loszuwerden und es durch eine Gesellschaft zu ersetzen, die auf Bedürfnissen und nicht auf Profiten basiert – eine demokratisch sozialistische Gesellschaft!