Corona: Die praktische Ausrede

Corona ist echt - die wachsende Ungleichheit, die Probleme und das Chaos aber hausgemacht.
Sonja Grusch

Wir blicken auf 2 Jahre Corona mit Pannen, Pleiten und Problemen zurück. Doch wir hätten uns das Meiste ersparen oder so organisieren können, dass es weniger dramatische Einschnitte bedeutet. Folgendes hätte es gebraucht:

1) Ausreichend Geld um in jenen Bereichen, die weiterlaufen müssen wie Handel, Gesundheits- und Bildungswesen etc. optimale und sichere Zustände zu ermöglichen und eine öffentliche und niedrigschwellige Test-, Contact Tracing und später Impf-Infrastruktur aufzubauen. 

2) Die transparente Diskussion und Festlegung von Maßnahmen durch Beschäftigte in den jeweiligen Bereichen (z.B. Öffifahrer*innen, Krankenpflegepersonal, Lehrer*innen), die die Situation tatsächlich kennen und Vertreter*innen der Arbeiter*innenklasse. Beides ist nicht geschehen. Stattdessen war die Corona-Politik an den (durchaus widersprüchlichen) Interessen des Kapitals ausgerichtet: Von Ski-Zirkus über die exportorientierte Industrie bis zum Handel. Virolog*innen & Co. wurden nur gehört, wenn es politisch in den Kram passt. Klar wurde auch die Funktion des “Bildungs”wesens: Kinder und Jugendliche zu verwahren, damit die Eltern für den Job frei sind. Weder Schüler*innen noch Pädagog*innen wurden in die Entscheidungen einbezogen. 

Die Ergebnisse sind entsprechend: Die soziale Ungleichheit hat sich massiv vergrößert, die Reichen sind reicher geworden. Die privaten Gewinne wurden mit staatlichen Geldern gestützt. Unternehmen und Landwirtschaft erhielten 56% der Förderungen, zahlen aber nur 9% der Steuern. Noch Fragen?

Was das zeigt: Im 21. Jahrhundert haben wir die technischen Möglichkeiten und Ressourcen, um Klimawandel und Pandemien in den Griff zu bekommen, Krieg und Hunger zu beseitigen. Und doch werden politische Entscheidungen entlang der Interessen einer klitzekleinen Minderheit gefällt, die durch ihre wirtschaftliche Macht alles in der Hand hat. Und genau das gilt es zu beenden - durch die Enteignung der Superreichen und Kapitalist*innen und eine von unten demokratisch geplante Wirtschaft und Gesellschaft.

Pandemie der Ungleichheit

Corona hat laut Oxfam-Studie zusätzliche 160 Millionen Menschen in die Armut getrieben. Die ärmsten 20% haben am meisten verloren. Laut Forbes ist in der Pandemie das Vermögen der 2755 Milliardär*innen um 5 Billionen Euro gestiegen - bei den 55.000 Superreich stieg es 14x mehr als in der Gesamtgesellschaft. Credit-Suisse berechnet, dass die 10 reichsten Menschen mehr besitzen als 40% der Weltbevölkerung. 

In Österreich besitzen die reichsten 10% mehr als 50% des Gesamtvermögens. Die Corona-Förderungen haben bei Firmen viel “abgefedert”, es kam sogar zur “Überförderung”. Das zeigt sich daran, dass z.B. die Gewinne in Gastronomie und Hotellerie 2020 höher lagen als 2019! Zum Vergleich: 2020 gab es in der Gastronomie gar keine Erhöhung der Kollektivverträge, 2021 nur ein mageres Plus von 2,25%!

Gerne wird argumentiert, dass die Schulen offen bleiben müssen, “wegen der Kinder”, auch um hier sozial Schwachen zu helfen. Es werden allerdings keine zusätzlichen Lehrkräfte und Unterstützungskräfte eingestellt, um die zusätzlichen Aufgaben (Testen etc.), die Krankenstände (Corona& Burnout) und den Doppel- u.Dreifachunterricht (vor Ort, Distance und Digital) zu bewerkstelligen. Fazit: Schule ist nur Verwahrungsort.

Frauen sind besonders betroffen, nicht nur durch die Mehrfachbelastung und eventuelle Gewalt in der Familie. Auch die Umstrukturierung der Arbeitswelt trifft sie mehr. Homeoffice auch künftig, “neben” dem kranken Kind ist das eine. Das Streichen von weniger qualifizierten Jobs das andere. 73% der Unternehmen zahlten 2020 Dividenden aus, Teile des Handels boomten, aber die Lohnabschlüsse decken nicht einmal die Inflation ab. 

 

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