Bolivien und Ecuador

Laura Rafetseder

Massive Klassenkämpfe erschüttern derzeit Ecuador und Bolivien. Die Regierungen schwanken. Was diesen Bewegungen zur Durchsetzung einer gesellschaftlichen Alternative jedoch fehlt, ist ein klares revolutionäres Programm.
In Ecuador begann ein Aufstand am 15. Jänner - ausgehend von Protesten der indigenen Landbevölkerung, schloßen sich bald in ganz Ecuador ArbeiterInnen an. Es gab einen Generalstreik, Massendemonstrationen und Straßenblockaden, die sich gegen die verheerenden sozialen Mißstände (75% sind arbeitslos oder unterbeschäftigt, über 50% leben von weniger als einem Dollar pro Tag) und die neoliberale Politik der Regierung richten. Der Aufstand wurde von ganzen Teilen der Armee unterstützt. Traditionell steht das Militär bzw. Gruppen von Militärs, wegen seiner starken, radikal-bürgerlichen Tendenzen, in Lateinamerika immer wieder auf der Seite des Volkes und gegen die Herrschenden.
Eine der ersten Errungenschaften der Bewegung war die Errichtung eines Gegenparlaments, das die drei Grundpfeiler des bürgerlichen Staats - Exekutive, Legislative und Jurisdiktion - ablehnt und in Ansätzen Züge einer Rätedemokratie zeigt. Die herrschende Klasse war angesichts der Proteste in massiver Bedrängnis und von sich aus nicht in der Lage die Bewegung zu zerschlagen. Der Umschwung kam erst, als die Führung der Bewegung aus alternativlosigkeit die Macht zurück in die Hände der alten Regierung legte. Trotz dieses Rückschritts für die Bewegung ist diese keineswegs geschlagen und ist ein neuerliches Auflammen zu erwarten.

Bolivien

Auch in Bolivien gab es Massendemonstrationen. Sie begannen gegen die von der reaktionären Regierung Hugo Banzers geplante Privatisierung der Wasserversorgung, die eine 40-prozentige Preiserhöhung bedeuten würde. Die Bewegung, getragen von Gewerkschaften, Studierenden und der Landbevölkerung, richtet sich vor allem gegen die Kooperation Banzers mit dem US-Imperialismus und multinationalen Konzernen. Die Regierung beantwortete die Proteste mit massiven Repressionen sowie gewalttätigen Ausschreitungen von Seiten des Militärs, drei Demonstranten kamen dabei ums Leben. Der Gewerkschaftsdachverband COB reagierte mit einem eintägigen Generalstreik Mitte April. Sogar der Polizeiapparat ist gespalten und schloß sich zu einem grossen Teil an. Sie fordern Lohnerhöhung und ein Ende der Korruption. Die Regierung ist unter massiven Druck, mußte Lohnerhöhungen zustimmen und die geplannte Privatisierung zurücknehmen.
Aber wie in anderen Ländern fehlt noch eine entschlossene Führung. Solange der Widerstand kein klares Ziel, keine Perspektive und kein Programm hat, wird die Bewegung immer wieder auf halbem Weg stehenbleiben.

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