Di 29.11.2022
Tausende Jugendliche, Frauen, Männer und LGBTQIA+ Personen beteiligten in ganz Österreich an Aktionen am internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und LGBTQIA+. ISA- und ROSA-Mitglieder und -Unterstützer*innen waren in Wien, Graz und Linz dabei.
In Graz und Linz nahmen jeweils rund 300 Menschen an den Protesten teil, die von einer noch kämpferischeren Stimmung als schon voriges Jahr geprägt waren. In Linz fand die Demonstration des Bündnisses „Do It Yourself: Frauentag Linz“, an dem die ISA beteiligt ist, schon zum zweiten Mal statt. In beiden Städten sprachen ISA- und ROSA-Aktivist*innen als Redner*innen. Diese brachten die Gewalt gegen Frauen und LGBTQIA+ Personen mit dem imperialistischen Krieg, Ausbeutung und dem gesamten kapitalistischen System in Verbindung, das Gewalt aufrechterhält. Die Demonstrant*innen skandierten: "Nicht eine weniger", “Nehmt ihr uns eine - antworten wir alle!”, "Ehe, Küche, Vaterland - unsere Antwort: Widerstand!" und Sprechchöre, die die Proteste mit der Bewegung im Iran verbanden, wie "Jin, Jiyan, Azadi!" bzw. „Frau, Leben, Freiheit!“.
Darüber hinaus sprachen sowohl in Wien als auch auf der Demo in Linz kurdische, iranische und afghanische Aktivist*innen über die Situation und den Widerstand gegen die Unterdrückung in ihren Ländern.
Das Thema Gewalt gegen Frauen ist außerhalb von Wien besonders zentral - viele Frauen auf dem Land und in kleineren Städten in Österreich haben weniger Zugang zu den notwendigen Ressourcen, wenn sie mit Gewalt oder Belästigung konfrontiert sind, und die Unterstützung der Kirche und reaktionärer Ideen in Bezug auf Frauen und LGBTQIA+ ist weiter verbreitet und normalisiert. Der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ist in diesen Gebieten ebenfalls stärker eingeschränkt, was viele Frauen in eine besonders verletzliche Lage bringt, in der sie oft nicht in der Lage sind, sich aus missbräuchlichen Situationen zu befreien. Demonstrationen dieser Art in Graz und Linz sowie in anderen Städten senden eine klare Botschaft an staatliche Behörden und Täter - Gewalt gegen Frauen und LGBTQIA+ Personen werden wir nicht tolerieren!
In Wien organisierten und leiteten ISA- und ROSA-Mitglieder die größte Demonstration am 25. November, die die Stadt je gesehen hat. Der energiegeladene Protest marschierte vom Wiener Handelskai zum Praterstern - einem von der Arbeiter*innenklasse geprägtes Viertel in Wien, wo letztes Jahr der s.g. “Bierwirt-Mord” stattfand, der eine mediale Debatte über Femizide auslöste. Während der 25.11. in der Vergangenheit oft als Gedenkveranstaltung für die Opfer von Femiziden, sexueller und häuslicher Gewalt begangen wurde, haben dieses Jahr rund Tausend Frauen, Männer und nicht-binäre Personen einen kämpferischen Marsch mit einem klaren Aufruf gegen Imperialismus und Krieg, gegen unterdrückerische Diktaturen überall und insbesondere gegen das iranische Regime, das gegen den mutigen Aufstand der iranischen und kurdischen Massen vorgeht, veranstaltet.
Die Teilnehmer*innen waren spürbar inspiriert von der Bewegung im Iran und den Solidaritätsdemonstrationen dafür, die ROSA und ISA in den letzten Monaten organisiert hatten - und sahen die Notwendigkeit, nicht nur Solidarität zu zeigen, sondern den Kampf auch hier in Österreich zu führen. Österreich hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine hohe Rate von Fällen häuslicher Gewalt und ist das einzige europäische Land, in dem Frauen häufiger ermordet werden als Männer. Diese Daten überraschen nicht, wenn man bedenkt, dass Österreich auch eines der höchsten Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männer aufweist und fast die Hälfte der Frauen im erwerbsfähigen Alter teilzeitbeschäftigt sind. Finanzielle Unsicherheit und ein Mangel an wirtschaftlicher Unabhängigkeit sind die Hauptfaktoren, die Frauen und LGBTQIA+-Personen für häusliche Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz anfällig machen.
Deshalb verbanden wir auch die Unterstützung des Aufstandes im Iran mit dem Widerstand gegen die Angriffe auf das Abtreibungsrecht in den USA, Polen und Ungarn sowie den Kampf gegen die extreme Rechte und die Kirche hier in Österreich, die ähnliche Angriffe planen. So wurden begeistert Slogans gegen Gewalt an Frauen und Angriffe auf die körperliche Autonomie, wie "Mein Körper, meine Entscheidung!" und "What ever I dress, where ever I go – Yes means Yes and No means No!" skandiert.
Viele der jungen Demonstrant*innen, von denen einige noch nie politisch aktiv waren oder mit ROSA oder ISA zu tun hatten, wurden durch ihre eigenen Erfahrungen mit Missbrauch, Übergriffen und Schikanen dazu bewegt auf die Straße zu gehen. Viele der teilnehmenden Frauen arbeiten im Einzelhandel oder im Dienstleistungssektor, wo niedrige Löhne, prekäre Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsfeindlichkeit und sexuelle Belästigung an der Tagesordnung sind. Viele kommen auch aus dem bröckelnden Sozialbereich - Krankenpflegerinnen, Lehrerinnen oder Sozialarbeiterinnen, die das kriminelle Aushungern dieser Bereiche durch die Bundes- und Landesregierung und deren Auswirkungen sowohl auf die Beschäftigten als auch auf die Menschen, die sie betreuen, erleben. Der Mangel an Tausenden von Lehrer*innen, Krankenpfleger*innen und Sozialarbeiter*innen bedeutet, dass die Beschäftigten in diesen Bereichen unter einem enormen Arbeitsstress bei viel zu niedrigen Löhnen leiden. Fehlende Kinderbetreuung führt dazu, dass vor allem viele ärmere Frauen ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um zu Hause zu bleiben und ihre Kinder zu betreuen.
Aber die Beschäftigten in diesen Sektoren sehen auch den Schaden, den die schleichenden Kürzungen und die Privatisierung für die österreichische Arbeiter*innenklasse haben - für jene, die sich keine private Gesundheitsversorgung oder private psychiatrische Versorgung leisten können, für jene, die sich keine private Bildung leisten können, und für jene, die von Gewaltschutzeinrichtungen aus Kapazitätsgründen abgewiesen werden müssen.
ISA- und ROSA-Mitglieder und -Unterstützer*innen sprachen in Reden über diese Zusammenhänge - und zeigten mit dem Finger auf die österreichische Regierung, die anscheinend Geld für Waffen und Krieg, aber nicht für Gewaltschutz, Bildung und Soziales hat. Die österreichische Regierung, wie die Herrschenden auf der ganzen Welt, die alle zuerst der kapitalistischen Profitmaschine und den Konzernen die Treue halten, entschieden sich dafür, die Lasten der Krise und des Krieges, die und den sie selbst verursacht haben, uns aufzubürden. Und während die arbeitenden Menschen und Jugend täglich darum kämpfen, über die Runden zu kommen, machen die Bosse des Großkapitals Rekordgewinne.
ISA- und ROSA-Mitglieder nahmen an diesen Demonstrationen teil und führten sie an, um sich mit dem mutigen Aufstand der Massen im Iran, in Kurdistan und Afghanistan und dem Widerstand der unterdrückten und ausgebeuteten Menschen überall zu solidarisieren. Wir marschierten, um jeder Frau hier in Österreich, die Gewalt oder Belästigung erfahren hat, jeder unterbezahlten und überlasteten Sozialarbeiterin, Krankenpflegerin und Lehrerin und jeder*m Arbeiter*in zu sagen, dass sie in ihrem Kampf nicht allein sind. Um die Unterdrückung von Frauen, LGBTQI+ Menschen und ethnischen Minderheiten, die Ausbeutung der gesamten Arbeiter*innenklasse und die Bedrohung durch die extreme Rechte zu bekämpfen, ist eine von unten organisierte Bewegung nötig - die in jeder Schule, jeder Stadt, jeder Universität und jedem Arbeitsplatz präsent ist, um für Verbesserungen zu kämpfen - im Großen wie im Kleinen. Gegen Schikanen an Schulen und am Arbeitsplatz, für höhere Löhne, für massive Investitionen in den sozialen Sektor sowie für Pflege, psychosoziale Dienste und öffentlichen Wohnungsbau. Für eine demokratische Bewegung jener Massen, die den Preis für die Profitgier zahlen müssen, um die Grundlage für eine Alternative zu schaffen, die in der Lage ist, dieses System zu ersetzen!
Organisiere dich mit ROSA!
Kommt zum nächsten ROSA-Treffen in Wien!
MORGEN Mittwoch, 30.11. - 19:00 - Amerlinghaus (Stiftgasse 8 )
nächstes ROSA-Treffen in Salzburg:
Montag, 5.12. - 18:30 - "academy" (Franz-Josef-Straße 4 )
Schreibt uns, wenn ihr Interesse an nächsten Treffen von ROSA und der ISA in Wien, Graz, Linz oder Salzburg habt!
per E-Mail: info@nichtmitmir.at oder über WhatsApp/Signal/Telegram: +43660 9543696