Alles ist politisch!

Handke und Henker

Der britische Literaturnobelpreisträger Rudyard Kipling unterstützte den General Reginald Dyer mit 26.000 Pfund, nachdem dieser 1919 in Indien ein Massaker an einer unbewaffneten Demonstration verübte – Die Bilanz: 379 Tote und 1.200 Verletzte. George Orwell nannte ihn einen „moralisch unsensiblen, ästhetisch unbefriedigenden Jingo-Imperialisten“. Die italienische Mussolini-Unterstützerin Grazia Deledda erhielt 1926 den Literaturnobelpreis. Zur selben Zeit meinte sie, sie „liebe und verstehe“ den Faschismus, der für sie den Kampf um ein gesundes Familienleben und Liebe zur Heimat darstelle. Mit seiner Parteinahme für den Massenmörder Milosevic ist Peter Handke also in guter Gesellschaft. Dass Gegnerschaft zur NATO keineswegs die Unterstützung von Diktatoren bedeutet, bewiesen Sozialist*innen des CWI während des Kosovo-Krieges. Sie argumentierten, dass man sich sowohl gegen die NATO als auch gegen Milosevic stellen konnte und musste. Übrigens: Jean Paul Sartre lehnte den Preis 1964 mit dem Verweis auf seinen imperialistischen Charakter ab, was die skandinavische Presse als „größte Ohrfeige für die schwedische Akademie“ beschrieb. Wenn es ihm um Anti-Imperialismus ginge, hätte Handke das auch tun können – denn eine Ohrfeige hätte die Akademie für ihre Entscheidung verdient.

Drag-Profit

Drag-Kultur entwickelte sich als Widerstand gegen unterdrückende Normen. Drag Queens waren ein wichtiger Teil der Stonewall Riots. Doch mit den Erfolgen der LGBTQIA-Bewegung entdeckt das Kapital sie als Profitquelle: Die amerikanische TV-Show „RuPauls Drag Race“ wurde von vielen noch als Erfolg für die Sichtbarkeit der Kultur gefeiert, doch nun plant Pro 7 ebenfalls eine Drag-Show - ausgerechnet mit Heidi Klum an der Spitze. Klum hat in den letzten Jahren mit „Germany’s Next Top Model“ nicht nur die Ideologie verbreitet, Frauen müssten ihre Körper schinden, um möglichst gefällig zu sein, sondern auch Millionen verdient. Zurecht wehrten sich im Gespräch mit Vice Drag-Aktivist*innen nun dagegen, als „Cashcows“ vor die Kamera gezerrt zu werden. Statt der Kommerzialisierung von Gegenkultur braucht es eine antikapitalistische LGBTQIA-Bewegung!

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