20 Jahre Liverpool

Linke Oppositionsarbeit konkret

Das CWI (dem die SLP als österreichische Sektion angehört) kämpfte im internationalen Rahmen drei Jahrzehnte lang innerhalb vieler sozialdemokratischer Parteien gegen die bürgerlichen Führungen und für einen sozialistischen Kurswechsel. Damit gelang es uns über Jahre hinweg viele Jugendliche und ArbeiterInnen zu gewinnen. Als Konsequenz der Verbürgerlichung der sozialdemokratischen Parteien zogen die Mitglieder des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI) Anfang/Mitte der 90er Jahre den Schluss, eigenständige revolutionäre Parteien und Organisationen zu gründen. Heute besitzt das CWI 32 Sektionen auf allen Kontinenten.

Vor 20 Jahren: Rotes Liverpool gegen Thatcher

Den größten Einfluss innerhalb der Sozialdemokratie erlangte unsere britische Schwesterorganisation die als marxistische Strömung „Militant“ (Kämpferisch) mit anderen Linken 1984 die Mehrheit in der Liverpooler Labourparty und damit auch im Stadtparlament erlangte. Zur selben Zeitpunkt begann die „eiserne Lady“ Margret Thatcher, den britischen Sozialstaat und die Gewerkschaftsbewegung zu zerschlagen. In Liverpool wurde gezeigt, wie sozialdemokratische Mehrheiten von einer organisierten linken Opposition genutzt werden können. Gemeinsam mit den Beschäftigten, Jugendlichen und Bewohnern der Stadt, konnte in den folgenden Jahren bis 1987 dem neoliberalen Kurs der Thatcher-Regierung, das Projekt eines „roten Liverpools“ entgegengestellt werden. Zu dessen Leistungen zählten: Einführung der 35h-Woche bei vollem Lohn, der Beschluss der vorigen Regierung, 2.000 Jobs zu streichen, wurde zurückgenommen, 5.000 neue Sozialwohnungen gebaut (damit mehr als alle anderen Kommunen Englands zusammen!), 12.000 neue Arbeitsplätze in der Baubranche durch öffentliche Bauaufträge geschaffen und eine Erhöhung des Mindestlohns für städtische Beschäftigte erhöht, um nur die markantesten zu nennen. Auch als Thatcher den Geldhahn völlig zudrehte und gleichzeitig den gesamten Stadtrat vor Gericht zerrte, gaben die LiverpoolerInnen nicht auf: In mehreren Generalstreiks kämpften Stadtregierung und die ArbeiterInnenklasse gemeinsam. Das rote Liverpool scheiterte damals nicht an Thatcher, sondern an der Politik der Labour Party in Britannien: Die damalige Parteiführung schloss sich der Hexenjagd der Thachterregierung und der Medien gegen die Liverpooler „Bolschewisten“ an und liquidierte gleichsam die gesamte Stadtorganisation. Gleichzeitig weigerten sich andere von Labour geführten Städte, dem Liverpooler Beispiel des konsequenten Widerstandes zu folgen.

Gibt es eine Perspektive für Linke in SPÖ und FSG?

Im Gegensatz zu den 80er Jahren halten wir es für ausgeschlossen, dass eine linke Kraft in der Sozialdemokratie in irgend einem Land ein ähnliches Projekt aufziehen könnte und drei Jahre lang einer neoliberalen Regierung die Stirn bieten würde. Weder in der Labour Party, noch in der SPD oder der SPÖ gibt es heute die Basis, auf die sich ein solcher konkreter Widerstand stützen und auch gegen die Repression der Parteiführung verteidigt werden könnte. Doch nicht alle Linken in der SPÖ haben den Schritt des Großteils der „alten“ Parteimitgliedschaft nachvollzogen und sind ausgetreten. Einige Linke sind bis heute in der Sozialdemokratie verblieben in der Hoffnung, dass die SPÖ wie in den 70er Jahren in Zukunft wieder zum Brennpunkt gesellschaftlicher Kämpfe und Veränderungen nach „links“ wird. Eine Analyse der großen Ereignisse der letzten Jahre zeigt, dass sich diese Hoffnungen nicht bestätigt haben. Mit der blauschwarzen Regierung hat seit 2000 eine Welle von Demonstrationen, Kämpfen und Streiks Österreich überzogen. Selbst eine der letzten linken Strömungen in der SPÖ – die Zeitung „Funke“ - muss allerdings feststellen: „Nur scheinen die Oppositionsparteien, allen voran die SPÖ, unwillig und unfähig, diesem Widerstand eine organisatorische Alternative zu bieten. Von Aufbruchsstimmung ist in der Sozialdemokratie nichts zu merken.“ Offen bleibt daher zum einen die Frage, mit welcher Perspektive Linke heute in der SPÖ arbeiten. Zum anderen wird  die Frage eines gemeinsamen, organisierten Widerstandes aller (!) Linken gegen die neoliberale Politik SPÖ-Führung – vor allem dort, wo diese an der Macht ist – immer vordringlicher.

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