„EZB und EU kommen nicht als Freunde des irischen Volkes“

Interview mit Joe Higgins, Abgeordneter zum Europäischen Parlament für die Socialist Party (CWI-Irland)

Was sind die Gründe für die aktuelle Krise in Irland und welche Auswirkungen hat sie?

Joe Higgins: Von 1997 bis 2007 haben wir in Irland massive Spekulationen und Profite bei Immobilien gesehen. Die Preise von einfachen Wohnungen stiegen um bis zu 400%. Junge ArbeitnehmerInnen mussten sich massiv verschulden. Das bedeutete natürlich riesige Profite für die Bauindustrie und Banken. Internationale Spekulanten haben massiv investiert, aber auch irische Banken waren daran beteiligt. Sie dachten, dass das Spekulationswunder ewig anhält, aber es war klar, dass die Blase platzen muss. Das war dann auch so. In Folge hatten wir Milliarden an faulen Krediten. Internationale Spekulanten hatten alleine 10 Mrd. an faulen Krediten bei den Bank of Ireland liegen. Von der Regierung und den Medien bis hin zu rechten Ökonomen sind alle der Meinung, dass die ArbeiterInnenklasse zahlen muss und dass die Banken und Spekulanten nicht um ihre Kredite umfallen sollen. Europäische Zentralbank und EU kommen nicht als „Freunde des irischen Volkes“. Im Interesse der EU ist alleine die Sicherung der Profite für Banken und Spekulanten. Dafür sollen die einfachen Leute bezahlen, und zwar mit Kürzungen bei ihrem Lebensstandard und bei öffentlichen Dienstleistungen.

Wie ist die Stimmung in Irland?

Die enorme Wut der ArbeitnehmerInnen ist schon vor einem Jahr deutlich geworden, als bei einem eintägigen Streik im öffentlichen Dienst 250.000 Menschen in Dublin gegen eine 15% Gehaltskürzung demonstrierten. Am 27. November haben ca. 70.000 auf den Straßen von Dublin demonstriert. Am 7. Dezember gab es vor dem Parlament Proteste gegen die Budgetabstimmung, in der auch alle Kürzungen beschlossen wurden. Aktuell ist das größte Problem für die irische ArbeiterInnenklasse die Gewerkschaftsführung, die die Argumente der Regierung für Kürzungen akzeptiert. Sie stellt keine Führung in der Massenmobilisierung dar. Wir von der Socialist Party sagen, dass die ArbeiterInnen ihre Macht nützen müssen, um die Angriffe zurückzuschlagen. Wir schlagen einen 24-stündigen Generalstreik als ersten Schritt vor.

Anfang 2011 wird es Wahlen geben. Gibt es eine Alternative für ArbeiterInnen und Jugendliche?

Die Socialist Party tritt gemeinsam mit anderen linken Gruppen in der United Left Alliance an. Wir haben ein klares linkes Programm, das die Grundlage für eine neue Alternative für ArbeiterInnen bei den Wahlen sein kann. Es gibt eine reale Chance, dass bis zu sechs KandidatInnen ins Parlament gewählt werden. Das würde die Grundlage für den Aufbau einer grundlegenden Opposition im Parlament legen. Die zukünftige Regierung wird voraussichtlich mindestens eine der aktuellen Oppositionsparteien, Labor oder Fianna Gail, beinhalten. Die werden aber weiter die gleiche Politik betreiben, wie die jetzige Regierung. Darum ist es notwendig, nicht nur im Parlament Opposition zu organisieren, sondern vor allem auf der Straße und die Positionen im Parlament auch dafür zu nutzen.

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