“Monatlich verlieren 600.000 ihren Job...”

Millionen für MillionärInnen, Jobverlust für Millionen – ein US-amerikanischer Sozialist im Interview

In den USA hat die Krise bereits Millionen an Jobs gekostet. Doch während die Wallstreet-Banker munter weiter Boni kassieren, regt sich Widerstand von unten. Für Vorwärts sprach Sebastian Kugler mit Brett Hoven, einem Sozialisten aus den USA.

Vorwärts: Wie hat sich die Weltwirtschaftskrise in den USA ausgewirkt?

Brett Hoven: Bisher hat die Krise in den USA mehr als 6 ½ Millionen Jobs gekostet. Das ist eine Zahl, die man sich schwer vorstellen kann. Um das ein bisschen besser zu illustrieren: Es wurden in dieser kurzen Zeit mehr Jobs vernichtet, als in dem gesamten Boom zuvor geschaffen wurden. Seit Jahresanfang verlieren monatlich 600.000 Menschen ihren Arbeitsplatz. Außerdem fehlt das ganze Geld, das in die Rettung der Banken gestopft wurde, nun im Gesundheitsbereich, in der Bildung und in sämtlichen anderen sozialen Netzwerken.

Vorwärts: Was für einen Effekt hatten dann die von Obama geschnürten Rettungspakete?

Brett Hoven: Mit den so genannten "Stimulation Packages" wurden klassisch-keynesianistische Methoden verfolgt. Mit anderen Worten: Es wurden Straßen gebaut, die niemand braucht, und bereits existierende wurden zum Beispiel mit Straßenschildern überschwemmt. Das mag kurzzeitig den Sturzflug der Wirtschaft abbremsen, einen wirklichen Effekt auf den Lebensstandard der Menschen gibt es jedoch nicht. Die leiden weiterhin unter der steigenden Arbeitslosigkeit und dem Mangel an Jobs.

Vorwärts: Du arbeitest bei General Motors, einem Konzern der besonders hart von der Krise getroffen wurde. Wie sieht es zurzeit dort aus?

Brett Hoven: Alleine GM hat bereits 19 Fabriken dicht gemacht. Meine zum Glück noch nicht, sie soll aber wegen "Umstrukturierungsmaßnahmen" in zwei Jahren geschlossen werden. Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin bei GM bangt mittlerweile um seinen oder ihren Job.

Vorwärts: Bildet sich Widerstand bei den Gewerkschaften?

Brett Hoven: Auf die Gewerkschaftsbürokratie ist wieder einmal kein Verlass. Sie rechtfertigen diese katastrophalen Maßnahmen mit der Ausrede: "Wir müssen wettbewerbsfähiger werden." Was "wettbewerbsfähig" heißt, muss ich ja wohl nicht weiter erläutern.

Vorwärts: Was gibt es dann für Möglichkeiten, gegen die Auswirkungen der Krise und ihre Verursacher zu kämpfen?

Brett Hoven: Es gibt bereits viele vorbildhafte Beispiele aus Europa, wie effektiv Widerstand geleistet werden kann. Wichtig war dabei immer, dass SozialistInnen in das Geschehen eingegriffen haben und die Arbeitskämpfe unterstützt haben. Zum Beispiel die französischen ArbeiterInnen in der Goodyear Reifenfabrik, die einen erfolgreichen Kampf gegen eine von der Gewerkschaft akzeptierte Lohnkürzung führten. Als die englische Firma Visteon zusperren wollte, gingen alle vier Standorte (Belfast, Endfield in Nordlondon, Baselton und Swansea) in den Arbeitskampf und konnten wichtige Siege erringen. So kann die Antwort auf Sozialabbau und Jobverlust aussehen.     
Socialist Alternative, die US-Amerikanische Sektion des CWI wird alles tun, um solche Kampfformen auch in den USA wieder zu etablieren. Vor allem unter Jugendlichen wächst die Wut auf das System. In einer Umfrage gaben jüngst 20% an, dass sie ein sozialistisches System als Ausweg aus der Krise sehen.

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