Ökologische Dauerkrise im Kapitalismus

Grund für die Umweltzerstörung ist nicht technischer Fortschritt, sondern der kapitalistische Rahmen.
Franz Neuhold

Die Umweltzerstörung gehört in all ihren Ausprägungen rund um den Globus zu den zentralen Krisenherden der Menschheit. Ökologische Probleme sind verwoben mit Armut, medizinischer Unterversorgung sowie Nahrungs- und Wassermangel.

Der gegenwärtig stattfindende Klimawandel ist hauptsächlich Folge der Freisetzung von Treibhausgasen (v. a. CO2) durch das Verbrennen von Öl, Kohle und Erdgas. Die Folgen beschränken sich nicht nur auf die langfristige Erhöhung der Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche. Lebensräume verschwinden aufgrund sich rasch verschiebender Klimazonen, sodass ganze Nahrungsketten und Landwirtschaften kollabieren. Die Ozeane erwärmen sich, was Strömungsmuster und somit die gewohnten Wettersysteme grundlegend ändert. Der Meeresspiegelanstieg vernichtet Lebensräume für Millionen Menschen und verstärkt die Effekte von (Spring-)Fluten in gefährdeten Regionen.

Das Kernkraft-Desaster von Fukushima Daiichi wird auf Jahrzehnte eine Bedrohung für Teile Japans und des Nordpazifiks darstellen. Es steht neben Tschernobyl für ein Horrorszenario, welches auf einen Schlag Landstriche unbewohnbar machen kann. Im Falle der größten Industriestaaten könnte eine Nuklearkatastrophe an entsprechenden Stellen wirtschaftliche Hauptschlagadern treffen und eine globale Krise verursachen. Überdies können die nuklearen Abfälle nicht einfach entsorgt werden. Bislang existieren nur Zwischenlager. Die Menge an langfristig und potentiell gefährlichen Stoffen, die nicht im „Brennstoff-Kreislauf“ recycelt werden, wächst. Die Folgen tragen jene, die in keinster Weise die diesbezüglichen Entscheidungen getroffen haben, also vor allem künftige Generationen.

Im Bereich der Umweltgifte erlangte das „Dreckige Dutzend“ traurige Berühmtheit. Es handelt sich um 12 Giftstoffe, die aufgrund ihrer Eigenschaften (Ansammlung im Gewebe, Grad der Giftigkeit und Langlebigkeit) besonders heikel sind und jahrzehntelang in beachtlichen Mengen von industriellen Anlagen und in der Landwirtschaft freigesetzt wurden. Neben Insektiziden sind dies v. a. die polychlorierten Biphenyle sowie Dioxine. All diese Stoffe wirken erbgutverändernd, krebserzeugend und verursachen Fehlbildungen bei Embryos.

Kapitalistische Landwirtschaft sowie -nutzung ist neben dem Klimawandel maßgeblich für die zunehmende Verwüstung bzw. Versteppung verantwortlich. Jedes Jahr geht weltweit in etwa die Größe der Ackerfläche Deutschlands verloren. Die Gefahr der Verwüstung betrifft aber nicht nur afrikanische Länder. Sie ist besonders stark in Teilen Asiens (inklusive Indien) und im Westen Nordamerikas.

Hungersnöte und ein Fall des Lebensstandards kann sogar die Folge von etwas sein, dass sich den „Bio“-Stempel aufdrückt. Die sogenannten Biokraftstoffe sind alles andere als nachhaltig und gerecht. Durch die Flächenkonkurrenz gerät der Nahrungsmittelanbau in neokolonialen Ländern unter Druck. Von 2005-08 stiegen unter anderem deshalb die Preise für Getreide und Soja um das Dreifache. Die Welternährungsorganisation ging dadurch für 2007 von zusätzlich 75 Millionen Hungernden aus.

Ein Teil des Artensterbens ist unvermeidbar und im engeren Sinne eine „natürliche Entwicklung“. Es kann sogar lokal aufgrund zufälliger Schwankungen über wenige Populationen passieren. Doch gegenwärtig ist die dauerhafte Vernichtung von Tier- und Pflanzenarten meist die Folge der (vermeidbaren) Zerstörung von Lebensräumen sowie insbesondere des Klimawandels. Anders als bei der Rekultivierung/-naturierung bergbaulicher und industriell genutzter Flächen können einmal ausgestorbene Arten nicht wieder zum Leben erweckt werden.

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