Nigeria: Rette sich, wer kann?!

Martin Ramberger

In Österreich leben mehr als 6.000 Menschen mit nigerianischem Pass. Wie kam es dazu? Auf dem nigerianischen Staatsgebiet leben rund 149,3 Mio. Menschen. 70% der Bevölkerung allerdings unter der Armutsgrenze. Die Gesellschaft teilt sich in Hunderte von unterschiedlichen ethnischen Gruppen mit eigener Sprache und Kultur. Soziale Konflikte sind in diesem Sinne aufgeladen: Nigeria ist ein Land, zerrüttet von ethnischen, religiösen und politischen Spannungen. Diese werden bewusst von Ölkonzernen und Regierung geschürt. Die Lage für die ArbeiterInnenklasse in Nigeria ist katastrophal. Großkonzerne bezahlen oft bewaffnete Privatsicherheitsfirmen, um die Angestellten von Streiks und Aktionen abzuhalten. GewerkschaftsaktivistenInnen werden regelmäßig bedroht (auch vom nigerianischen Staat selbst). Mitglieder des Democratic Socialist Movement (DSM/ Schwesterorganisation der SLP in Nigeria) wurden schon des Öfteren verhaftet. Dagga Tolar z.B. wurde im April verhaftet, weil er eine Kampagne gegen Polizeigewalt leitete. Diese Situation macht es verständlich, dass viele NigerianerInnen aus ihrer Heimat fliehen, um irgendwo anders, auch in Europa, ein besseres und sichereres Leben zu finden.

Shell's hell

Segun Sango von der DSM beschreibt die wirtschaftliche Situation in Nigeria: „Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise sind für ganz Afrika verheerend. [...] So erleben wir in Nigeria nicht nur eine Intensivierung des Privatisierungsprozesses, sondern auch eine immer vollständigere Kontrolle der führenden Industriestaaten und ihrer Unternehmen über den Ölsektor des Landes.“ Nigeria ist eines der ölreichsten Länder der Welt (2.169 Millionen Barrel/Tag). Doch das hilft der Bevölkerung reichlich wenig, denn die Profite werden vom Staat und den Ölmultis einkassiert und die ArbeiterInnen sehen nichts davon. Sie sind sogar von steigenden Ölpreisen negativ betroffen, wenn die Preise der Verkehrsbusse wieder einmal steigen. Außerdem haben Ölkonzerne wie Shell nicht nur Naturschönheiten wie das Niger-Delta zerstört und es nahezu unbewohnbar für die Einheimischen gemacht, sondern auch Anti-Shell-Aktivisten von der Regierung hinrichten lassen.

Widerstand sinnlos? – Nein

Die nigerianische ArbeiterInnenklasse war in den letzten Jahren sehr aktiv und hat trotz der Repression sieben Generalstreiks und etliche Aktionen organisiert, um Verbesserung zu erkämpfen. Um sich erfolgreicher wehren zu können, braucht es in Nigeria eine neue kämpferische ArbeiterInnenpartei, die für eine demokratische, geplante, sozialistische Gesellschaft eintritt. Denn nur in einer solchen Gesellschaft sehen sich Menschen nicht mehr gezwungen, ihre Heimat verlassen. Jetzt flüchten sie Tausende von Kilometern wie Vieh zusammengepfercht auf einem Lkw durch die Wüste, auf einem überfüllten Boot in Todesgefahr, nur um vielleicht einen Job zu bekommen, der ihnen weniger als den Mindestlohn einbringt. Für ein menschenwürdiges Nigeria ist die DSM seit Jahrzehnten unter schwierigsten Bedingungen politisch aktiv.

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