Graz: Woran scheitert die KPÖ?

Jan Millonig

Foto: kpoe.at

Es kracht in der KPÖ-geführten Stadt Graz früher als gedacht. Ein Leak des Stadtrechnungshofes prognostiziert eine Verdoppelung der kommunalen Schulden bis 2027 auf 3,2 Milliarden Euro und hat eine politische Krise ausgelöst. Natürlich schreien jetzt Bürgerliche und ÖVP am lautesten. Doch Tatsache ist, die schwarz-blaue Stadtregierung davor hat einen Schuldenberg von 1,6 Mrd. aufgebaut. 

Trotzdem war es nur eine Frage der Zeit bis die KPÖ in die Situation kommt, Antworten auf Fragen der Finanzierung finden zu müssen. Wie mit Schulden umgehen? Woher kann eine Stadt Einnahmen lukrieren? Wie geht Umverteilung auf kommunaler Ebene? 

Denn ihre Politik ist nicht für die Schulden verantwortlich. Es wurden zwar Straßenbahnen und Gemeindewohnungen gebaut, doch dafür wurden sinnlose Prestige-Projekte gecancelt. Die Sozialpolitik bestand bis jetzt vor allem aus Einzelmaßnahmen (Aussetzen von Gebührenerhöhungen) und diversen Förderungen, ohne radikale Verschiebung von Ressourcen zum Ausbau von Pflege, Bildung oder Verbesserung der sozialen Lage. Tatsächlich liegt die Stadtregierung in ihrer realen Politik weit hinter dem Wahlprogramm der KPÖ - und dem was nötig ist - zurück.

Bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, Ausbau von Kinderbetreuung, höhere Löhne für Beschäftigte, Schaffung von Arbeitsplätzen usw. - um das umzusetzen, bräuchte es einen radikaleren Bruch mit der kapitalistischen Logik und dem, was der rechtliche Rahmen auf kommunaler Ebene hergibt. Doch selbst innerhalb jener gäbe es Möglichkeiten: von der Erhöhung der Kommunal- und Grundsteuer für Unternehmen über die Einführung von anderen Abgaben, die Reiche und Konzerne zur Kasse bitten, bis zur Rekommunalisierung privatisierter Bereiche. Auch in der Auseinandersetzung mit Land und Bund beschränkt man sich auf Bitten, anstatt bei den aktuellen Verhandlungen zum Finanzausgleich für mehr Geld für Pflege und Bildung zu kämpfen.

Stattdessen fügt sich die KPÖ der Sparlogik und präsentiert einen Konsolidierungsplan, der auf das Aufschieben von Ausgaben und Investitionen setzt. Gleichzeitig sollen die Gebühren und Öffi-Preise ab Jänner bzw. Sommer wieder normal mit der Inflation erhöht werden (also über 9 %). Kein Wort über Einnahmen, die nicht von der Bevölkerung kommen müssen.

Beispiele sozialistischer Kommunalpolitik

KP-Bürgermeisterin Elke Kahr meinte bei ihrer Wahl, die Grazer Bevölkerung sei ihr Koalitionspartner. Genau das müsste Praxis sein: Mobilisierungen und Streiks, um für die Interessen der Mehrheit und von Beschäftigten zu kämpfen.

Für die KPÖ Graz rächt sich jetzt ihr “wählt uns und wir machen dann für euch”. Sie haben zwar Proteste in Pflege und Elementarpädagogik angestoßen, doch ohne Perspektive den Kampf weiterzuentwickeln. Letztlich nehmen sie Rücksicht auf Koalitionspartner und bürgerliche Parteien statt eine Bewegung von unten aufzubauen.

Kshama Sawant, Stadträtin unserer US-Schwesterorganisation “Socialist Alternative” in Seattle, ist in Folge der Bewegung für den 15-Dollar-Mindestlohn gewählt worden. Sie hat weiter Proteste für eine kommunale Unternehmensteuer, die sozialen Wohnbau finanziert, aufgebaut und gewonnen. Diese Basis lies zwei Versuche einer Abwahl durch Kräfte der herrschenden Klasse (Immobilienunternehmen, Jeff Bezos und Co.) scheitern.

Der sozialistische Stadtrat im Liverpool der 80er-Jahre hat ungeachtet der Budgetvorgaben der Zentralregierung die Löhne der Gemeindebediensteten erhöht und leistbare Wohnungen gebaut. Als Premierministerin Thatcher gegen die (von der Vorgängerorganisation der ISA geführte) Stadtregierung vorging, mobilisierte diese die Bevölkerung zur Verteidigung der Errungenschaften.

Weil “Sozialismus in einer Stadt” nicht dauerhaft bestehen kann bleiben wir nie beim kommunalen Erfolg stehen, sondern verbinden ihn mit dem Kampf für eine Systemalternative.

 

 

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