Wiener Volksbefragung – Die Position der SLP

„Vom 7. bis 9. März 2013 haben Wienerinnen und Wiener die Gelegenheit, bei einer Volksbefragung über vier politisch aktuelle Fragen abzustimmen.“ - so wirbt die Stadtregierung. ÖVP und FPÖ sind dagegen und rufen de facto zum Boykott auf.

Tatsächlich stellt sich die Frage, warum brennende Fragen, wie z.B. der Sozialabbau, der ja auch in Wien stattfindet, oder die Privilegien der PolitikerInnen nicht thematisiert werden. Die Wiener Bevölkerung stöhnt unter steigender Mietenbelastung. Nötig ist ein massives Programm zum Bau von Gemeindewohnungen und eine Mietobergrenze. Doch danach wird nicht gefragt.

Wie auch bei anderen „Volksentscheiden“ bestimmen die Herrschenden das Ergebnis durch die Fragestellung und die eingesetzten Werbemittel maßgeblich mit. Mit Demokratie hat die „Volksbefragung“ also nur wenig zu tun.

Die SLP findet es trotzdem wichtig, an der „Volksbefragung“ teilzunehmen, weil zumindest mit zwei Fragen eine politische Position klar gemacht werden kann – inwiefern diese dann von den Herrschenden umgesetzt wird, ist eine andere Frage.

Frage 1 „Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für BezirksbewohnerInnen verbessert werden?“

Hier machen die angebotenen Antworten (A - Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden. Oder B - Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke) besonders deutlich, wohin die Wiener Landesregierung will. Die Lebensqualität und Parkplatzsituation wird weder mit Parkpickerln in einem, noch in allen Bezirken gelöst werden. Ein weiterer Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel und Nulltarif auf eben diesen ist dazu das beste Angebot. Ideen wie Ausbau des Park-and-Ride-Angebots, kostenlose Sammeltaxis in den Randbezirken etc. gibt es ebenfalls. Alles was dazu dienst, den Privatverkehr zu reduzieren (z.B. Jobs in der Wohnungsnähe statt hunderte Kilometer pendeln zu müssen) und diesen auf ökologisch und kostenlosen Öffentlichen Verkehr umzuleiten ohne die Mobilität einzuschränken, verbessert die Lebensqualität und reduziert die Parkplatzproblematik. Parkpickerllösungen verschieben die Probleme und stellen eine zusätzliche finanzielle Belastung dar.

  • Die SLP ist daher der Meinung, dass keine der Antwortmöglichkeiten angekreuzt werden soll.

Frage 2 „Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen?“

Sportliche Großereignisse werden stets als Win-Win-Situation für eine Stadt präsentiert. Die Realität sieht anders aus, da gibt es zahlreiche Erfahrungen aus z.B. London oder Athen – oder auch von die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Wien. An Olympia würden sich einige Wenige massiv bereichern, während die Bevölkerung jahrelang dafür zahlen wird. Bei den Olympischen Spielen in London wurden elf Milliarden Pfund verblasen. Heute sind Teile des olympischen Dorfes an reiche Ölscheichs aus Quatar verkauft. Bei der Bevölkerung kamen keine langfristigen positiven Effekte an. Bei der EM in Wien gab's in den Zonen Wucherpreise bei den Getränken. In Athen sind die eigens für Olympia gebauten Sportstätten Geisterstädte, während in den Schulen das Geld für Sportausrüstungen fehlt. Was man mit so viel Geld nicht alles machen könnte. Zum Beispiel müssen das Hanappi Stadion und der Sportclublpatz renoviert werden, doch die Stadt ziert sich. Viele weitere Sportstätten brauchen Investitionen in die Infrastruktur.

  • Die SLP ruft daher dazu auf, gegen die Bewerbung für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 zu stimmen.

Frage 3 „Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?“

Die Frage ist insofern zynisch, als die SPÖ in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch in Wien Privatisierungen durchgeführt bzw. vorbereitet hat. Große Bereiche der kommunalen Dienstleistungen wie z.B. die Wiener Verkehrsbetriebe und das Kanalsystem sind schon vor Langem durch Cross-Border-Leasing de facto ungeschützt.

Auch das von der Wiener SPÖ schon seit den 1990er-Jahren genutzte Instrument der Ausgliederung (u.a. Wiener Stadtwerke Holding, Fonds Soziales Wien) stellt eine Vorstufe zur Privatisierung dar. Da diese Unternehmen privatrechtlich organisiert und gewinnorientiert sind bedeutet das: Kürzungen bei Löhnen der Beschäftigten, Erhöhung des Arbeitsdrucks, Umweltschädliche Produktionspraxis, Leistungskürzungen für die KundInnen, Überwälzen der Kosten auf die KundInnen...

Als SozialistInnen lehnen wir Privatisierung – und Ausgliederungen – ab. Sie bedeuten Verschlechterungen für Beschäftigte, KundInnen und Umwelt. Doch die SPÖ-Grüne Stadtregierung ist kein Garant gegen Privatisierung. Schon seit 2001 sind Privatisierungen per Landesgesetz verboten und das kann nur mit Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat geändert werden. Das hat die Wiener Landesregierung aber nicht an genannten Verschlechterungen gehindert.

  • Die SLP ruft dazu auf, klar gegen jede Privatisierung zu stimmen (also konkret die Frage mit „Ja“ zu beantworten. Ein starkes Votum gegen Privatisierung ist auch ein politisches Signal gegen die auf Bundesebene geplanten Privatisierungen. Doch Schutz vor ebendiesen bedeutet die Volksbefragung keine. Dazu braucht es Kampagnen und Bewegungen durch die Gewerkschaften, die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sowie die KundInnen/KlientInnen der kommunalen und staatlichen Betriebe.

Frage 4 „Soll die Stadt nach dem Beispiel der BürgerInnen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der BürgerInnen realisiert werden?“

Auch diese Frage ein gutes Beispiel, wie die Stadtregierung durch die Hintertür und unter Verweis auf die positive und positiv besetzte „Solarenergie“ Kosten ausgliedert. Die „BürgerInnen-Solarkraftwerke“ sind ein „Sale-and-Lease-Back Modell“. Das bedeutet, dass die öffentliche Wien-Energie die Solarkraftwerke baut, sie Stückweise an die BürgerInnen verkauft und sie dann zurückleast. Eine Fortsetzung des Cross-Border-Leasings, nur dass diesmal an die WienerInnen und nicht US-Finanzhäuser verkauft wird. Zusätzlich zu den ohnehin schon hohen Gebühren der Wien Energie sollen hier WienerInnen also noch zusätzlich zahlen, ganz nach dem Motto: wer Solarenergie will, der soll sie auch extra bezahlen (mitreden dürfen die „Miteigentümer“ allerdings nicht). Die jährliche Vergütung von 3,1% liegt rund um die Inflationsrate (kann also auch ein Verlust für die „MiteigentümerInnen“ sein) und ist weit billiger als alle Kreditkosten.

Die SLP ist für den Ausbau von erneuerbarer Energie, also auch von Solarenergie. Finanziert werden soll das allerdings aus den Gewinnen der Unternehmen, die nach wie vor günstigere Strom- und Energietarife haben als „normale“ KonsumentInnen.

  • Die Erpressung „ihr zahlt oder ihr kriegt keine Solarenergie“ lehnen wir ab, und fordern daher dazu auf, mit Nein zu stimmen.