Vermögen besteuern ist noch keine Revolution

Ein Blick auf die Vermögensverteilung in Österreich reicht, um zu sehen, dass bei den Reichen sehr wohl was zu holen wäre.
Christof Türk

Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle eines Staates. Der Staat ist in der Lage Steuern zu erheben, weil er mit Hilfe seines Gewaltmonopols die Zahlung erzwingen kann. Steuern, da sie ja immer von den Herrschenden erhoben werden, können prinzipiell kein System stürzen, sondern dienen zu dessen Stabilisierung. Es geht – um das vorweg zu nehmen – bei einer Vermögenssteuer nicht um die Enteignung der Reichen oder eine Revolution. Selbst eine Vermögenssteuer die mehr „Steuergerechtigkeit“ herstellt und tatsächlich hohe Vermögen belastet durchbricht nicht die Logik der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Manche Bürgerliche fordern sie daher auch um das System wieder zu stabilisieren.

Wer besitzt nun Vermögen? Der Sozialbericht 2009/10 des bmask liefert ein paar Anhaltspunkte. So liegen auf 2% aller Sparbücher 31% des Gesamtwertes aller Sparbücher. Während 97% der Bevölkerung Sparbücher besitzen, halten nur 3% – das sind ca. 100.000 Personen – eine Unternehmensbeteiligung. Diese haben insgesamt einen Wert von 18,6 Mrd. €, wobei 10(!) Personen ein Viertel davon (4,7 Mrd. €) besitzen. Andererseits besitzen die unteren 40% der Bevölkerung gar keine Immobilien und die obersten 20% dreiviertel aller Immobilien. Die ÖNB Immobilienvermögenserhebung 2008 hat sogar ergeben, dass das oberste 1% der Bevölkerung 22% aller Immobilien besitzt. Die AK-OÖ hat in ihrer aktuellen Broschüre „Verteilung der Vermögen in Österreich“ auch das Finanzvermögen analysiert (siehe Grafik). Die reichsten 10% der Haushalte besitzen 54% des Brutto-Finanzvermögens (alles Vermögen bis auf Immobilien). Das oberste 1 % der Haushalte hat im Durchschnitt ein Finanzvermögen von 1,1 Mio. €. Das reichste Tausendstel der Bevölkerung verfügt über 8% des Netto-Geldvermögens (hier werden Kredite vom Vermögen abgezogen) und damit über mehr als die untere Bevölkerungshälfte.

Verfolgt man die Schlagzeilen der letzten Monate könnte der Eindruck entstehen, die SPÖ wolle die kommunistische Revolution anzetteln und die ÖPV verteidige die fleißigen Häuselbauer. Nichts könnte ferner der Realität sein. Schon vergessen? 1994 war es SPÖ Finanzminister Ferdinand Lacina, der die Vermögenssteuer abschaffte, die noch im Jahr zuvor 612 Mio. € eingebracht hatte. Vor einem Jahr beschloss dann der SPÖ Parteitagsbeschluss sie wieder einzuführen. Aber verfolgt wird dieser Plan höchstens halbherzig und bleibt sogar weit hinter dem zurück, was aus dem sozialdemokratischen Umfeld an konkreten Vorschlägen erarbeitet wurde. Jetzt soll es nur noch das reichste 1% der Bevölkerung sein – und auch die sollen eher einen symbolischen Betrag entrichten. Und bis die ÖVP dem ganzen zustimmt wird so wenig davon übrig bleiben, das es eigentlich den ganzen Aufwand nicht mehr lohnt.

Gegen eine Vermögenssteuer wird immer wieder vorgebracht, dass die Vermögen ja schon einmal als Einkommen besteuert wurden, und die Erträge daraus auch wieder zu versteuerndes Einkommen wären. Dieses Argument ist von zweifelhafter Qualität, denn die Doppelbesteuerung von ArbeiterInnen wird als problemlos betrachtet. Diese zahlen Lohnsteuer auf ihr Einkommen und noch einmal Umsatzsteuer, wenn sie dasselbe Geld anschließend für Lebensmittel und Miete ausgeben. Nicht zu vergessen, dass für Einkommen aus Vermögen z.B. durch die KESt sehr viel weniger Steuer gezahlt werden muss als für viele Einkommen aus Erwerbsarbeit. Und Sozialabgaben, die steuerähnlichen Charakter haben, werden überhaupt nur auf Löhne und Gehälter erhoben und haben Höchstbeträge. Zusätzlich verhilft großes Vermögen zu Macht: Der Eigentümer eines Unternehmens entscheidet was produziert wird, über Investitionen und bestimmt wen er einstellt oder feuert. Außerdem verleiht Vermögen Ansehen und ermöglicht es Einfluss zu nehmen auf politische Entscheidungen.

Es gibt verschiedene Vorschläge wie eine Vermögenssteuer aussehen könnte. Der WIFO-Ökonom Stephan Schulmeister präsentierte bereits 2006 ein Konzept nachdem alle Netto-Vermögen über 100.000 € pro Person mit 0,5% besteuert werden. Die zusätzlichen Einnahmen schätzte er auf 3,8 Mrd. € bzw. 1,6% der BIP und damit noch immer deutlich unter dem Durchschnitt der EU15. Sehr viel höhere Freibeträge (bis zu 1 Mio. € pro Haushalt) schlägt die AK OÖ 2011 vor, wodurch die unteren 90% der Bevölkerung gar nicht von der Steuer betroffen wären. Durch einen progressiven Steuersatz, der ab 2 Mio. € Netto-Vermögen 1,5% beträgt, kommt sie auf ein Steueraufkommen von über 5 Mrd. €.

Es gibt also keinen Grund für die unteren 90% den reichsten 10% weiterhin Milliarden zu schenken. Eine Vermögenssteuer schafft die Ungerechtigkeit des Kapitalismus nicht ab, aber sie ermöglicht Verbesserungen bei Bildung, Gesundheit und Pensionen. Es sollte nicht der SPÖ überlassen bleiben zusammen mit der ÖVP eine Vermögenssteuer zu diskutieren, die nur der Beruhigung dient aber die Vermögenden kaum belastet. Doch eine Kampagne die sich nicht auf Appelle beschränkt und v.a. aus der Gewerkschaft kämpferisch geführt wird verändert auch das Kräfteverhältnis. Selbst wenn von den Reichsten 5 Mrd. € eingesammelt und nach unten umverteilt werden, ist das aber nicht das Ende des Kapitalismus – und wird noch nicht einmal die nächste Krise verhindern. Dazu braucht es eine weitergehende sozialistische Politik die den Kapitalismus an sich in Frage stellt.

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