Rechtsextrem: Freund und Feind des Staates

Anna Hiermann und Katja Straka

Anfang Dezember gab es in Deutschland, Italien und Österreich Razzien in der “Reichsbürger”-Szene mit insgesamt 225 Festnahmen. Diese planten einen Umsturz, um das Deutsche Reich wieder zu beleben. Aufgrund ihrer staatsfeindlichen Ideologie werden sie vom Verfassungsschutz beobachtet.

Andererseits ist die FPÖ gut im Staat verankert, hat Mandate, Geld, Einfluss und ist in Umfragen zweitstärkste, wenn nicht sogar stärkste Partei.

Gefährlichkeit für den Staat?

Während Aktivist*innen der "Letzten Generation" als "Terroristen" diffamiert werden, werden Rechtsextreme in Polizei bzw. Heer in den allerwenigsten Fällen vom Dienst suspendiert. So beispielsweise letztes Jahr bei einem Unteroffizier des Bundesheers: Er wurde wegen Wiederbetätigung zu 10 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt. Für das Bundesheer ist das Strafmaß zu wenig, um ihn zu entlassen, er wurde lediglich versetzt.

Doch ist rechte Ideologie wirklich so gefährlich für die staatliche Ordnung? Schließlich bedienen sich bürgerliche Parteien rechter bis rechtsextremer Erklärungsmuster. 

Ein Bestandteil rechter Ideologie ist Rassismus. Menschen aus anderen Ländern wird vorgeworfen, sie würden “den Österreichern“ die Arbeitsplätze wegnehmen. Bei Arbeitslosigkeit sind die Probleme jedoch hausgemacht: Durch eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn/Gehalt könnten genügend Jobs für alle geschaffen werden. Das würde jedoch den Unternehmen mehr kosten. Profitmaximierung ist aber das A und O des kapitalistischen Systems. Parteien wie die FPÖ stehen im Dienste genau dieser Unternehmen. 2018 hat die blau-schwarze Koalition die Möglichkeit des 12-Stunden-Tages eingeführt. Diese Maßnahme ist gegen „den kleinen Mann“, den die Rechten zu schützen vorgeben. Somit wird lieber gegen Migrant*innen gehetzt, um von den wahren Problemen und Lösungen abzulenken. FPÖ-Funktionäre sind nicht nur Mitglieder schlagender Burschenschaften, sondern erhielten zum Dank auch Posten in Aufsichtsräten und Vorständen.

Weiters zeigt sich die widersprüchliche Haltung beim Thema Frauen und LGBTQI+ Personen. Einerseits werden diese in Zeiten relativ guter wirtschaftlicher Verhältnisse für die Arbeit benötigt. Auf der anderen Seite werden Frauen in Zeiten wirtschaftlichen Abschwunges verstärkt in die häusliche Sphäre zurückgedrängt. Zur Rechtfertigung bedient sich die etablierte Politik rechten Gedankengutes. 

Was schützt der Verfassungsschutz?

Von Seiten des “Verfassungsschutzes” werden rechtsextreme Aktivitäten beobachtet und auf ein “steigendes rechtsextremes Risiko” hingewiesen. Gleichzeitig gibt es immer wieder rechtsextreme “Einzelfälle” in Politik, Justiz, Polizei und Militär. Ein Verbot der faschistischen NPD scheiterte in Deutschland gerade, weil so viele V-Männer (= Polizeispitzel) in ihr aktiv waren. Eine Hauptaufgabe des “Verfassungsschutzes” ist die Beobachtung linker Gruppierungen. Eine der Hauptaufgaben linker Parteien und Gruppen ist der Kampf gegen Rechtsextremismus bzw. für ein System, das die Entstehung rechter Ideologien verhindert. Das zeigt, dass es dem Verfassungsschutz in erster Linie um den Erhalt der (kapitalistischen) Ordnung geht.

Rechte Akteur*innen werden nur bekämpft, wenn sie die Stabilität des herrschenden Systems mehr gefährden als sie diesem nützen. Das ist bei den Staatsverweiger*innen der Fall, die für Chaos sorgen würden - was die notwendige Stabilität für die Großkonzerne gefährdet. Neonazis werden nur dann bekämpft, wenn sie nicht vor physischer Gewalt gegen Vertreter*innen des Establishments zurückschrecken, solange sie “nur” Migrant*innen und Linke angreifen, bleiben sie ungeschoren. Das heißt: Beim Kampf gegen Rechts kann kein Verlass sein auf den Staat und seine Institutionen!

 

INFO:

Eine Entnazifizierung fand in Österreich nie wirklich statt. So sind Bundesheer und Polizeiapparat traditionell von Rechtsextremen durchsetzt. Die FPÖ-nahe AUF konnte 2019 bei den Personalvertretungswahlen 22,2 % erzielen. In der Spezialeinheit WEGA waren es 36 % - und das zu einer Zeit, in der die FPÖ bei den Parlamentswahlen “nur” auf 16,2 kam. In regelmäßigen Abständen zeugen Fälle wie z.B. Marcus Omofuma, der bei einer Abschiebung getötet wird, von den rassistischen bis hin zu rechtsextremen Elementen im Polizeikorps. Als die FPÖ Teil der Regierung war, hat sie gezielt ihre Mitglieder auch im Polizeiapparat positioniert. Außerdem wurden in ihrer Amtszeit Erhebungen bezüglich rechtsextremer Aktivitäten (Rechtsextremismus-Bericht) abgeschafft. Wann immer Fälle bekannt werden, heißt es “nur ein Einzelfall”...

 

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