Paralympics: Sport als Spiegel der Arbeitswelt

In der Arbeitswelt und im Sport gilt: Als vollwertig zählt nur, wer 100% verwertbare Leistung bringt
Karin Wottawa

1948 fanden die ersten „Stokes Mandeville Games“ in England statt - eine Sportveranstaltung für Körperbehinderte. Anlass war die große Anzahl an Kriegsversehrten. „Olympisch“ wurden die „Paralympics“ erst 1960. SportlerInnen werden nach ihren körperlichen Fähigkeiten selektiert – nur die Unversehrten dürfen bei den „richtigen“ Spielen mitmachen. Eigene Bewerbe oder Bewerbe, in denen sowohl behinderte als auch nichtbehinderte SportlerInnen starten – z.B. bei einem gemeinsamen Staffellauf – sind in der Olympia-Welt nicht vorgesehen. Argumentiert wird das – wie in der Arbeitswelt – mit Fairness: Die „behinderten“ könnten halt mit den „normalen“ SportlerInnen nicht mithalten.

So wird klar, dass von dem hehren Ziel von Sport als verbindendem Element und dem „dabei sein ist alles“ nicht viel übrig bleibt. Es liegt auch nicht in der Natur der Bewerbe, sondern in ihrer Auswahl – bei Nachtbewerben z.B. könnten sehbehinderte SportlerInnen sogar einen Vorteil haben. Es wird nicht einmal öffentlich darüber diskutiert, wie als behindert geltende und nichtbehinderte SportlerInnen Großereignisse gemeinsam begehen könnten. Im Gegenteil! Der 400-Meter-Sprinter Oscar Pitorius, der Beinprothesen trägt, musste jahrelang für seinen Start bei den „normalen“ Spielen kämpfen.

Im Sport werden also dieselben unmenschlichen Anforderungen an den Menschen gestellt wie in der Wirtschaft: Verwertbarkeit ist alles, Freude an der Bewegung, zusammen etwas schaffen etc. gilt nichts. SpitzensportlerInnen, die an der körperlichen Überlastung zugrunde gehen und permanent auf Drogen (Doping) sind, sind ein weiteres Element dieser Sportpolitik.
Die Ereignisse, durch die das große Geld gemacht wird, stehen im Mittelpunkt. Adidas steigerte seinen Umsatz nach den Olympischen Spielen in Peking um 205%. Wenn in Österreich gehofft wird, „wenigstens“ bei den Paralympics eine Medaille zu holen, verdeutlicht das einmal mehr die Zweitrangigkeit. In der Online-Presse wird zu den Paralympics getitelt, dass „der Kampf um Popularität längst aufgegeben wurde“.

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