Mo 27.04.2009
Der April stand ganz im Zeichen der Debatte rund um zwei Stunden Mehrarbeit für LehrerInnen. Die LehrerInnengewerkschaft GÖD kündigte Proteste an - einigte sich mit Unterrichtsministerin Schmied dann aber auf einen faulen Kompromiss. Doch die SchülerInnen ließen es sich nicht gefallen, dass über ihre Köpfe hinweg das Bildungssystem angegriffen wird und leisteten solidarisch mit den LehrerInnen Widerstand. Eine Serie von SchülerInnenstreiks begann, die zu Redaktionsschluss noch nicht zu Ende scheint. Bereits am 2.4. kam es zu ersten Schulstreiks in Wien (2-3000) und Linz (1500). Ein Bündnis, dem auch die SLP angehört, rief in Folge zu einem bundesweiten Schulstreik für den 20.4. auf. In jedem Bundesland trafen sich SchülerInnen, bildeten Komitees und bereiteten den Streik vor, zu dem schließlich österreichweit rund 10 000 SchülerInnen kamen.
Salzburg: 3.000 x “Geld für Bildung statt für Banken!”
In Salzburg gingen am Montag den 20.4. – dem Tag des bundesweiten SchülerInnenstreiks – über 3.000 SchülerInnen auf die Straße. Ein großer Teil der Organisation und Vorbereitung des Streiks lag bei der SLP. Radio Salzburg brachte am Morgen des Streiks zwar noch einen dezidierten Aufruf des Landesschulratspräsidenten sich nicht am Streik zu beteiligen. Aber wie es ein Schüler auf der Demonstration ausdrückte: “Wenn man sich hier so umschaut – das dürfte ungefähr 3.000 Leuten völlig egal sein.”
Die Demonstration war laut und kämpferisch. Viele SchülerInnen nahmen zum ersten Mal in ihrem Leben an einer Demonstration teil und “fanden Gefallen am Widerstand” – wie es der ORF ausdrückte.
Daniel Posch, Schüler der HAK II und Redner der SLP betonte in seiner Rede, dass es “ein Wahnsinn” sei, dass “den Banken Milliarden in den Rachen geworfen werden, während gleichzeitig an der Bildung gespart wird”. Er erinnerte an die Vielzahl an Protesten in anderen europäischen Ländern und rief zu internationaler Solidarität auf. Tausende SchülerInnen skandierten gemeinsam “Hoch die internationale Solidarität!” Salzburgs SchülerInnen haben in beeindruckender Stärke klar gemacht, dass sie nicht bereit sind für die Krise des Kapitalismus und die Unfähigkeit der Regierung zu zahlen.
Wien: “Wir wissen warum wir hier sind”
Der Wiener Demonstrationszug am 20.4. startete am Stephansplatz und endete vor dem Bildungsministerium, wo eine lautstarke Abschlusskundgebung stattfand. Den Medien, die die vorherigen Streiks immer als “Instrumentalisierung der SchülerInnen durch LehrerInnen” dargestellt hatten, fiel es schwer, dies wieder zu tun. Denn alle RednerInnen betonten dieses mal überdeutlich, worum es wirklich geht: Darum, dass SchülerInnen sehr wohl eine Meinung haben und auch bereit sind, für diese auf die Straße zu gehen. Auf die Frage, wer denn hier sei, weil es von den LehrerInnen befohlen wurde, meldete sich niemand. Auf die Gegenfrage brach stürmender Jubel aus.
Vor dem Bildungsministerium wurde noch einmal klargestellt, dass sich diese Streiks nicht nur gegen die Bildungsministerin richten, sondern Ausdruck des Widerstands gegen ein System sind, in dem reiche Banker sich innerhalb von Minuten um 100 Millionen Euro freikaufen können, während die Bildung in die Röhre schaut.
OÖ: Gemeinsam protestieren
Der Schulstreik in Oberösterreich war von einigen Schwierigkeiten überschattet. Im Vorfeld gab es eine Reihe von Repressionsdrohungen an Schulen. Organisatorische Mängel und kein gemeinsames Auftreten der verschiedenen aufrufenden Gruppen erschwerten den Streik zwar. Trotz dieser Hindernisse war der Streik größer als am 2.4. Rund 400 SchülerInnen zogen lautstark und kämpferisch über die Linzer Landstraße und wurden dabei von SchülerInnen aus Wels, Ebensee und Stadt Haag verstärkt. Beeindruckend das gemeinsame Demonstrieren von österreichischen SchülerInnen und solchen mit Migrationshintergrund. In Gesprächen nach der Demo zeigte sich dass bei besserer und gemeinsamer Mobilisierung eine viel gößere Demo möglich gewesen wäre. Umso wichtiger ist auch in Oberösterreich eine eingeständige linke Organisierung der SchülerInnen.
60.000 x “Streik, Streik, Streik” heißt die Devise…
Am Abend des bundesweiten SchülerInnenstreiks stimmte die Führung der LehrerInnengewerkschaft einem faulen Kompromiss zu. Er beinhaltet neben Einkommenskürzungen bei den LehrerInnen Mehrarbeit für LehrerInnen und SchülerInnen. Während die enttäuschten LehrerInnen zwar maulten, aber kein Protest laut wurde, organisierten sich die SchülerInnen rasch. Neben vielen linken Gruppen rief nun sogar die von der ÖVP-nahen Schülerunion dominierte Bundesschülervertretung zum Streik für den 24.4. auf. Die Schülerunion aber schloss - wie schon die GÖD-Führung - einen faulen Kompromiss mit Schmied und wollte am 24. nur mehr ihren “Erfolg” abfeiern lassen. Das war den SchülerInnen aber herzlich egal: 60.000 gingen Bundesweit auf die Strasse.
Sie feierten nicht, sondern streikten und protestierten. Sie machten lautstark klar, dass sie gegen Mehrarbeit sind und für ihre Meinung eintreten. Obwohl viele zu Recht wütend auf die GÖD-Führung und ihren Verat sind, war doch vielen klar, dass die LehrerInnen ebenso unzufrieden mit dem Ergebnis sind.
Alle in den Streik!
Schmied gibt sich hart, sie will weiterhin Mehrarbeit in der Schule durchdrücken. Aber es sind nicht nur 60.000 SchülerInnen wütend, sondern alle. Plus 120.000 LehrerInnen. Und ihre Familien. Und... Das ist ein riesiges Potential für Widerstand. Zu Redaktionsschluss ist nicht klar, ob es weitere Schulstreiks geben wird. Um den Kampf zu gewinnen ist es notwendig, gemeinsame Proteste von SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern - d.h. auch an der GÖD-Führung vorbei - zu organisieren. LehrerInnen fordern bereits eine Urabstimmung über das Verhandlungsergebnis. Gemeinsame demokratische Komitees können solche Proteste planen und organisieren.
Aber letztlich geht es um mehr. Nämlich um eine gerechte Schule ohne soziale Selektion, um eine demokratische Schule und daher auch um mehr - um viel mehr - Geld für die Bildung. Der Kampf dafür wird mit Sicherheit weitergehen.