Das Netz ist politisch

Kimi

Wer auf Instagram oder Tiktok ist, weiß wahrscheinlich, wer Andrew Tate ist. Auf Grund seiner rassistischen, sexistischen und homophoben Aussagen trendet er auf Tik Tok. Er bezeichnet Frauen als Objekte, redet darüber, sie zu schlagen und zu würgen und gibt ihnen die Schuld an Vergewaltigungen.

Solche Kommentare legitimieren Hass gegen Frauen und bringen ihn auf ein nächstes Level. Der Hass bleibt nicht im Netz, sondern wirkt sich auf das Leben von Frauen und queeren Personen aus. Nicht Einzelpersonen wie Tate, sondern das kapitalistische System erzeugen Frauenunterdrückung. Die Rolle der Frau als Mutter und Hausfrau ist eine wesentliche Säule im Kapitalismus. Frauen leisten unbezahlte Reproduktionsarbeit (Kindererziehung, Pflege und Hausarbeit) und helfen damit die Gesellschaft zu versorgen und arbeitsfit zu halten.

Obwohl seine Aussagen gegen viele Richtlinien von TikTok und Co. verstoßen, hat es sehr lange gedauert, bis er von den Apps gesperrt wurde. Warum? Weil es riesige Unternehmen wie TikTok und Co. nicht interessiert, welche Auswirkungen Tates Aussagen haben. Hass im Netz verbreitet sich schnell und sorgt für Diskussionen - das sind Stunden, die User*innen auf diesen Netzwerken verbringen, anders gesagt, steigen die Profite in die Höhe.

Deshalb ist es umso gefährlicher für uns, wenn Kapitalist*innen wie Elon Musk Twitter kaufen wollen. Rassismus, Sexismus und Homophobie werden dann erst recht zugunsten von Rechten wie Trump akzeptiert und unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit toleriert.

Kann uns Internetaktivismus retten?

Viele User*innen wollen sich gegen Dinge wie Rassismus, Klimawandel oder die Unfähigkeit der Politik wehren und werden deshalb aktiv im Internet – auch Internetaktivismus genannt. Einige reposten nur Beiträge von anderen. Andere erstellen eigenen Content oder erklären komplizierte Themen. Internetaktivismus kann Jugendliche zwar politisieren, aber nur die, die sich für Politik interessieren und eigenständig und gezielt politische Seiten suchen. Der Algorithmus merkt sich das und bombardiert Nutzer*innen immer wieder mit ähnlichem Content. Dir wird nur gezeigt, was du wissen willst oder schon weißt. Social Media kann das Interesse verstärken und informieren. Insofern kann Social Media ein Mittel sein, aber keine Lösung. Der Aktivismus bleibt fast immer im Netz stecken und kann den Aktivismus im echten Leben nicht ersetzen.

Organisationen wie Fridays for Future nutzen Internetaktivismus gezielt, um Menschen das Gefühl zu geben, aktiv am Kampf dabei zu sein. Doch das ist nur eine Illusion. Denn es bringt nicht den Druck auf die Herrschenden, der nötig ist, sondern bedient hauptsächlich die eigene Bubble.

Wenn Personen wie Trump ihre Agenda verbreiten wollen, dann passiert das auch! Ungewollt werden User*innen mit dieser Agenda bombardiert. Das beste Beispiel: Die Gerichtsverhandlung von Johnny Depp und Amber Heard. Abgesehen davon, was in ihrer Beziehung passiert ist: Amber Heard wurde ausgelacht, sexistisch beschimpft und nicht ernst genommen - und Johnny Depp wurde gefeiert. Es wurde festgestellt, dass Depp und sein Social Media Team mit Millionen von Dollar endlose Hashtags und Beiträge gegen Heard verbreiteten. Egal ob Youtube, Instgram, Tik Tok oder Twitter, jede*r wurde über dieses Gerichtsverfahren ungewollt informiert bzw. desinformiert.

Deshalb fordern wir eine demokratische Kontrolle von Social Media Plattformen. Wir wollen keinen Algorithmus, der Hass verbreitetet und Reiche noch reicher macht. Wir fordern die Enteignung von Internet-Konzernen – soziale Medien müssen in öffentlicher Hand sein, denn nur so können sie kontrolliert werden und zugunsten der Allgemeinheit und nicht einer kleinen Elite verwendet werden.

 

Info:

Obwohl Internetaktivismus nicht den Aktivismus im echten Leben ersetzen kann, kann das Internet ein wichtiges Tool sein! Vor allem in Diktaturen findet sehr viel online statt. Bewegungen werden von Bewegungen in anderen Ländern inspiriert. Aktivist*innen nutzen soziale Netzwerke, um Proteste zu organisieren, wie in Myanmar oder im Iran. In China finden unzählige Streiks und Arbeitskämpfe statt. Die Arbeiter*innen nutzen Chat-Gruppen, um über nächste Schritte zu diskutieren, da Versammlungen aufgrund der Repression nicht möglich sind. Aber auch in Ländern ohne starke Repression sehen wir, dass Kolleg*innen das Internet als Tool benutzen. Es werden Facebook-Gruppen gegründet, um Kampagnen zu starten – zum Beispiel in Großbritannien “NHS Workers Say NO! to Public Sector pay inequality” mit über 87.000 Mitgliedern.

 

 

Bild: Trevor cokley, Wikimedia Commons

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