Amazonas oder Profit?

Sozialist*innen in Brasilien verbinden den Kampf um den Amazonas mit den sozialen Bewegungen gegen Bolsonaro.
Liberdade, Socialism, Revolução (Schwesterorganisation der SLP in Brasilien)

In Brasilien gab es dieses Jahr einen Rekord an Brandrodungen im Amazonas. Obwohl dies in der Trockenzeit des Amazonas nichts Unübliches ist, nehmen die Brände heuer ein extremes Ausmaß an. Im Vergleich zum Vorjahr sind sie um 70% gestiegen. Dies steht in direkter Verbindung zur Machtübernahme Bolsonaros und der Profitgier des (internationalen) Kapitals. Auch vergangene Regierungen der Partido dos Trabalhadores (PT) bemühten sich, die Agroindustrie als politische und soziale Verbündete zu halten, indem sie ihnen Zugeständnisse in diesen Bereichen machten. Sie versuchten dies mit Aspekten eines „grünen Kapitalismus“ zu verbinden, der ebenfalls von dem Interesse des internationalen Kapitals abhängig ist. Unter Bolsonaro wurde ein neues Ausmaß erreicht. Brasilien ist das Land mit der größten Abholzung und mit der meisten Anwendung von Pestiziden. Auf umwelttechnische Maßnahmen wird wegen Profiten verzichtet. Als Teil der globalen Klimabewegung fordern wir die Kontrolle von landwirtschaftlichen Aktivitäten durch die Bevölkerungen, um sie nach ihren Bedürfnissen zu orientieren und nicht die Gesundheit und die Umwelt zu beeinträchtigen. Die Klimabewegung, die zu Beginn vor allem Jugendliche radikalisierte, zeigt deutlich auf, dass eine Fortführung des Kapitalismus das Ende unseres Planeten bedeuten würde.

Bolsonaro stellt die Bewahrung des Waldes als ein Hindernis für den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes dar. Angriffe auf indigene Territorien werden somit legitimiert. Um die Profite jener Kapitalist*innen weiter zu steigern, wird auf die Privatisierung von strategischen Unternehmen wie Eletrobras und Petrobras wie auch auf Sozialabbau gesetzt. Die Bildungsreform und die kürzlich verabschiedete Pensionsreform sind Teil davon. All diese direkten Angriffe auf Arbeiter*innen sind kein Alleinstellungsmerkmal von Brasilien oder der Regierung Bolsonaros. Wir fordern ein Ende der Kürzungspolitik und eine sofortige Verwendung der Ressourcen zur Bekämpfung von Waldbränden. Der Profitgier der Agrarwirtschaft soll ein Ende gesetzt werden. Wir fordern, dass die von Bolsonaro abgeschafften Umweltauflagen unter der Kontrolle von Arbeiter*innen, Landwirt*innen, Indigenen und Mitgliedern der sozialen Bewegungen wieder eingeführt werden.

Im Zuge des internationalen Aufschreis wegen der Brände in Brasilien bot Macron Bolsonaro eine Geldsumme zur Linderung der Brände an. Selbstverständlich war das ein reiner PR-Gag. Die versprochenen Summen waren von kosmetischer Bedeutung. Das zeigt, dass wir auf Institutionen wie die UNO oder die EU nicht vertrauen können. Bolsonaro nutzte dieses Angebot jedoch, sich als Anti-Imperialisten darzustellen – der er nicht ist. Dies war eine klare Ablenkungsstrategie von sozialen Angriffen der Regierung und deren Widerstand.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten würde jene Tätigkeiten der Agrarindustrie, die für die Brände im Amazonas verantwortlich sind, stärken. Der Handelskrieg zwischen den USA und China stärkt ebenfalls die Macht der Agrarindustrie Brasiliens, da dadurch die Sojaexporte von Brasilien an China ansteigen. All dies bedeutet die Ausdehnung der sogenannten „Agrargrenze“ in den Amazonas - und damit auch die Einschränkung der Lebensräume von Indigenen. Neben dem Abbau von Mineralien werden die meisten Brände zur Gewinnung von Sojaanbauflächen gelegt. Die Großgrundbesitzer*innen, die Monokulturen für den Export bewirtschaften, sind die soziale und politische Basis von Bolsonaro. Seine Politik der Waffenliberalisierung für Großgrundbesitzer*innen und der Angriffe auf die Wohngebiete der Indigenen, sowie die Bekämpfung von Landarbeiter*innen bringen die gewalttätigsten Züge des brasilianischen Kapitalismus zum Vorschein. Wir fordern ein Ende der privaten Milizen der Großgrundbesitzer*innen und Bergbauunternehmer*innen und die Enteignung der Befürworter*innen jener Repression und der Brandrodung. Diese muss mit einer radikalen Agrarreform unter Kontrolle der Bevölkerung, die der Macht der Großgrundbesitzer*innen ein Ende setzt, einhergehen.

Im Rahmen der internationalen Klimaaktionswoche erteilten die zentralen Gewerkschaften Brasiliens für den 20. September eine Streikfreigabe. Das war ein richtiger Schritt: Es ist notwendig, dass Arbeiter*innen Teil dieser globalen Bewegung sind, denn sie stellen die Mehrheit der Bevölkerung dar und haben die Produktivkräfte inne. Da die Klimakatastrophe ein globales Problem darstellt, müssen wir auch global handeln und unsere Kämpfe vereinigen.

Mehr Infos auf der Website von Liberdade, Socialism, Revolução (Schwesterorganisation der SLP in Brasilien): www.lsr-cit.org

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