Alter Arbeitsstress bei “Neuen Technologien”

Green-Card für IT-ExpertInnen
Wolfgang Fischer

In den letzten Jahren haben die Informationstechnologien (IT) einen enormen Aufschwung genommen. Die Kontroverse um die Einführung einer Green-Card für ausländische Fachkräfte ist auch in Österreich Gegenstand von Diskussionen.

Seit Beginn der 90er Jahre entwickelten sich Teile der sogenannten “New Econmy” in einem atemberaubenden Tempo. Internet- und Telekom-Firmen zählen dabei zu den am schnellsten expandierenden Branchen. In Österreich verzeichnete der Markt für mobile Kommunikation in den letzten 8 Jahren zweistellige Zuwachsraten. Durch dieses Wachstum kam es europaweit zu einem Fachkräftemangel im Bereich der IT.

Kapitalistische Selektion

Vor über einem Jahr begann in Deutschland die Debatte um die Green-Card, einer Sonderarbeitserlaubnis für ausländische ComputerexpertInnen. Das Konzept der Green-Card stammt aus den USA, wo jährlich per Losverfahren 55.000 Einwanderungsvisa für eine unbefristete Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung verlost werden. Die europäische Green-Card-Variante sieht nur eine selektive und befristete Aufenthaltsgenehmigung für ausländische IT-Fachkräfte vor. Schätzungen zufolge fehlen heuer in Österreich zwischen 15.000 und 35.000 IT-Fachkräfte. Der Präsident der Kärntner Industriellenvereinigung, Hermann Hirsch, forderte die Green Card für ukrainische Informatiker.

Bildungsmisere

Vor diesem Hintergrund entlarvt sich die im September 2000 beschlossene Einführung von Studiengebühren. Höhere Bildung wird für immer mehr verunmöglicht. Dementsprechend sinken Aussichten auf halbwegs gute Jobs. Selbst die reichsten Industriestaaten können keine Wirtschaftsplanung im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung bieten. Und das alles auch auf Kosten der ärmeren Länder, denen die IT-Fachkräfte entzogen werden.

Ende des Höhenflugs

Seit einem Jahr ist die New Economy entzaubert. Eine Serie von Abstürzen der Internet-Börse Nasdaq seit März 2000 brachte den IT-Sektor auf den Boden der krisenhaften Realität zurück. Die Einführung der Telekom Austria an der Börse war ein Desaster - über die “Volksaktie” kann man bestenfalls scherzen.

Nachteile für die ArbeiterInnen

Mit der Green-Card soll einerseits dem IT-Sektor die zumindest kurzfristig hohen Profitraten erhalten bleiben. In konjunkturellen Flautezeiten werden die ausländischen Fachkräfte (und nicht nur diese) vor die Tür gesetzt. Der konsequente Rassismus und Populismus der FPÖ wird dann auch bei ÖVP und “der Wirtschaft” wieder beliebter werden. Das ist die heuchlerische Arbeitsteilung der bürgerlichen Parteien.
Für die Kapitalisten sind kontrollierbare ausländische Dienstnehmer in Zeiten radikalen Personalabbaus leichter zu “entsorgen”, da die Einbindung in die hiesige Gewerkschaftsbewegung mehr schlecht als recht sein wird. Überhaupt: die Mehrheit der IT-Arbeitsplätze sind mies bezahlt und erinnern an frühkapitalistische Ausbeutungsverhältnisse. Unsichere Beschäftigung dominiert: ob in Form der Heimarbeit, des Job-sharing, härtester Akkordarbeit im Call-Center oder Anstellung via Leihfirmen. Nur eine dünne Schicht von ExpertInnen verdient wirklich gut, allerdings nur im Westen und viele von ihnen auch dort nur mit Einschränkungen.

“Rote Aktion” statt “Green-Card”

Unser Gegenkonzept: Internationaler Kampf der Flexibilisierung der Arbeit, für das Recht auf volle gewerkschaftliche Organisierung, für freien Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt für Alle, gegen die rassistische Spaltung in “gute” und “schlechte” MigrantInnen. Letztlich bleibt nur die Vergesellschaftung auch der “New Economy” unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten. Damit die Unternehmer die verschiedenen Beschäftigten nicht wie Schachfiguren behandeln können. Statt Green-Card eben doch besser “Rote Aktion”!

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