60 Jahre kubanische Revolution

Vorwärts zum Sozialismus!
René Henze, CWI-Deutschland

Jede und jeder Linke sollte die Kubanische Revolution und die Errungenschaften seit 1959 verteidigen. Vermittels der nicht-kapitalistischen Wirtschaftsweise, das heißt durch eine verstaatlichte und geplante Wirtschaft, steht Kuba im Vergleich zu den anderen Ländern Mittel- und Lateinamerikas wesentlich besser da, teilweise selbst zu den USA – zum Beispiel im Gesundheitswesen oder im Bildungssektor. Auf 57 Einwohner kommt einE LehrerIn. Während die durchschnittliche Lebenserwartung in Russland nach der kapitalistischen Restauration auf 57 Jahre zurück ging, beträgt sie in Kuba heute 75 Jahre.

Aber die Kubanische Revolution und ihre Errungenschaften zu verteidigen, heißt auch, es mit Rosa Luxemburg zu halten und „zu sagen, was ist“. Die kubanische Gesellschaft ähnelt in ihrer Grundstruktur der Struktur der untergegangenen Staaten des Ostblocks. Eine regierende Staatspartei kontrolliert und lenkt die Gesellschaft „von oben“. Da bleiben Fehlentscheidungen, Korruption, Karrierismus und schließlich Vettern- und Misswirtschaft nicht aus. Auch wenn Fidel und Raul beileibe nicht so verknöchert und abgehoben sind wie der letzte Staatschef der DDR, Erich Honecker, oder wie die stalinistischen Betonköpfe der ehemaligen Sowjetunion – das Regierungssystem und die bürokratische Struktur über der verstaatlichten Wirtschaft ist leider analog zu jenen. Es gibt keine ArbeiterInnenkontrolle und -verwaltung, es gibt auch keine ArbeiterInnen- oder Bauernräte oder auf den Bewohnern der Stadtteile basierende Komitees, die die verstaatlichten Betriebe leiten und die kubanische Regierung kontrollieren und denen die staatlichen Behörden rechenschaftspflichtig sind.

All diese Elemente einer lebendigen ArbeiterInnendemokratie – wie sie die Russische Revolution vor dem Aufstieg Stalins in Russland bis Mitte der zwanziger Jahre kennzeichneten – fehlen heute auf Kuba. Im Unterschied zur Oktoberrevolution 1917 war es in Kuba nicht die ArbeiterInnenklasse gewesen, die in der Revolution 1959 die führende Rolle innehatte. Zudem geriet die Revolution auf Kuba nach ihrem Sieg unter den Einflussbereich der Stalinisten aus Moskau, Prag und Ost-Berlin. (Che Guevara beklagte sich Anfang der sechziger Jahre mehrfach darüber, dass die sogenannten „Techniker“ aus der DDR und der CSSR nach der Revolution immer mehr Einfluss bekamen).

Es greift deshalb viel zu kurz, nur auf „die Blockade“ durch USA und EU und die militärische Bedrohung aus dem Norden hinzuweisen. Jede Revolution, die sich ein Ende der Ausbeutung und Armut auf die Fahnen geschrieben hat, muss mit dem grimmigen Hass der verjagten bisherigen Eigentümer und der Feindschaft der Gesamtheit der kapitalistischen Staaten rechnen. Dagegen hilft letztlich nur die internationale Ausweitung der Revolution.

Jetzt droht der Kubanischen Revolution eine neue Gefahr. Und diese wird nicht aus Miami gelenkt, sondern kommt von der kubanischen Regierung selbst – in Form von Reformen. Auch in Deutschland frohlockt die Presse über „erste Reformschritte“ : Dazu zählen der freie Verkauf von Elektronikprodukten (darunter PCs), die schrittweise Einführung marktwirtschaftlicher Produktionsbedingungen im Agrarsektor und stark unterschiedliche Löhne. „Ein kubanischer Arbeiter kann der geplanten Neuregelung zufolge um fünf Prozent mehr verdienen, wenn er das vorgegebene Produktionsziel erreicht. Führungskräfte könnten ihr Gehalt um bis zu 30 Prozent steigern“ (die Wiener „Presse“ vom 16. Juni). Das Problem ist nicht, dass Kubaner endlich Computer kaufen können. Das Problem ist, dass nicht alle Kubaner das Geld (Dollars) dafür haben. Die Dollarisierung und Lohndifferenzierung bereiten den Boden, um wachsende Teile der Wirtschaft dem kapitalistischen Profitprinzip zu überlassen und ihm durch die Hintertür wieder Zutritt auf der Insel zu gewähren. Richtig bedrohlich wird das Szenario, wenn man bedenkt, dass das kapitalistisch agierende China inzwischen der zweitwichtigste Investor auf Kuba ist. Der Schlüssel zur Verteidigung der Revolution und ihrer Errungenschaften liegt nicht in der Öffnung der verstaatlichten Wirtschaft zum Kapitalismus, sondern vielmehr darin, endlich eine ArbeiterInnendemokratie basierend auf den Beschäftigten, den einfachen Bauern und vor allem der Jugend in Kuba aufzubauen.

Und es gibt keinen nationalen, sondern nur einen internationalen Ausweg. Wäre die Kommunistische Partei Kubas eine wahrhaft kommunistische Partei, dann würde sie auf eine Rätedemokratie setzen, die gegenüber den Diktaturen und Beschränkungen der bürgerlichen Demokratien international ein leuchtendes Beispiel sein könnte. Zudem würde sie den arbeitenden Menschen und den armen Bauern in der ganzen Welt zurufen: Kuba hat den Kapitalismus abgeschafft, aber wir sind noch kein sozialistisches Land. Wir sind arm, weil wir uns im Würgegriff des Imperialismus befinden und weil Sozialismus nicht allein in einem Land aufgebaut werden kann. In euren Ländern kämpft ihr heute gegen Arbeitslosigkeit und Armut. Verbindet diesen Kampf mit dem Kampf für die Abschaffung des Kapitalismus. Wenn in den USA, Europa, wenn in der ganzen Welt die Diktatur der Konzerne gestürzt worden ist, dann können wir gemeinsam eine sozialistische Welt aufbauen und dann werden auf Kuba nicht nur die Strände paradiesisch sein.

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