Wie richtig kämpfen? Bündnisfragen & Einheitsfront

Damals wie heute: Keine Illusion in bürgerliche Parteien im Kampf gegen Faschismus und seine Ursachen
Stefan Brandl

Wenn Rechte zur Bedrohung werden, bilden sich Gruppen, um was dagegen zu tun. Es kommt zwangsläufig zur Frage: Wie kann es gelingen und wer soll dabei sein. Dal werden sogar Bündnisse mit ÖVP oder NEOS “gegen die FPÖ” vorgeschlagen. Warum eine solche organisatorische “Breite” nicht die beste Antwort im Kampf gegen Faschismus, Rassismus oder Demokratieabbau ist, werden wir hier beantworten.

Seit den 1920er Jahren wurde in der 3. Internationale über die “Einheitsfront” diskutiert. Eine klare Taktik entstand erst aus der Erfahrung. Gemeint war die Bündelung der Kräfte von Organisationen der Arbeiter*innenklasse gegen die wachsende Bedrohung des Faschismus. Doch in den 1930ern beteiligten sich sozialdemokratische und stalinistische Parteien lieber an den letztlich gescheiterten “Volksfronten”, also an Bündnissen von Bürgerlichen und Arbeiter*innenparteien.

Ähnliche Diskussionen gibt es heute. In Russland oder Ungarn wird versucht, Putin und Orban zu schlagen, indem die jeweils aussichtsreichsten Kandidat*innen von der gesamten Opposition unterstützt werden. Da unterstützen dann Ungarns Sozialdemokratie und Grüne auch mal Jobbik.

Zentrales Ziel solcher Bündnisse ist der Schutz “der Demokratie”. Für Bürgerliche aber bedeutet das die bürgerliche Demokratie - und damit auch die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und alle Unfreiheiten einer kapitalistischen Gesellschaft. Dabei sind es doch genau diese Eigentumsverhältnisse, die Armut erzeugen und dem Faschismus die potenzielle Massenbasis liefern. Während faschistische Schlägertrupps Tatsachen schaffen, setzen bürgerliche “Demokrat*innen” auf Wahlen oder Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof. Sie sehen hilflos zu, wie die Presse oder Versammlungen brutal von marodierenden Banden angegriffen werden. Sie hoffen auf eine Lösung durch mehr Sitze im Parlament oder eine Regierungsbeteiligung. Damit eng verbunden ist die Frage des “geringeren Übels”, also die Wahl einer Partei, die ein bisschen weniger mies als die ganz schlimme ist. So können zwar Parlaments- oder Gemeinderatssitze gewonnen werden, an der tatsächlichen Politik ändert das wenig bis gar nichts. Es werden Illusionen in eine Regierungsbeteiligung geschürt, die dann “alles richten” wird; Arbeitskämpfe, Mobilisierungen und Widerstand von unten wird sogar erschwert.

Die bürgerliche Demokratie, in all ihrer Beschränktheit (Ausschluss großer Teile der Bevölkerung von demokratischen Grundrechten, Bevorzugung von Profiten vor Menschenrechten…) ist dennoch für Arbeiter*innen ein Vorteil gegenüber (faschistischen) Diktaturen. Arbeiter*innen verteidigen auch gewerkschaftliche Rechte, das Recht zu demonstrieren und zu streiken. Es geht um den Kampf gegen Massenarmut und - elend. Und hier kommt es rasch zum Konflikt mit bürgerlichen “Demokrat*innen”, die sich hinter einer leeren Illusion der “Demokratie” verstecken. Tatsächliche Demokratie bedeutet aktive Entscheidungsgewalt in allen Bereichen des Lebens. Einen solchen Rahmen zu schaffen, steht aber im Widerspruch zu den herrschenden Eigentumsverhältnissen, denen Abhängigkeit und Unfreiheit folgen. Nur eine von ökonomischen Zwängen befreite Gesellschaft kann wirklich demokratisch sein. Eine Volksfront scheitert nicht an der Bereitschaft zur Breite, sondern an der Notwendigkeit, soziale und demokratische Kämpfe zu verbinden. Eine Einheitsfront ist kein Garant für Erfolg, aber die Basis, um Arbeiter*innen und Unterdrückten eine echte Chance im Kampf gegen Rechts zu geben.

Die Einheitsfrontmethode ist keine plumpe Formel, sondern eine konkrete Taktik, angepasst an konkrete Gegebenheiten. Auch in heutigen Bündnissen ist die Notwendigkeit, den Kampf für soziale und demokratische Rechte zu verbinden, zentral. Bei der Wahl unserer Bündnispartner können wir nicht auf die so wichtigen sozialen Forderungen verzichten, die nötig sind, um demokratische Grundrechte, den Lebensstandard und letztlich auch uns selbst gegen faschistische Übergriffe zu verteidigen. Bürgerliche Parteien sind verantwortlich für die Politik, die soziales Elend schafft - das durch rechtsextreme „Lösungen“ beantwortet wird. Wenn Bürgerliche verhindern wollen, dass antifaschistischer Kampf soziale Fragen aufwirft, entwaffnen sie ihn!

Wenn wir heute Einheitsfrontpolitik machen, schlagen wir ein Programm mit sozialen Forderungen vor, um so viele Menschen wie möglich (auch unorganisierte) für eine Kampagne gegen Kürzungspolitik und Demokratieabbau oder gegen Rechts zu gewinnen. Das Bündnisangebot ist dabei ein inklusives: Unabhängig von der politischen Mitgliedschaft am Papier, geht das Angebot an alle, die ein ernsthaftes Programm zur Verbesserung der Lage der Arbeiter*innenklasse unterstützen. Viele mögen noch Hoffnungen in den parlamentarischen Weg oder Bündnisse mit bürgerlichen Parteien haben, doch die Praxis zeigt, dass Orban nicht mit der Jobbik bekämpft werden kann.

Wir meinen: Statt täuschender “Breite” brauchen wir heute politische Klarheit und ein Programm nicht nur zur Verteidigung demokratischer Rechte, sondern für eine freie und wirklich demokratische Gesellschaft auch ohne soziale Unterdrückung.

 

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