SchülerInnen, StudentInnen und die ArbeiterInnenbewegung

marxismus aktuell
Jan Rybak

In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung der sozialen Bewegungen in vielen Ländern, im Besonderen in den Industrienationen, verändert. SchülerInnen und StudentInnen spielen eine immer bedeutendere Rolle. So wurde zum Beispiel ein großer Teil der Bewegung gegen den Irakkrieg von SchülerInnen getragen. Es gibt immer mehr Jugendliche, die sich nicht mehr länger mit ihrer schlechten sozialen Lage, mit Rassismus und Krieg abfinden wollen und sich entschließen Widerstand zu leisten. Bereits in der Vergangenheit spielte die Jugend immer eine bedeutende Rolle im Klassenkampf. So wurden die Revolutionen von 1848 in Deutschland und Österreich, von 1905 in Russland, von 1968 in Frankreich, etc. durch Jugendrevolten angestoßen. Und auch Lenin meinte “Wer die Jugend hat, hat die Zukunft”.

Machtverhältnisse

StudentInnen und SchülerInnen können mit ihrer revolutionären Energie Kämpfe und Bewegungen initiieren. Um soziale und politische Ziele zu erreichen, ist aber das Eingreifen der ArbeiterInnenklasse von Nöten, z.B. durch (Solidaritäts-)streiks. Leo Trotzki schreibt zu dem Verhältnis von Studierenden und Proletariat in der sozialistischen Revolution, dass die StudentInnen als "leichte Kavallerie den Angriff auf die Bastionen der herrschenden Klasse eröffnen können", es aber "die schweren Bataillone des Proletariats" braucht um den Kampf zum Sieg zu führen. Der Grund dafür liegt nicht nur in der größeren numerischen Bedeutung der ArbeiterInnenklasse, sondern vor allem daran, dass diese im Gegensatz zu SchülerInnen und StudentInnen mit der Waffe des Streiks über ökonomische Macht verfügen. Die Aufgaben der sozialistischen Bewegung haben sich nicht grundsätzlich verändert. Es geht immer noch darum Widerstand gegen Armut, Krieg und Rassismus zu leisten, soziale Errungenschaften zu verteidigen und Verbesserungen zu erkämpfen. Das heißt auch, dass die von MarxistInnen vorgeschlagene Strategie des Bündnisses zwischen den kämpferischen Teilen der ArbeiterInnenklasse und SchülerInnen/StudentInnen eine Grundvoraussetzung für das Erreichen dieser Ziele ist.

Beispiel 1968

Die `68er Bewegung in Frankreich ist ein anschauliches Beispiel für das Zusammenspiel von Studierenden und ArbeiterInnen in revolutionären Bewegungen. Die Kämpfe begannen mit den Demonstrationen der StudentInnen für ihre Rechte. Als diese Proteste von der Polizei brutal unterdrückt wurden, solidarisierten sich weite Teile der französischen ArbeiterInnenklasse. Zum Höhepunkt der Kämpfe standen über 10 Millionen ArbeiterInnen im Streik. Fabriken wurden besetzt, die Versorgung von Städten und Gemeinden teilweise von gewählten ArbeiterInnenkomitees organisiert. Präsident Charles de Gaulle konnte nur mit Hilfe von NATO-Panzern wieder die Macht über die Hauptstadt erringen. Entscheidend dafür, dass die `68er-Bewegung in Frankreich so viel weiter fortgeschritten war als z.B. in Deutschland oder Österreich, war, dass weite Teile der ArbeiterInnenklasse bewusst in den Kampf eingriffen und damit der Bewegung ökonomische Macht verschufen. Hätte es 1968 eine revolutionäre, sozialistische Massenpartei gegeben, die ArbeiterInnen, StudentInnen und SchülerInnen gleichermaßen organisiert, und mit einem sozialistischen Programm ausgestattet hätte, die Geschichte wäre anders verlaufen. Heute ist es notwendiger denn je eine neue Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche aufzubauen. Diese Partei sollte auf der Basis eines klaren revolutionär-sozialistischen Kampfes alle Menschen organisieren, die nicht mehr bereit sind, den Kapitalismus zu akzeptieren und Widerstand leisten wollen. SchülerInnen und StudentInnen können in solchen neuen Formationen eine bedeutende Rolle spielen. Die wichtigste Aufgabe und die schwerste Last wird aber weiter den "schweren Bataillonen", also der ArbeiterInnenklasse zufallen.

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